BamianKabul (epo). - "Nur Allah der Allmächtige verdient es angebetet zu werden, niemand und nichts anderes" - und zwar ein für alle Mal. Deshalb müssen alle Statuen lebendiger Wesen in Afghanistan zerstört werden, denn sie seien "Schreine der Ungläubigen geblieben" und würden von diesen weiterhin "angebetet". So bestimmt es eine Fatwa des Taleban-Staates Islamisches Emirat Afghanistan vom 26. Februar diesen Jahres, die in ihrem eigentlichen Wortlaut unbekannt und nur in einer kommentierten, von den Taleban-Medien verbreiteten Version bekannt geworden ist.

Ihr bekanntestes Resultat: die Sprengung zweier wohl aus dem 3. bzw. 5. Jahrhundert stammender monumentaler Buddha-Figuren im Tal von Bamian etwa zwei Wochen nach Bekanntgabe der Fatwa. Sie stellten dem Wiener Professor und Afghanistan-Kenner Max Klimburg den Buddha Dipankara, den Buddha des vorangegangenen Weltenalters, und den historischen Buddha Shakyamuni dar dar und übertrafen mit 55 bzw. 38 Metern Höhe "alle weltweit bekannten menschlichen Darstellungen" (Süddeutsche Zeitung, 7.3.2001). Ein iranischer Reisender im 11. Jahrhundert sprach vom "Surkh But" (Roter Buddha) und vom Khing But (Mondweißer Buddha). Noch Jahrhunderte später galten sie in der Region als einer des Weltwunder - auch wenn der "Economist" am 8. März über die "zwei Steinstatuen" feststellen müssen zu glaubte, dass "lassen sie und ehrlich sein - fast niemand bis vor zehn Tagen jemals davon gehört hatte".

Mit mehreren Tonnen Sprengstoff verwandelten Taleban beide unter "Allah ist groß"-Rufen, am 19. März verbreitet durch Bilder des qatarischen Privatfernseh-Kanals "al-Jazeera", in einen Haufen Geröll und Staub. Die Entscheidung fiel, glaubt man der offiziellen Taleban-Version, nach "Konsultationen zwischen den religiösen Führern" des Emirats, "religiösen Einschätzungen" der Islam-Gelehrten (Ulema und Rohaniyun) und auf der Grundlage von Urteilen des Obersten Gerichts des Landes. Bemerkenswert ist, dass sie - entgegen der sonstigen Praxis - nicht direkt Taleban-Führer Mulla Muhammad Omar zugeschrieben wurde. Erst danach habe der seit 1996 mit dem Titel "Amir-ul-Momenin" (Anführer der Gläubigen) Bezeichnete die Ministerien "für die Förderung der Tugend und zur Bekämpfung des Lasters" (Amr bi-l-Ma'ruf wa Nahi ani-l-Munkar, die so genannte Religionspolizei) sowie für Information und Kultur beauftragt, alle Statuen "zu zerschlagen".

Bamian

Während die Fernsehbilder keinen Zweifel daran lassen, dasss die Buddhas von Bamian sowie der liegende Buddha bei Ghazni tatsächlich den Dynamitstangen und Spitzhacken der afghanischen "Bilderstürmer" zum Opfer gefallen sind, ist alles andere als sicher, dass auch die "übrigen" Statuen - darunter aus den Museen von Kabul, Ghazni, Herat sowie dem schon durch Mujahedin-Übergriffe in den 80er Jahren arg in Mitleidenschaft gezogenen Freiluftmuseum von Hadda bei Jalalabad tatsächlich zerstört worden sind. Allein das Kabuler Nationalmuseum besaß 60 bis 70 hinduistische, buddhistische und hellenistische Statuen. Ausländische Journalisten, für die das Haus für eine Stunde geöffnet wurde, fanden nur Scherben von Tongefässen und kopflose Vogelfiguren. Beobachter bezweifeln, dass die Taleban alle Statuen in so kleine Stücke zerschlagen haben können, dass Reste davon nicht mehr erkennbar sind. Einige Buddha-Statuen in dem Museum sowie die ebenfalls verschwundene, kopflose Figur des Kuschan-Königs Kanischka - eine der absoluten Attraktionen des Museums - bestanden aus so hartem Material, dass Zweifel angebracht sind. Immerhin scheint sich die Inschrift von Surkh Kotal, das älteste Schriftzeugnis zur afghanischen Geschichte, noch in der Vorhalle des nun versperrten und versiegelten Museums zu befinden. Ein Blick durch einen Türspalt vor wenigen Wochen schien dort eine gelbliche Steintafel erkennen zu lassen.

