one ebola bericht

Berlin. - Anlässlich der Ebola Recovery Conference, die die Vereinten Nationen am Donnerstag und Freitag in New York veranstalten, hat die Lobby-Organisation ONE den Kurzbericht "When losing track means losing lives" veröffentlicht. ONE ruft dazu auf, bessere, transparentere Berichtstandards zu entwickeln. Das katholische Hilfswerk MISEREOR appelliert nach neuen Ebola-Fällen in Liberia an die Weltgemeinschaft, die betroffenen Länder weiter bei der Stärkung ihrer Gesundheitssysteme zu unterstützen und bei der akuten Hilfe nicht nachzulassen.

Als die Ebola-Krise im vergangenen Herbst dramatische Ausmaße annahm und der Druck auf die internationale Gemeinschaft rapide wuchs, beeilten sich Regierungen, Stiftungen und Philanthropen, Mittel für die Bekämpfung von Ebola zuzusagen. ONE und andere Organisationen versuchten aufzuzeichnen, welche und wie viele Mittel von den Regierungen zugesagt und ausgezahlt bzw. eingesetzt wurden. Es zeigte sich, dass es äußerst schwierig bis unmöglich war, dies zu überprüfen, weil die Berichtsprozesse und -standards uneinheitlich, ineffizient und häufig unklar sind. Dies ist Inhalt des neuen Berichts von ONE.

"Eine der grundlegenden Fragen bei einer humanitären Krise ist: 'Wie viel Geld wurde zugesagt, um die Not zu lindern?' Ebola hat uns gezeigt, dass diese Frage unglaublich schwierig zu beantworten ist, und das ist ein Riesenproblem", sagt die Co-Autorin des Berichts und Direktorin Globale Gesundheit von ONE, Erin Hohlfelder. "Wenn wir nicht wissen, was wirklich zugesagt und ausgezahlt wurde, kann auch niemand wissen, was vor Ort noch benötigt wird und passende Hilfe kann nicht bereitgestellt werden. Es ist also schwierig, zu identifizieren, wo welche Hilfe nötig ist. Wir riskieren also immer, Zeit, Ressourcen und Leben zu verlieren."

"Wenn die Weltgemeinschaft einer humanitären Krise wie Ebola trotzen will, müssen Großzügigkeit und Überprüfbarkeit Hand in Hand gehen", unterstreicht Tobias Kahler, Deutschlanddirektor von ONE. "Wir haben mit verschiedenen Partnern über sechs Monate zusammengearbeitet und die internationalen Zusagen zur Ebola-Bekämpfung dokumentiert, damit die Welt sicher sein konnte, dass die Versprechen gehalten werden. Hier ging es darum, Leben zu retten. Der Zugang zu Technologie und Daten ist heute einfach wie nie, wir können sicherlich bessere Ergebnisse liefern. Aber solange die globalen Tracking-Systeme nicht modernisiert und transparenter sind, werden wir auch in künftigen humanitären Krisen immer dieselben Fehler machen."

Kahler sieht Deutschland in der Pflicht, freiwillig mehr Daten an Transparenz-Initiativen zu übermitteln: "Im Aid Transparency Index 2014 belegt das Auswärtige Amt einen der letzten Plätze. Daten-Transparenz kann in der Entwicklungszusammenarbeit Leben retten, das Auswärtige Amt sollte also aktiv werden und ihre Daten nach IATI-Standard übermitteln. Das Entwicklungsministerium ist hier in der Vergangenheit mit gutem Beispiel vorangegangen. Allerdings bestehen weiterhin Transparenzlücken, da das BMZ vor allem die Finanzflüsse seiner Vorhaben vorlegt, nicht aber deren Zielstellung und Ergebnisse. Das BMZ darf sich nicht auf seinem vergleichsweise guten Transparenz-Ranking ausruhen, sondern sollte die Transparenz weiter erhöhen."

Der ONE-Bericht zeigt exemplarisch die Probleme des aktuellen Systems. Die Höhe einer Zusage, welche die Geber meldeten, variierte regelmäßig, je nachdem an welche Stelle sie berichteten und was als Zusage gewertet wurde. So sei die Höhe der deutschen Zusagen und Auszahlungen von vier verschiedenen Tracking-Systemen vier Mal unterschiedlich ausgewiesen worden. Die Höhen variierten um bis zu 100 Millionen US-Dollar. Zudem habe Verwirrung darüber geherrscht, wie Sachmittel und deren Verteilung gezählt werden sollen.

