oxfamBerlin. - Einen Kurswechsel beim Kampf gegen den Hunger hat Oxfam im Vorfeld der Sitzung des Welternährungsausschusses (13.-16. Oktober)  in Rom gefordert. Hierfür müssten die Regierungen bei entsprechenden Programmen die von Hunger betroffenen Menschen in den Mittelpunkt stellen, statt über ihre Köpfe hinweg zu planen. "Mit den Rezepten von gestern lassen sich die Herausforderungen von heute und morgen nicht meistern", erklärte Oxfams Agrarexpertin Marita Wiggerthale am Montag in Berlin. 

Die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen hatten sich im September verpflichtet, den Hunger bis 2030 zu beenden. Das geht nicht ohne Programme, die Menschenrechte achten, die Ärmsten beteiligen und den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen gewährleisten.

Ein "weiter so wie bisher" würde nach Prognosen der Welternährungsorganisation (FAO) bedeuten, dass im Jahr 2030 immer noch 653 Millionen Menschen nicht satt werden.

SCHLÜSSELROLLE DES UN-WELTERNÄHRUNGSAUSSCHUSSES

Der Welternährungsausschuss (Committee on World Food Security, CFS) spielt eine zentrale Rolle beim Kampf gegen den Hunger. So verabschiedete er wichtige Leitlinien für die Bereiche Land und Krisen, die einen wesentlichen Beitrag zur Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung leisten.

Nun steht der Ausschuss allerdings am Scheideweg: Sechs Jahre nachdem dem Welternährungsausschuss die Koordinierung der Anstrengungen zur Hungerbekämpfung übertragen wurde, gibt es noch immer keine festgeschriebenen Regeln, um zu überprüfen, ob die Regierungen ihre eigenen Beschlüsse umsetzen. "Die Regierungen müssen bereit sein, ihre Programme überprüfen zu lassen. Daran ist auch ihre Glaubwürdigkeit zu messen", erklärte Wiggerthale.

Welche Arbeit der Ausschuss leisten kann, hängt allerdings nicht zuletzt am Geld. Die derzeit äußerst schlechte Finanzausstattung des CFS ist deshalb alarmierend. "Wer kürzlich erst den globalen Nachhaltigkeitszielen zugestimmt hat, muss nun auch sicherstellen, dass der Welternährungsausschuss vernünftig arbeiten kann. Alles andere wäre ein Armutszeugnis", so Wiggerthale.

Am 13. Oktober bringt die FAO den State of Food and Agriculture 2015 Report S raus. 

Hintergrund:

  • Nach Schätzungen der FAO hungern heute weltweit 800 Millionen Menschen. Dabei werden nur diejenigen gezählt, die das ganze Jahr hungern. Die Hungergrenze wird bei 1800 kcal gezogen, einer Energiemenge, die nur eine bewegungsarme Lebensweise zulässt.
  • Von 1990 bis heute sank nach Angaben der FAO die Zahl der Hungernden um 216 Millionen Menschen, davon allein 71 Prozent in China und 26 Prozent in Vietnam, Myanmar und Thailand. Fortschritte sind jedoch auch in Ländern wie Brasilien, Indien, Ghana und Malawi zu verzeichnen.
  • Im subsaharischen Afrika ist die Zahl der Hungernden nach Angaben der FAO seit 2010 um 14,3 Millionen gestiegen. Besorgniserregend ist die Entwicklung insbesondere in Madagaskar, Uganda, Tansania, Sambia, Liberia und Senegal.
  • Die Zahl der afrikanischen Länder mit Nahrungsmittelkrisen hat seit 1990 zugenommen. Laut FAO waren im Jahr 1990 12 Länder in Afrika von Nahrungsmittelkrisen betroffen, zwanzig Jahre später waren es 24 Länder.
  • Die Abhängigkeit von Nahrungsmittelimporten hat in Entwicklungsländern zugenommen. Nach Angaben der OECD sind drei Viertel der Entwicklungsländer Nettonahrungsmittelimporteure.

Quelle: oxfam.de