Internationale Proteste ohne Erfolg

Die Ankündigung der Zerstörung verursachte eine weltweite Protestwelle. Sie reichten von UN-Generalsekretär Kofi Annan, der am 27. Februar in einer Presseerklärung "alarmiert" reagierte und während eines Pakistan-Besuchs Anfang März persönlich gegenüber dem gastgebenden Militärherrscher General Pervez Musharraf und Taleban-Außenminister Wakil Ahmad Mutawakkil intervenierte, über Regierungen und Organisationen aus Ländern mit buddhistischen Bevölkerungen wie Thailand, Sri Lanka, Vietnam, Südkorea und Japan bis zu einflussreichen Moslemgeistlichen. Die UNESCO beschwor die Taleban in einer eiligen Stellungnahme, das "kulturelle Erbe Afghanistans" zu bewahren. Dies interpretierten führende Taleban später als Beweis dafür, dass die Buddhas und Statuen "Afghanistan gehören" und sie deshalb damit nach Belieben verfahren könnten. Schließlich blieben auch pakistanische Versuche wie die von Innenminister Moinuddin Haider, die Taleban von der Zerstörung der Kunstwerke abzuhalten, erfolglos. Afghanische Intellektuelle im Ausland meldeten sich verzweifelt und empört zu Wort. Zmar Tarzi, in den 70er Jahren Chefarchäologe Afghanistans, meldete sich aus Paris und sprach von einem "inakzeptablen Beschluss". Das Zitat eines anderen prominenten Exilafghanen, der die Sprengung der Buddhas als "Barbarei" bezeichnete, führte sogar zur Ausweisung der Kabuler BBC-Korrespondentin Kate Clark, der einzigen ständig in der afghanischen Hauptstadt ansässigen Journalistin, durch die Taleban. Der frühere afghanische König Muhammad Zaher Shah verurteilte aus Rom in einer seiner seltenen Presseerklärungen die Fatwa als "gegen die nationalen und historischen Interessen des afghanischen Volkes" gerichtet.

Ohne nach außen wahrnehmbare Stimme blieben die Afghanen im Lande. Während die Taleban herablassend behaupteten, ihre Entscheidung würde lediglich "von einigen Intellektuellen oder Künstlern" abgelehnt, ergaben Gespräche in Afghanistan ein völlig anderes Bild. Der Verfasser und alle seine Gesprächspartner haben nicht einen Afghanen getroffen, der die Zerstörung befürwortete oder den sie gleichgültig ließ. Allerdings ist unter ihnen eine weitere Zunahme der Mutlosigkeit zu verzeichnen: Die Zerstörung wichtiger historischer Monumente hat für viele die Hoffnung zunichte gemacht, die Taleban könnten doch zu politischer Mäßigung bereit seien.

Als erste Ausländer befanden sich am Tage des Erlasses der Fatwa - noch ohne dass sie dessen gewahr waren - die Botschafter Italiens und Griechenlands sowie der französische Geschäftsträger für Afghanistan als Gesandte der "Gesellschaft für die Bewahrung des afghanischen Kulturerbes" (SPACH) in Kabul. Sie wollten Gerüchten nachgehen, dass im Nationalmuseum von Kabul bereits vor der Fatwa die dortigen Statuen zerstört worden seien. Taleban-Außenminister Mutawakkil versicherte ihnen, dies entbehre jeder Grundlage. Bei ihrer Landung in Islamabad erfuhren sie von der Fatwa. Ein Delegationsmitglied bezeichnete den Erlass als "unglaublich und empörend". Ähnlich düpiert wurde der UN-Sondergesandte für Afghanistan, Francesc Vendrell. Als er wenige Tage später, am 2. März, versuchte, Mutawakkil zu überreden, bei Mulla Omar zu intervenieren und wenigstens einen Aufschub bei der Vollstreckung der Fatwa zu erwirken, hielt Informations- und Kulturminister Qudratuddin Jamal ein paar Häuser weiter eine Pressekonferenz ab, auf der er mitteilte, die Zerstörung habe bereits begonnen. Vendrell hatte auch den Vorschlag des New Yorker Metropolitan Museum of Art in einem persönlichen Brief Kofi Annans an Pakistans Militärherrscher General Pervez Musharraf überbracht, auf eigene Kosten alle Statuen abzutransportieren, zeitweilig zu übernehmen und auszustellen. Die Buddhas in Bamian sollten durch Mauern oder Folien verdeckt, aber erhalten werden.

Bamian

Schließlich lief auch die Delegation hochrangiger Moslem-Geistlicher, die auf Initiative des Emirs von Qatar und derzeitigen OIC-Vorsitzenden nach Kandahar entsandt wurde und zu der der Obermufti Ägyptens und Scheich der al-Azhar-Universität Dr Nasr Farid Wasil gehört, ins Leere. Wasil äusserte sich später in der in London erscheinenden, einflussreichen arabischen Zeitung "al-Sharq al-Awsat" (20.3.) dezidiert kritisch gegenüber dem mangelhaften Islam-Verständnis der Taleban. Er erklärte dort: "Die Zerstörung von Statuen, die anstelle Gottes angebetet werden und den monotheistischen Glauben der Muslime beeinträchtigen könnte, wird von der Scharia vorgeschrieben. Das war jedoch nicht der Fall bei den Buddha-Statuen in Afghanistan, und deshalb ist die Fatwa, sie zu zerstören, ungültig. Die Taleban-Ulema nahmen die Texte des Koran und der Sunna und wollten die anwenden, ohne wirklich deren Substanz und die Bedingungen, unter denen sie gelten, zu verstehen. Wegen dieser Umstände und ihrer unvollständigen Kenntnis der Rechtsprechung waren sie jedoch nicht in der Lage, ein Urteil zu formulieren, dass durch theologische Argumente gedeckt sei. Dieses Thema ist ein kulturelles Thema. Wir haben bemerkt, dass ihr Wissen über Religion und Rechtsprechung mangelhaft ist, denn sie haben keine Kenntnis der arabischen Sprache, Linguistik und Literatur und haben daher nicht den wahren Islam aufgenommen, zusätzlich zu der Tatsache, dass die Blockade, die über ihr Land verhängt wurde, sie in Isolation von der Welt und besonders von der islamischen Welt leben lässt."