"Ohne Klarheit über die Auszahlungen bleibt es schwierig, die Höhe der nötigen Hilfen abzuschätzen, um angemessen auf einen Notfall reagieren zu können", stellt der Bericht fest. "Dies kann zwei unerwünschte Folgen haben: Einerseits kann es sein, dass wiederholt die Bitte kommt, weitere Zusagen zu machen, obwohl ein Geber Mittel bereits zugesagt hat, dies jedoch nicht berichtet, veröffentlicht oder sie ausgezahlt hat. Oder die Geber nehmen fälschlicherweise an, dass die Finanzierung gesichert ist, was wiederum zu einer Unterfinanzierung führen kann."

Der Bericht von ONE fordert die Entwicklung eines modernen Tracking-Systems, das eindeutige Informationen über Finanzzusagen in Krisen sammeln und ausgeben kann. Außerdem sollten Geber klarere und einheitliche Daten zu Zusagen und Auszahlungen bereitstellen.

Andere Forscher haben die Tracking-Systeme, welche nach dem Tsunami im Indischen Ozean (2004) und dem Erdbeben in Haiti (2010) benutzt wurden, untersucht und ganz ähnliche Probleme gefunden, die bisher nicht angegangen wurden. "Die Geschichte zeigt, dass es einfacher ist, Fehler zu wiederholen als in langfristige Lösungen zu investieren, welche Überprüfbarkeit fördern, wenn eine Krise entsteht", so der Bericht.

MISEREOR: EBOLA WEITERHIN GROSSE BEDROHUNG FÜR WESTAFRIKA

Nach der Rückkehr des Ebola-Virus in Liberia mit einem Toten und zwei infizierten Menschen hat MISEREOR erneut die Weltgemeinschaft und die deutsche Bundesregierung aufgefordert, die betroffenen Länder weiter bei der Stärkung ihrer Gesundheitssysteme zu unterstützen und bei der akuten Hilfe nicht nachzulassen.

"Der erneute Ausbruch der Krankheit in Liberia zeigt, wie fragil die Situation in den als "Ebola frei erklärten" Ländern ist. Der Virus kann jederzeit neu aufflammen, wenn die Unterstützung der Länder nicht langfristig und nachhaltig genug ist", so MISEREOR-Geschäftsführer Martin Bröckelmann-Simon. Bröckelmann-Simon war zuletzt vor vier Monaten nach Liberia gereist und konnte sich einen Eindruck von der Situation machen. Bei dem bislang größten Ebola-Ausbruch der Geschichte waren mehr als 11.000 Menschen gestorben. Mehr als 20.000 Menschen hatten sich infiziert.

Die benachbarten Länder Guinea und Sierra Leone, so MISEREOR, konnten die Krankheit bislang noch überhaupt nicht in den Griff bekommen. Dort erkranken immer wieder Menschen am gefährlichen Virus. In Liberia befinden sich nun erneut über 200 Menschen unter strenger Beobachtung und die Krankenhäuser und Gesundheitsstationen sind in Alarmbereitschaft.

Partnerorganisationen von MISEREOR wie das "Mother Patern College of Health Sciences" haben in den vergangenen Monaten die landesweiten Präventionsmaßnahmen in Liberia stetig fortgeführt. Ärzte, Ärztinnen, Pfleger und Pflegerinnen wurden zusätzlich ausgebildet und mit Schutzkleidung, Desinfektionsmitteln und anderen medizinischen Ausrüstungsgegenständen versehen.

"Wir hatten nie das Gefühl, wir dürften mit unseren Anstrengungen nachlassen. So lange das Virus noch in den Nachbarländern wütet, können wir uns auch hier vor einem erneuten Ausbruch der Krankheit nie sicher sein", so Sister Barbara Brillant, Leiterin des Gesundheitskollegs. Die MISEREOR-Partnerorganisation arbeitet auch darauf hin, die liberianische Regierung verstärkt in die Pflicht zu nehmen, in die Verbesserung der Gesundheitsstrukturen zu investieren.

GESUNDHEITSWESEN IN WESTAFRIKA NACH WIE VOR UNTERVERSORGT

Im Gesundheitswesen sind die westafrikanischen Länder aus der Sicht von MISEREOR nach wie vor unterversorgt, es fehlt an ausreichendem Impfschutz, die Menschen sind in starkem Maße auch von Krankheiten wie HIV-Aids, Malaria und Durchfallerkrankungen betroffen. Zudem gibt es in Ausbildung und Ausstattung des Gesundheitspersonals erhebliche Mängel.

Vor diesem Hintergrund hat MISEREOR für Maßnahmen zur Bekämpfung der Ebola-Epidemie in Westafrika bisher insgesamt mehr als 2,5 Millionen Euro eingesetzt und wird die Arbeit der Partner im Gesundheitsbereich langfristig unterstützen. Dies fordert das Werk für Entwicklungszusammenarbeit auch von den internationalen Geldgebern. "Sollte die Hilfe vorschnell reduziert werden, ist der Kampf gegen das Virus nicht zu gewinnen", sagt Bröckelmann-Simon.

Quellen: www.one.org  | www.misereor.de 


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