Erdbeben in PakistanBerlin (epo.de). - Ein Jahr nach den schweren Erdbeben vom 8. Oktober 2005 in Pakistan haben Hilfswerke eine ernüchternde Bilanz der bisherigen Erfolge beim Wiederaufbau gezogen. Nach den Erkenntnissen von CARE kann es fünf weitere Jahre dauern, bis die Schäden an der Infrastruktur behoben sind. Das Bündnis "Enwicklung hilft" kritsierte den schleppenden Verlauf der staatlichen Hilfen. Die Deutsche Welthungerhilfe hat bislang rund 100.000 Menschen unter schwierigen Bedingungen versorgt, die Kindernothilfe 60.000. Mit langfristigen Schulprojekten engagiert sich Plan International für den Wiederaufbau im Erdbebengebiet Pakistans.

Bei dem Erdbeben am 8. Oktober 2005 waren in der Himalajaregion mehr als 80.000 Menschen getötet worden. Mehr als drei Millionen wurden obdachlos. Die Hilfe in den teilweise nur schwer zugänglichen Regionen gestaltet sich schwierig.

"Die Internationale Gemeinschaft, die pakistanische Regierung, die internationalen wie die nationalen Nichtregierungsorganisationen haben zwar die erste Not gelindert und den Wiederaufbauprozess in Gang gebracht. Wir gehen aber davon aus, dass es bis zu fünf weitere Jahre dauern kann, bis die immensen Infrastrukturschäden behoben sind", sagte der Vorsitzende von CARE International Deutschland, Heribert Scharrenbroich, nach einer Pakistanreise am Freitag in Berlin.

Unbefriedigend sei der schleppende Wiederaufbau von Häusern, so Scharrenbroich: "Wenn weniger als 20% der meist einfachen Häuser bisher wieder hergestellt wurden, ist das eindeutig zu wenig. Da die Weltbank bei der Finanzierung dieses Programms der Hauptpartner der staatlichen Wiederaufbauagentur ERRA ist, muss sie stärker ihrer Verantwortung für eine möglichst unbürokratische, aber gleichzeitig korruptionsfreie und zeitnahe Förderung des Wohnungsbaues gerecht werden. Wir bitten die Bundesregierung, dahingehend in der Weltbank Einfluss zu nehmen."

Nach Angaben des UN-Kinderhilfswerks UNICEF haben 1,5 Millionen Menschen in der Erdbebenregion noch keinen ausreichenden Zugang zu sauberem Wasser.

KRITIK AN STAATLICHER HILFE

Ein Jahr nach dem Erdbeben in Pakistan lebe ein Großteil der drei Millionen obdachlos gewordenen Menschen immer noch in provisorischen Unterkünften. Ihnen stehe ein weiterer harter Winter ohne feste Behausung bevor. Von den angekündigten staatlichen Aufbaumaßnahmen sei bisher nicht viel zu sehen, erklärte das Bündnis "Entwicklung hilft", ein Zusammenschluss der Hilfswerke "Brot für die Welt", Deutsche Welthungerhilfe, medico international, MISEREOR und terre des hommes.

Vor einem Jahr hätten nationale und internationale Hilfsorganisationen die unmittelbaren Folgen der Katastrophe mit Hilfe von großzügigen Spenden lindern können, so das Bündnis. Den betroffenen Dorfgemeinschaften sei zum Wiederaufbau auch Material zur Verfügung gestellt worden. Gerade in den schwer zugänglichen Bergregionen hätten die Menschen viel aus eigener Kraft aufgebaut.

"Die pakistanische Regierung hat sie jedoch im Stich gelassen. Die eigens eingerichtete Wiederaufbaubehörde ERRA schaffte es bisher nicht, den Wiederaufbau systematisch voranzubringen", berichtete Martin Bröckelmann-Simon, Geschäftsführer von MISEREOR, der jüngst von einer Reise in die betroffenen Gebiete zurück gekehrt ist. "Die Menschen sind von ihrer Regierung schwer enttäuscht. Ihre einzige Hoffnung stützt sich nun auf weitere Hilfe von nichtstaatlicher Seite. Wir dürfen die Erwartungen jetzt nicht enttäuschen", bekräftigt Bröckelmann-Simon.

SCHWER ZUGÄNGLICHE ERDBEBENGEBIETE

"Wir konzentrieren uns auf schwer zugängliche Gebiete, in denen nur wenige Hilfsorganisationen arbeiten", sagte der Programmleiter der Welthungerhilfe, Marco Obermüller, in Islamabad. Die Projektgebiete befinden sich in der North-West Frontier Province im Nordwesten Pakistans an der Grenze zu Afghanistan und im von Pakistan verwalteten Teil Kaschmirs. "Wir arbeiten hier auch in Dörfern, die unsere Mitarbeiter nur zu Fuß in einem anstrengenden Tagesmarsch erreichen können - da kommt selbst ein Maultier nicht mehr hoch." Weitere Herausforderungen für die tägliche Arbeit seien die vielen zerstörten Straßen sowie die extremen Klima-schwankungen in der Kaschmirregion.

In bislang acht Projekten mit einem Gesamtwert von fünf Millionen Euro konzentriert sich die Welthungerhilfe - nach der ersten Nothilfephase, in der Hilfsgüter verteilt und winterfeste Unterkünfte gebaut wurden - auf die Bereiche Landwirtschaft und Wasserversorgung. Außerdem werden ab November in einem neuen psychologischen Therapiezentrum traumatisierte Kinder und Jugendliche von Psychologen betreut.

Die Kindernothilfe hat nach eigenen Angaben mehr als 60.000 Menschen im Katastrophengebiet erreicht. Die Partner vor Ort betreuten weiterhin traumatisierte Kinder und unterstützten Familien beim Wiederaufbau, teilte die Organisation mit. Insgesamt seien für die Erdbebenopfer 4,4 Millionen Euro an Spenden eingegangen. Da die Projektmitarbeiter in Pakistan mit einem harten Winter rechneten, stünden Mittel für weitere Nothilfe-Maßnahmen bereit.

Mit langfristigen Schulprojekten engagiert sich Plan International für den Wiederaufbau im Erdbebengebiet Pakistans. "Der Weg zurück zur Normalität führt über eine schulische Ausbildung. Unseren Teams ist es gelungen, die Menschen im Erdbebengebiet genau davon zu überzeugen. Und das führt dazu, dass jetzt sogar Kinder am Unterricht teilnehmen, die vor dem Erdbeben niemals eine Chance hatten zur Schule zu gehen", sagte Marianne M. Raven, Geschäftsführerin von Plan Deutschland.

Plan hat nach Absprache mit lokalen Behörden und anderen Nichtregierungsorganisationen die Verantwortung für 58 Schulen übernommen. Das Kinderhilfswerk organisiert den erdbebensicheren Wiederaufbau der Gebäude im besonders betroffenen Siran Tal im nördlichen Distrikt Mansehra. Zudem liefert Plan Lehrmaterial, Sportausrüstung sowie Möbel und kümmert sich um die Lehrerfortbildung.

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