Doch alle die Proteste verebbten angesichts der Halsstarrigkeit der Taleban wirkungslos. Nach tagelangem Hin und Her, in dem ein Dementi die Bestätigung der Zerstörung jagte, meldeten die Taleban aus Bamian: Die Buddhas existieren nicht mehr. SPACH schloss aus Protest sein Büro in Kabul und stellte seine Projekte im Land ein. Pläne, die Bamian-Buddhas, ob in Originalgröße oder verkleinert, in Sri Lanka oder China nachzubauen, zeigen nur die Ohnmacht des Auslands und können den Verlust nicht wettmachen.

Warum die Zerstörung 20 Tage dauerte, ist nicht klar. Einerseits hiess es, die Taleban hätten erst vergeblich mit Panzern und Granaten versucht, die Statuen zu zerschießen. Erst dann habe man tonnenweise wirkungsvolleren Sprengstoff herangekarrt. Andererseits hieß es, örtliche Taleban-Einheiten hätten sich eine Woche lang geweigert, den Zerstörungsbefehl auszuführen. Die Taleban-Hardliner hätten erst Pakistani und Kaschmiri heranführen müssen. Glaubt man allen Gerüchten, die in Afghanistan kursierten, bleibt kaum ein Taleb übrig, der den Erlass unterstützt hat - die Liste reicht vom berüchtigten Geheimdienstchef Qari Ahmadullah bis zum Taleban-Führer Mulla Omar persönlich. Er habe sich nur dem Druck der Islam-Gelehrten gebeugt. Verifizieren lässt sich das kaum, da sich alle offiziell auftretenden Taleban einschließlich der so genannten Gemäßigt(er)en auf die "Parteilinie" einschwören liessen und gebetsmühlenhaft alle Argumente darlegten, die für die Zerstörung zusammen getragen wurden.

Die Vorgeschichte

Der Angriff der Taleban auf die Buddhas von Bamian war nicht der erste im Namen des Islam. "Doch niemals zuvor hat es einen Versuch gegeben, systematisch die vorislamischen Elemente von Afghanistans Erbe zu zerstören", schreibt Edward Girardet im "Christian Science Monitor" (14.3.2001). So waren unter Mahmud von Ghazni (um 1000), der selbst unter Afghanen als islamischer Eiferer gilt, die Gesichter der Buddhas- präziser: Stirn, Augen und Nase, die Lippen waren noch erhalten - als "unislamisch" abgeschliffen worden, aber ansonsten wurden die Kolosse erhalten und sogar repariert. Edelsteine, die nach einem Bericht des chinesischen Pilgers Hiuan Tsang um das Jahr 632 ursprünglich die Augen Buddhas schmückten, und Goldornamente waren allerdings schon vorher geplündert worden. Vermutlich unter Moghul-Kaiser Aurangzeb im 18. Jahrhundert beschossen Soldaten die Füsse der Buddhas mit Kanonen, offenbar um sie zum Einsturz zu bringen - allerdings vergebens.

In moderner Zeit beschädigten sowjetische Soldaten und Mujahedin-Kämpfer die Höhlen des Klosters neben den Buddhas mit Graffiti. Auch Zielübungen mit leichten Waffen wurden wohl abgehalten, erneut ohne schwereren Schaden. Schaden nahmen die dortigen Fresken auch durch die Herdfeuer von Flüchtlingsfamilien, die dort Unterschlupf suchten. Schließlich sorgte ein undichter Bewässerungskanal auf dem Felsen oberhalb des größeren Buddhas für Schäden an den Fresken, die die Nische des Buddhas zierten. Mit Schweizer Unterstützung konnte das 1998 teilweise behoben werden.

