haiti 330Berlin. - Mehr als 1.000 Menschen sind nach Angaben der Behörden durch den Wirbelsturm "Matthew" in Haiti ums Leben gekommen. Von den verheerenden Auswirkungen des Hurrikans sind allein in Cité Soleil und Tabarre, den Elendsvierteln der Hauptstadt Port-au-Prince, mehr als eine halbe Million Menschen betroffen. Die internationale Hilfe für die Opfer der Katastrophe ist inzwischen angelaufen. Die Helfer befürchten insbesondere die Ausbreitung von Krankheiten wie der Cholera.

Die Diakonie Katastrophenhilfe hat ihre Hilfe für die Opfer des Hurrikans deutlich aufgestockt. Die Organisation stellte rund 300.000 Euro für Soforthilfe zur Verfügung. Mitarbeiter und Partner in Haiti haben am Wochenende vor Ort eingelagerte Hygiene-Pakete, Tabletten zur Trinkwasser-Aufbereitung, Decken und Planen an die Menschen verteilt. Die Schäden nach Hurrikan Matthew sind deutlich schwerer als zunächst angenommen. "Wir sind froh, dass wir erste Hilfspakete schnell verteilen konnten. Die Menschen brauchen in den kommenden Tagen dringend Hygiene-Artikel und sauberes Trinkwasser. Wir befürchten sonst eine Ausbreitung von Krankheiten wie der Cholera", sagte Martin Keßler, Leiter der Diakonie Katastrophenhilfe.

In den vergangenen Tagen konnten in Bainet, Aquin und Les Cayes im Süden des Inselstaates erste Hilfsgüter verteilt werden. Die Verteilungen durch die lokalen Partner der Diakonie Katastrophenhilfe dauern weiter an. Die Hilfsmaßnahmen werden zwischen den verschiedenen Organisationen innerhalb des weltweiten Netzwerks der ACT Alliance (Action by Churches together) koordiniert, sodass auch Nahrungsmittel und sauberes Trinkwasser bereitgestellt werden.

"Mit den aufgestockten Mitteln können wir weitere Hilfsgüter kaufen und verteilen. Im nächsten Schritt gilt es, die Menschen dabei zu unterstützen, ihre Häuser wieder zu reparieren und ihnen Saatgut zur Verfügung zu stellen, um den immensen Ernteausfall zu kompensieren", so Keßler. Es sei weiterhin schwierig, in bestimmte Regionen vorzudringen und den Hilfsbedarf zu erheben. Die Diakonie Katastrophenhilfe wird in den kommenden Tagen gemeinsam mit dem Lutherischen Weltbund in den besonders betroffenen Ort Jérémie, im Südwesten der Insel, reisen, um den Bedarf zu ermitteln und die Hilfe zu planen.

"Wir befürchten, dass sich nun Cholera und andere Krankheiten erneut ausbreiten", erklärte auch Kathrin Jewert, Projektkoordinatorin von Malteser International. "Die Situation ist chaotisch, es gibt keine medizinische Versorgung". Der Sturm hat unter anderem zu schweren Überschwemmungen geführt. "Die Fluten haben die behelfsmäßigen Hütten der ohnehin besonders betroffenen Bewohner des Erdbebens vor sechs Jahren weggewaschen", so Jewert. Abwasserkanäle seien übergelaufen. Müll und menschlicher Unrat, sowie das stehende dreckige Wasser in den Elendshütten stellten ein hohes gesundheitliches Risiko dar. Vor allem Kinder und ältere Bewohner seien besonders gefährdet.

Besonders problematisch ist auch die Situation in Belle Anse, einem der ärmsten Regionen im Südosten des Landes, die bislang durch die schweren Verwüstungen kaum auf dem Landweg zugänglich ist. Gerade hatte die Region eine der schwersten Dürren der letzten Jahrzehnte hinter sich. Umso gravierender nun, "dass wahrscheinlich fast die ganze Ernte zerstört ist", so Jewert.

Malteser International unterstützt die Aufräumarbeiten, die Reinigung der Straßen und Kanäle und stellt die Materialien dafür bereit. Die Organisation plant ferner die Verteilung von Hygiene-Kits in den notleidenden Gebieten, sowie Aufklärungskampagnen.