Es blieb den Taleban, die kurz danach Bamian eroberten, vorbehalten, die Zerstörung zu vollenden. 1997, noch bevor sie in Bamian einrückten, kündigte einer ihrer Kommandanten die Sprengung der Buddhas an, sobald man der Gegend habhaft geworden sie. Als es ein Jahr später im September so weit war, beschossen sie mit einem Panzer, nach anderen Berichten mit Granatwerfern, den kleineren der beiden Buddhas. Er gilt in der Bevölkerung fälschlicher Weise als "weiblich", "man nahm deshalb auch besonders das weibliche 'Geschlecht' aufs Korn" (Klimberg) und sorgte für ein größeres Loch im Unterleib der Statue. Schon das sorgte damals für einen internationalen Aufschrei. Mulla Omar erliess ein Edikt, die Buddhas zu erhalten, unter Bewachung zu stellen und den Schmuggel archäologische Funde zu unterbinden. Das Loch wurde zuzementiert, die Tat einem "Einzelgänger" zugeschrieben. Doch die Zerstörung ging in kleinen Schritten weiter. Besonders der weibliche Buddha, der unbewacht blieb, wurde aufs Korn genommen. Weitere Teile des schon gesichtslosen Kopfes wurden abgesprengt und dabei auch wertvolle Fresken in der Nische vernichtet - etwa die Darstellung eines von vier geflügelten Pferden in einem goldenen Triumfwagen gezogenen vermutlichen Sonnengottes. Die zahllosen buddhistischen Wandgemälde in den Klosterhöhlen neben den Statuen waren bereits vorher die Gesichter zerkratzt worden. Trotz der Bewachung ließen Taleban benzingetränkte Reifen auf den Kopf des größeren Buddhas herunter und zündeten sie an, was der Statue scheinbar weit übers Land blickende traurig schwarze Augenhöhlen bescherte. Etwa Mitte vorigen Jahres trat ein Fotoverbot für die Buddhas in Kraft. Foto- und Filmaufnahmen durften seither, nach offizieller Verlautbarung durch die Taleban, nur noch mit Zustimmung der Filmbehörde (so etwas existiert offenbar noch) im Informations- und Kulturministerium gemacht werden - was eine Genehmigung praktisch in den Bereich der Utopie rückte.

Der Prozess, der zum Erlass der Statuen-Fatwa führte, begann wahrscheinlich im vergangenen Sommer. Damals organisierte das Ministerium für Information und Kultur in Kabul ein Seminar mit seinen Provinzvertretern, alles Mullas, um sie unter anderem zum Erhalt archäologischer Funde zu motivieren. Im Rahmen des Seminars besuchten sie auch das Kabul-Museum, das kurz vor der Wiedereröffnung stand. Doch das Gegenteil trat ein: Entsetzt über die "unislamische" Darstellung einer menschlichen Körpers, dazu noch mit unbekleidetem Oberkörper, begannen sie, eine Buddha-Figur buchstäblich zu ohrfeigen. Nur mutig hinzu springende afghanische Museumsmitarbeiter konnten sie vor der Zerstörung retten. Vorerst. Diese Mullas wandten sich wahrscheinlich mit dem Anliegen an die Kandaharer Ulema, über die Islam-Konformität der Ausstellung solch "heidnischer" Werke zu befinden.

Bildersturm oder Antiquitäten-Schmuggel?

Zwar besteht seit den auch in Europa gesendeten Fernsehbildern kein Zweifel mehr daran, dass die beiden Bamianer Buddhas zerstört worden. Aber ansonsten, so ist auf den Basaren immer wieder zu hö ren, sei die Fatwa von Taleban-Anführer Mulla Muhammad Omar nur ein gewaltiges propagandistischer Rauchvorhang, der ein weiteres Verbrechen der Taleban - sei es mit oder ohne Genehmigung Omars - verschleiern soll: den Verkauf jener kostbaren archäologischen Funde, die den blutigen afghanischen Machtkampf in der ersten Hälfte der 90er Jahre überlebt haben. Dazu gehören die etwa 50 bis 60 hinduistischen und buddhistischen Statuen, die vier Jahre Beschuss und Plünderung der Kabuler Nationalmuseums überstanden hatten, wie ein mehrfarbig bemalter Boddhisattva - eine Reinkarnation Buddhas - aus Lehm. SPACH, die bis zur Zerstörung der Buddhas bei der Katalogisierung der Restbestände des Museums geholfen hatte, datiert die 1933 von französischen Archäologen auf einem Hügel mitten in Kabul gefundene Figur in das 4. Jahrhundert und bezeichnet sie als "unbezahlbar". Der illegale Handel mit dem afghanischen Kulturerbe begann jedoch schon früher. Westliche Augenzeugen der Jahre 1991/92 berichten, dass bereits damals hohe Vertreter des pro-sowjetischen Regimes unter Präsident Najibullah wertvolle Einzelstücke aus dem Kabuler Museum verkauft hätten. Ob auf private Rechnung oder zugunsten der Staatskasse und des Überleben ihres Regimes, ist unklar.

Eine Blüte erreichte das illegale Geschäft mit den Kunstschätzen aber erst in den darauf folgenden Jahren. Im Wirrwarr der Machtkämpfe zwischen den verschiedenen Mujahedin-Parteien wurde das Kabuler Museums in Schutt und Asche gelegt, seine wichtigsten Ausstellungsstücke wurden verpackt und und unter dem Vorwand, "in Sicherheit" gebracht zu werden, geplündert. So verschwanden die kostbaren erotischen Elfenbeinschnitzereien aus Bagram, der Schlangenkönig aus Fondukistan und die fast 3000 Jahre umfassende Münzsammlung. Aus alten Büchern wurden die mit Blattgold belegte Miniaturen heraus getrennt.

Bamian

Diese Objekte sowie unzählige Beutestücke aus Raubgrabungen im ganzen Land werden über Pakistan verkauft. Nach einem Bericht der Tageszeitung "The News" (30.3.2001) haben die großen Antik-Dealer ihre Agenten in den wichtigsten afghanischen Provinzen deponiert. Die werden gut bezahlt: mit einem Zehntel des Verkaufspreises. Etwa 20 Händlerringe in Peshawar, Taxila, Islamabad, Lahore, Karatschi und Quetta seien in der Islamischen Republik an dem lukrativen Geschäft beteiligt. In Peshawar sei der Shinwari Market ein Zentrum des illegalen Antiquitätenhandels. Diese Syndikate "haben direkte Kontakte zu Ausländern, die sich normaler Weise nicht über die Statuen erkundigen", schreibt "The News". Immerhin ist es SPACH mit Hilfe befreundeter Kunsthändler trotzdem gelungen, einige Stücke auf dem Markt aufzukaufen und für bessere Zeiten zu deponieren. Eine ausführliche Reportage in der neuesten Ausgabe des pakistanischen Monatsmagazins "The Herald" nennt auch Namen von hohen Taleban, die in den Handel verwickelt sein sollen. Genannt werden unter anderen der Kabuler Gouverneur Maulawi Abdul Mannan Niazi, Vizeinnenminister Mulla Khaksar und der Geheimdienstmann Mulla Muhammad Yusuf Mahalli. Der "Herald" will etwa erfahren haben, dass bereits 1999 einen sieben Fuß hohe Buddha-Statue aus dem Kabuler Museum ins pakistanische Peshawar geschmuggelt worden sei. Eine erst vor kurzem unter Taleban-Kontrolle in Bamian ausgegrabenen zwei Meter große, mit Goldschmuck versehene Frauenstatue könnte schon den selben Weg gegangen sein.

Das Schmuggelgut trifft im Fernen Osten, am Golf und auch im Westen auf ausreichend skrupellose und betuchte Sammler, die es in ihren Safes untertauchen lassen. Oder sogar ausstellen. Der ehemals an der deutschen Amani-Schule in Kabul lehrende Kulturwissenschaftler Rudolf Mathar beschrieb im "Tagesspiegel" (20.3.2001) das durch einen Privatmann erbaute "spektakuläre" Miho-Museum in Kyoto: "Dort trifft der Besucher in der Islamischen Abteilung auf einen Saal erlesener Exponate aus Afghanistan, Kunstwerke in Stein, Keramik, Metall, die entzücken - und erschrecken. Denn man möchte nicht wissen, auf welchen Wegen diese Stücke nach Japan gelangt sind." Ob das im Falle des Anfang des Jahres nach fünf Jahren Schließung wieder eröffneten Pariser Musee Guimet, mit der umfangreichsten Afghanistan-Sammlung in Europa, anders ist?

Die Rolle der UNESCO

Die UNESCO hat sich unter ihrem neuen japanischen Chef Koichiro Matsuura im Falle Afghanistans zu einer Abkehr von ihrer sonstigen Politik entschlossen, Kunstschätze in ihren Ursprungsländern zu lassen. "Lasst uns wenigstens dafür kämpfen zu retten, was übrig ist", liess sich UNESCO-Spezialist Osmund Bopearachchi zitieren. Jetzt soll in Zusammenarbeit mit anderen Institutionen dazu ermutigt werden, im Ausland auftauchende afghanische Kunstschätze aufzukaufen und - vorübergehend - in so genannten "save havens" zu deponieren. Die UNESCO-Informationsdirektorin Helene-Marie Gosselin rief am 4. April in Islamabad zu Spenden dafür auf. Als Kooperanten werden neben SPACH die japanische Hirayama-Stiftung und Paul Bucherer-Dietschis Biblioteca Afganica in Liestal bei Zürich mit ihrem Museums-Ableger in Bubendorf genannt. Allerdings sind solche Lösungen, besonders bei vielen Afghanen, umstritten: Sie befürchten, die Kulturgüter niemals wieder zu sehen.

Auch die Rolle der UNESCO in der Buddha-Sache nicht unumstritten. 1983 hatte die damalige pro-sowjetische Regierung Afghanistans den Antrag gestellt, die Buddhas von Bamian in die Liste des Weltkulturerbes aufzunehmen. Dies ist aber nie erfolgt. Die UNESCO beruft sich darauf, dass Kabul auf Nachfragen nicht reagiert habe und die Sache deshalb im Sande verlaufen sei. Einige Beobachter vermuten jedoch politische Motive hinter der schleppenden Bearbeitung. Die Organisation "Kulturerbe ohne Grenzen" beschuldigt die UNESCO, oft dem Druck mächtiger Staaten nachzugeben. Das sei im Falle Chinas und Tibets so gewesen. Auch Saudi-Arabien, das die Taleban in deren früheren Jahren offen förderte, sei nie kritisiert worden, sagte ihr Generalsekretär und frühere UNESCO-Mitarbeiter Said Zulficar der "Le Monde" (FZ-Internet-Ausgabe 13.3.2001).