Die Kindernothilfe errichtet in Haiti Schutzzentren für Kinder in den besonders stark betroffenen Gebieten. Das Hilfswerk hat die Mittel für die Katastrophenhilfe auf 150.000 Euro erhöht und ruft weiterhin zu Spenden auf. "Kinder sind in Katastrophen besonders gefährdet", sagte Jürgen Borchardt, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Kindernothilfe. "Wir wissen aus jahrelanger Erfahrung, wie wichtig in dieser chaotischen Zeit eine sichere Anlaufstelle für die Kleinen ist. Sie brauchen dringend altersgerechte Nahrung, besondere Zuwendung und vor allem Schutz."

Demeter Russafov, Mitarbeiter des Kindernothilfe-Büros in Port-au-Prince, sagte nach einer Erkundungstour durch die am schlimmsten betroffenen Gebiete: "Die Situation in den ländlichen Gebieten ist für Tausende Familien kritisch. Allein in Ans Rouge, im Nordwesten Haitis, sind 720 Häuser unterschiedlich stark zerstört und fünf Schulen beschädigt." Die Stadt Port-A-Piment sei völlig zerstört. Durch die Überschwemmungen seien Ernten zerstört und Trinkwasservorräte vergiftet. "Die Gefahr, dass sich Epidemien wie die Cholera weiter ausbreiten, ist enorm hoch."

Ein Dach über dem Kopf, Nahrung und sauberes Wasser sind aber nicht ausreichend für das Wohl vieler betroffener Mädchen und Jungen. "Die Kinder brauchen möglichst rasch wieder klare Strukturen in ihrem Leben, um die Erlebnisse gut verarbeiten zu können", so Jürgen Borchardt. "In den Kinderschutzzentren unserer lokalen Partnerorganisationen kümmern sich deshalb Sozialarbeiter und bei Bedarf Psychotherapeuten um die Kleinen." Häufig seien die Eltern in dieser schwierigen Situation überfordert, sich zusätzlich mit den Sorgen und Nöten der Kinder auseinanderzusetzen. Außerdem sei es wichtig, dass der reguläre Schulbetrieb bald wieder aufgenommen werde, um möglichst wenig Unterricht zu versäumen.

Die Situation im Südwesten der Insel sei desaströs, berichtete Caritas international. Vor allem Hygieneartikel und Nahrungsmittel würden dringend gebraucht. "Wir werden unsere Partner im Land jetzt dabei unterstützen, diese Hilfsgüter schnell und effektiv zu verteilen“, sagte Oliver Müller, Leiter von Caritas international.

"Das Wasser ist hochgradig kontaminiert, weil Latrinen zerstört und sogar ganze Friedhöfe überschwemmt wurden. Es besteht die Gefahr, dass Seuchen wie die Cholera ausbrechen. Auch hat sich die Zahl der Moskitos, die das Zika-Virus in sich tragen oder das Dengue-Fieber auslösen können, zuletzt massiv erhöht", erklärte Müller. Neben Tabletten und anderen Hygieneartikeln sollen auch Moskitonetze verteilt werden.

"Zudem sind in einigen Regionen Haitis bis zu 80 Prozent der Ernte vernichtet worden. Ohne Hilfe von außen könnte das zu massiven Engpässen auf dem Nahrungsmittelmarkt führen, bis hin zu einer Hungersnot", warnte Müller. Darum umfassten die Hilfen von Caritas international auch die Verteilung von Lebensmitteln und – in einem zweiten Schritt – von Saatgut.

MISEREOR hat seinen Partnern auf Haiti eine Soforthilfe in Höhe von 50.000 Euro zur Verfügung gestellt. Noch in dieser Woche werden zwei MISEREOR-Experten von Aachen aus nach Haiti reisen, um sich vor Ort ein Bild von der Situation zu machen und den Partnerorganisationen beratend zur Seite zu stehen. Das Hilfswerk unterstützt die Bevölkerung Haitis seit vielen Jahren dabei, sich über die stabilere Bauweise von Häusern und ein professionelles Wassermanagement für den Fall von Wirbelstürmen besser zu wappnen. Momentan finanziert MISEREOR in Haiti 58 Projekte mit einer Gesamtsumme von 10,5 Millionen Euro.

Quellen: diakonie-katastrophenhilfe.de  | malteser-international.org  | kindernothilfe.de  | caritas-international.org | misereor.de 

 


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