Wo ist das "Gold von Tela-Tepe"?

Ein besonderes Kapitel ist das Schicksal des Goldes von Tela Tepe, des "Goldenen Hügels". Dort, am Südufer des afghanisch-sowjetischen Grenzflusses Amu-Darja, hatte der sowjetische Professor Viktor Sarianidi im Herbst 1978 den Grabschatz einer Kuschan-Prinzessin entdeckt, bestehend aus 20.000 Einzelstücken im Gesamtgewicht von mehreren Tonnen. Eine archälogische Sensation. Als nach der Machtübernahme eines Linksregimes in Kabul noch im gleichen Jahr bewaffneter Widerstand ausbrach, konnte die Fundstelle mit mehreren noch ungeöffneten Gräbern gerade noch notdürftig gesichert, ein Großteil des schon ausgegrabenen Fundes nach Kabul geschafft und von ihnen Negativabdrücke hergestellt werden. Die Originale wurden in sieben Metalltruhen im Präsidentenpalast sicher gestellt.

Das Gold von Tela Tepe ist nie öffentlich ausgestellt worden. Immerhin erschien mit sowjetischer Hilfe ein prachtvoller Bildband, den die damalige afghanische Regierung gern offiziellen Staatsgästen als Geschenk überreichte. Ende der 80er Jahre sollte der Hort dann doch in Moskau - und danach zur 750-Jahr-Feier Berlins in dessen Ostteil - gezeigt werden. Doch Präsident Najibullah versagte im letzten Moment seine Zustimmung. Er befürchtete wohl, dass in der Sowjetunion heimlich Kopien der Tela-Tepe-Stücke angefertigt und dann den Afghanen untergeschoben werden könnten. Um Gerüchten entgegen zu treten, seine Regierung habe den Goldschatz oder Teile davon heimlich ins Ausland verkauft, organisierte die Najib-Regierung schließlich doch eine Privatvorführung für die letzten in Kabul verbliebenen Diplomaten, darunter auch aus westlichen Staaten.

Doch seither sind die Kostbarkeiten verschwunden. Als die Mujahedin 1992 in Kabul einrückten, kamen neue Verkaufsgerüchte auf. Doch anders als Najibullah gewährten sie niemals einen Blick in die Truhen mit dem Goldschatz. Vier Jahre später, nun hatten die Taleban Kabul erobert, unternahm SPACH einen neuen Anlauf in diese Richtung. Mitarbeiterin Karla Grissman, eine langjährige Afghanistan-Kennerin aus den USA, argumentierte gegenüber hohen Taleban damit, sie könnten mit einer schnellen Reaktion der Welt beweisen, dass - falls der Schatz geplündert worden sei - nicht sie dafür verantwortlich seien. Die Taleban lehnten ab. Damit sind Spekulationen Tür und Tor geöffnet. Haben die Taleban zum Schatz von Tela-Tepe ein ähnliches "taktisches" Verhältnis entwickelt wie zu den Buddhas, von denen sie später behaupten, sie hätten sie vier Jahre lang nur um der Außenwelt Willen erhalten und, als diese mit den UN-Sanktionen bewiesen habe, dass sie nicht an "normalen Beziehungen" zu ihnen interessiert sei, sei auch der Grund dafür entfallen? Haben sie das "heidnische" Gold, darunter "anti-islamische" Darstellungen von Göttern und lebenden Wesen, eingeschmolzen oder verkauft?

Dafür wie für die umlaufenden Gerüchte über den Verkauf der Statuen aus dem Kabul-Museum haben bisher allerdings noch keine Fakten gefunden. Trotzdem tauchen auf pakistanischen (und afghanischen) Basaren jetzt massiv "echte" Statuen aus Kabul und selbst angebliche Bruchstücke der beiden Buddhas aus Bamian auf. Aber dabei dürfte es sich um Werke der schon in normalen Zeiten reichhaltig produzierenden Fälschungsindustrie handeln. Zehn LKW-Ladungen angeblichen Buddha-Schutts sollen Anfang April in Peshawar unterhalb des Khyber-Passes eingetroffen sein, berichtete "The News" am 2. April.

Auch das Andenken soll getilgt werden

In der heruntergekommenen "Brasserie Bamiyan" im Kabuler Hotel "Inter-Continental", bis Anfang der 80er Jahre zur gleichnamigen internationalen Kette gehörend, verhüllt ein riesiges Tuch mit einem Farbbild des deutschen Schlosses Neuschwanstein eine der Wände. Diese merkwürdige Anordnung verbirgt die Reste eines Relief, das einst die beiden berühmten Buddhas von Bamian zeigte - eines von Afghanistans wichtigsten Kulturdenkmälern und nicht zuletzt bis in die 70er Jahre hinein ein Anziehungspunkt für Touristen. Nach den Originalen zerschlugen Taleban auch dieses Relief. Das ist nicht der einzige Fall, da die afghanischen Ultraislamisten versuchen, jede sichtbare Erinnerung an die Buddhas von Bamian auszulöschen. Etwa im Außenministerium in Kabul, wo in einem Empfangszimmer für offizielle Besucher und NGO-Vertreter zwar immer noch in einem goldenen Kitschrahmen ein Gemälde mit der berühmten Felswand von Bamian und einem der Buddhas hängt. Doch dessen Gestalt wurde mittlerweile säuberlich ockerfarben übermalt. Auch die Bilder der Buddhas, die die Tickets der einheimischen Fluggesellschaft "Ariana" zieren, müssen Schalterbeamte neuerdings in Handarbeit mit Kugelschreibern tilgen. Schliesslich dürfen auch die privaten Fotoläden, die sich in Kabul gehalten haben, keine Fotos davon mehr verkaufen.

Welche Motive trieben die Taleban?

Über die Motive der Zerstörung kann nur spekuliert werden. Die Taleban selbst beriefen sich zunächst auf das strikte Bilderverbot im Islam, dass die Darstellung jeglicher "Geschöpfe" Gottes und natürlich Gottes selbst verbietet. Allerdings gibt es in der islamischen - selbst in der talebanischen - Alltagspraxis Ausnahmen davon: etwa die Duldung von Passbildern, die man selbst heute noch bei ambulanten Händlern und in Fotogeschäften, die farbenfrohe Reklame für Weltmarken machen, auf afghanischen Basaren anfertigen lassen kann. Auch Taleban und Bürger ihres Staatswesens brauchen Reisepässe, Identitätskarten für den Erhalt auswärtiger humanitärer Hilfe oder andere Personaldokumente. Die sonstige Kompromisslosigkeit der Taleban - nicht nur in Sachen Bildervebot - deutet auf Einflüsse der zur Mitte des 18. Jahrhunderts auf dem Gebiet des heutigen Saudi-Arabien entstandenen, strikten wahhabitischen Schule im Islam. Wahhabitische Einflüsse nahmen ihre (späteren) Führer in den Madrassas der Flüchtlingslager in Pakistan auf, die während eder sowjetischen Besetzung Afghanistans unter anderem mit saudischen Geldern finanziert wurden. Saudisch-wahhabitischer Einfluss auf die Taleban lässt sich auch anhand anderer Beispiele ablesen: Ihre Religionspolizei etwa trägt den gleichen Namen wie ihr saudisches Vorbild; wie in Saudi-Arabien dürfen ausländische Hilfsorganisationen keine christlichen Symbole wie das Kreuz mehr auf Briefköpfen und Büroschildern verwenden.

Die Taleban begründeten gegenüber der bereits erwähnten OIC-Delegation die Zerstörung auch damit, dass angeblich "einige Touristen, die kommen und diese Statuen besuchen, sie tatsächlich anbeten". Schließlich vermutete Fred Halliday in einem Kommentar für den Dari-Dienst der BBC, dass die zerstörerische Aktion den Taleban "die Unterstützung radikaler muslimischer Kräfte in Pakistan" gewinnen sollte. Er zieht eine Parallele zu der "Propaganda-Aktion" radikaler iranischer Studenten, die 1979 die US-Botschaft in Teheran besetzten. Tatsächlich gelten die Taleban - wie Usama bin Laden - unter vielen Pakistani, aber auch im Nahen Osten, inzwischen als die einzigen "wahren" Moslems, die zudem den USA erfolgreich die Stirn bieten.

Einen ideologischen Hintergrund für den Bildersturm vermutet etwa Olivier Weber in der "Le Monde". Er sieht darin eine "mentale Revolution, irgendwie ähnlich der Kulturrevolution Mao Zedongs" in China, die auf die Schaffung eines "neuen Menschen" in Afghanistan gerichtet sei. Den Vergleich zu Maos China zieht auch der Kulturgeschichtler Souren Melikian in der "International Herald Tribune" (7.3.2001).

Professor Lolita Nehru vom National Museum Institute in Neu-Delhi sieht in dem zerstörerischen Akt hingegen einen Schlag gegen die Geschichte Afghanistans als einem Ort der "Intermixtur von Kulturen, die neuen Ideen und Formen zur Geburt verhalf und wiederum nach außen weitergab" (The Hindu, 16.3.2001). Doch nicht nur viele Afghanen stellen den religiösen bzw. ideologischen Hintergrund des Bildersturms in Abrede und vermuten politische Motive dahinter. Sie fragen sich, warum den Taleban die "Islam-Feindlichkeit" der Buddha- und anderen Statuen erst viereinhalb Jahre nach ihrer Machtergreifung aufgefallen ist. Noch 1999 hatte Mulla Omar offiziell erklären lassen: "Es gibt keine Buddhisten mehr in Afghanistan, die die Buddha-Darstellungen anbeten könnten. Vom Anfang des Islam bis heute wurden diese Darstellungen nicht zerstört. Die Regierung betrachtet sie mit dem größten Respekt, und sie genießen den selben Schutz wie früher."

In offiziellen Gesprächen mit ausländischen Politikern sowie in ihren Verlautbarungen in den Medien gaben die Taleban auch Hinweise auf eine zweite (oder die eigentliche?) Motivationsebene: die Frustration über die ihrer Ansicht nach feindliche Reaktion der internationalen Staatengemeinschaft auf ihre Politik. Bis zum Herbst 2000 strebten die Taleban mit einigem Aufwand nach internationaler Anerkennung. Beflügelt von militärischen Erfolgen, forderten ihre Medien immer wieder die Anerkennung des Emirats als legitime Regierung Afghanistan durch die UNO, die Organisation Islamische Konferenz (OIC) und andere Institutionen. Die von der UNO weiterhin anerkannte Regierung unter Präsident Burhanuddin Rabbani und dem starken Mann, Kommandant Ahmad Schah Massud, wurde mit nach oben "korrigierten" Zahlen - sie kontrollierten höchstens fünf Prozent Afghanistans - als "Fantasie-Regierung" ohne Land oder gar als "airborne government" (etwa: herumjettende Regierung) verspottet. Auch das durch Mulla Omar im Herbst 2000 dekretierte vollständige Verbot des Opium-Anbaus und das Abkommen mit der Afghanistan-Sondermission der UN (UNSMA) über einen zu beginnenden Dialogprozess mit der gegnerischen Vereinigten Islamischen Front zur Rettung Afghanistans unter Rabbani und Massud im November sollten Zeichen an die internationale Öffentlichkeit senden, dass die Taleban durchaus bereit und in der Lage sind, auf deren Forderungen zu reagieren. Kleinere diplomatische Erfolge, wie der offizielle Empfang von Taleban-Vizeaussenminister Maulawi Abdurrahman Zahed im sonst als Massud-freundlich betrachteten französischen Außenministerium im vergangenen September trugen dazu bei und wurden von den erfolgssuchenden Taleban ebenfalls überinterpretiert. Taleban-Zeitungen bewerteten das vorschnell als Pariser "Kurswechsel".

Um so größer dann die Erbitterung, als die Anerkennung nicht nur ausblieb, sondern der UN-Sicherheitsrat im Januar auf Betreiben der USA und Russland auch noch die bereits seit Ende 1999 bestehenden einseitigen Sanktionen gegen die Taleban verschärfte. Sie hatten nicht verstanden, dass ihr Asyl für den Islamisten-Chef Usama bin Laden (gegenüber den USA), die "islamisch-solidarisch" gemeinte symbolische diplomatische Anerkennung Tschetscheniens (gegenüber Russland) sowie ihre erneute militärische Sommeroffensive und neue Massaker an Zivilisten und Gefangenen in den Augen der Welt schwerer wogen. Die Sanktionen "signalisierten das Ende jeglicher Hoffnung, die die Taleban auf eine Normalisierung ihrer Beziehungen mit der Außenwelt hegen konnten", schrieb der "Economist" (8.3.2001).

Die Taleban schwenkten auf einen Hardliner-Kurs, auf dem sie meinen, nun keinerlei Rücksichten mehr nehmen zu müssen. Von hohen Taleban war zu hören: Die internationale Öffentlichkeit habe gezeigt, dass sie nicht an "normalen Beziehungen" mit ihnen interessiert sei. Und da man die Buddhas nur deshalb bisher geschont habe, müsse man das nun nicht mehr tun. "Die Taleban enthüllen nur, wie schwer sie dadurch verletzt wurden" resümiert der "Economist" weiter. Und wie wenig die Welt gegen sie tun kann, möchte man hinzu fügen. Zudem kolportieren vor allem taleban-freundliche pakistanische Kommentatoren wie Nasim Zehra immer wieder, Mulla Omar sei äußerst erbost darüber gewesen, dass zahlreiche Länder auf die "Statuen-Fatwa" sofort mit finanziellen Angeboten zur Rettung der Buddhas reagiert, aber die von Dürre, Hunger und massenhafter Flucht gekennzeichnete humanitäre Situation in Afghanistan "ignoriert" habe.

"Wenn Ihre Kinder vor Ihnen sterben, dann kümmern Sie sich nicht um Kunst", sagte der Taleban-Gesandte Rahmatullah Hashemi Ende März in New York. "Wenn Ihr unsere Zukunft mit Wirtschaftssanktionen zerstört, könnt Ihr Euch nicht um unser Erbe kümmern." Dieses Argument geht insofern fehl, da gerade die Taleban selbst sehr wenig gegen die Folgen dieser Misere tun und die Versorgung der Bevölkerung sowie infrastrukturelle Maßnahmen wie selbstverständlich den UN-Hilfswerken sowie Nichtregierungsorganisationen überlassen. Allerdings gibt auch Nasim Zehra zu, dass die "Taleban-Aktion gegen die Buddhas (...) keine Beziehung zu irgendeiner islamischen Lehre (hat)".

Text und Fotos: Jan Heller, Kabul/Karatschi


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