MangrovenwälderBrasilia/Berlin (epo.de). - Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat bei ihrem Besuch in Brasilia bekräftigt, biologische Kraftstoffe müssten umweltfreundlich und fair gewonnen werden. "Ich glaube, dass wir Bioethanol brauchen, aber die Voraussetzung für die Akzeptanz ist eine nachhaltige Entwicklung", sagte Merkel nach einem Gespräch mit dem brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva. Kirchliche Hilfswerke und entwicklungspolitische Verbände hatten das Energieabkommen zwischen Deutschland und Brasilien heftig kritisiert.

Brasilien ist die erste Station der einwöchigen Lateinamerika-Reise der Kanzlerin. Die jetzt zwischen Brasilien und Deutschland getroffene Vereinbarung ziele darauf ab, die Zusammenarbeit auf verschiedenen Feldern der erneuerbaren Energien zu fördern, erklärte das Bundespresseamt (BPA). Beginnen solle die Kooperation im wissenschaftlich-technischen Bereich.
 
Deutschland sei nicht nur an einer nachhaltigen Erzeugung des aus Pflanzen gewonnenen Kraftstoffs gelegen. "Auch die Produktions- und Arbeitsbedingungen sollen so weit wie möglich europäischen Standards entsprechen", so das BPA. Das Abkommen sehe deshalb eine Arbeitsgruppe vor, die sich mit den Biokraftstoffen unter den drei Aspekten der Nachhaltigkeit beschäftigen soll: Umweltfreundlichkeit, Wirtschaftlichkeit und soziale Verantwortung.
 
Merkel und "Lula" erörterten ferner, wie bei aller wirtschaftlichen Entwicklung die Biodiversität der Welt erhalten werden kann. "Brasilien ist das Land mit der größten Artenvielfalt der Welt", führte die Kanzlerin an. Diese Artenvielfalt gelte es zu schützen.
 
"Wir wollen unseren Reichtum teilen", sagte Lula da Silva. Allerdings müsse die übrige Welt auch verstehen, dass dies etwas koste. Merkel äußerte Verständnis für die brasilianische Position: Um glaubwürdig zu bleiben, müssten die Industrienationen ihre zugesagten Hilfen an die Entwicklungs- und Schwellenländer einhalten, bekräftigte die Bundeskanzlerin.
 
Bei einem Treffen mit Vertretern der brasilianischen Zivilgesellschaft hatte sie das Thema zuvor aus tropenwissenschaftlicher Sicht und aus jener der Landarbeiter dargelegt bekommen. "Letztere leiden unter sehr geringer Bezahlung", notierte das Bundespresseamt. Kirchliche Hilfswerke und entwicklungspolitische Verbände üben heftige Kritik an dem deutsch-brasilianischen Energieabkommen.
 
In wenigen Tagen beginnt in Bonn die Biodiversitätskonferenz der Vereinten Nationen. Auch dort wird Thema sein, wie wirksamer Artenschutz in der globalisierten Welt funktionieren kann und wie man die damit verbundenen Lasten gerecht verteilt.
 
Verlängert wurde in Brasilia auch der seit 1975 laufende Kooperationsvertrag beider Länder für Atomenergie. Auch dies hatte heftige Kritik unter Umwelt- und Entwicklungsorganisationen ausgelöst.

Brasilien ist Deutschlands wichtigster Handelspartner in Lateinamerika. Die deutschen Exporte nach Brasilien beliefen sich 2007 auf 6,8 Milliarden Euro, die Einfuhren Deutschlands aus Brasilien auf 8,3 Milliarden Euro. Deutschland nimmt derzeit Platz 4 im brasilianischen Einfuhr-Ranking ein.

Brasilien exportiert nach Deutschland vor allem Eisenerz, Automobile, Kaffee und Kaffeeprodukte, Soja und Fleisch. Bei den brasilianischen Importen aus Deutschland dominieren Fahrzeugteile, chemische Grundstoffe, Kraftfahrzeuge und Maschinen. In Brasilien beschäftigen 1.200 deutsch-brasilianische Unternehmen an die 250.000 Menschen. Deutschland trage so erheblich zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung des Landes bei, erklärte das BPA. São Paulo ist der größte Standort der deutschen Wirtschaft weltweit.

UMWELTMINISTERIN SILVA TRITT ZURÜCK

"Bundeskanzlerin Merkel steht heute bei ihrem Staatsbesuch in Brasilien vor einem weiteren Scherbenhaufen deutscher Umwelt- und Energiepolitik", erklärte Klaus Schenck vom Verein Rettet den Regenwald. "Ende April hatten Umweltminister Sigmar Gabriel und seine brasilianische Amtskollegin Marina Silva noch die "Nachhaltigkeit" der brasilianischen Agrospritproduktion beteuert und ein bilaterales Energieabkommen mit Schwerpunkt Agrokraftstoffe angekündigt. Der Rücktritt der brasilianischen Umweltministerin Marin Silva am 13. Mai 2008 zeigt, dass diese Beteuerungen nichts mehr sind als schöne Worte."

Der Rücktritt der brasilianischen Umweltministerin lasse alle Alarmglocken schrillen, so Schenck. In ihrem Rücktrittsschreiben habe Silva ihre Entscheidung mit dem "Widerstand" begründet, den ihre Umweltpolitik in wichtigen Sektoren der  Regierung und Zivilgesellschaft erfahren habe. Mit Marina Silva traten weitere hohe Funktionäre des brasilianischen Umweltministeriums und der Direktor der Waldbehörde Ibama zurück. "Brisant ist auch, dass Brasilien und Silva den Vorsitz bei der UN-Biodiversitätskonvention inne hatten, die dieser Tage in der ehemaligen Bundeshauptstadt Bonn tagt und Deutschland den Vorsitz übernommen hat", so Schenck.

Die aus einer Kautschukzapferfamilie im Bundesstaat Acre stammende Ex-Ministerin hatte sich insbesondere für den Schutz des Amazonas-Regenwaldes eingesetzt. Mit Landwirtschaftsminister Stephanes lag Umweltministerin Silva im Streit wegen dessen Förderung des Zuckerrohranbaus zur Ethanolproduktion im Amazonasgebiet. Ausserdem war sie die einzige Ministerin in Lulas Regierung, die sich gegen den Bau neuer Atomkraftwerke wie Angra 3 und gegen den Einsatz gentechnisch veränderter Pflanzen ausgesprochen habe, so "Rettet den Regenwald".

Die drastisch gesteigerte Produktion von Ethanol aus Zuckerrohr habe eine "Explosion der Sklavenarbeit" ausgelöst, klagte die katholische Landpastoralkommission CPT. Kirchliche Vertreter bezeichneten Ethanol aus Zuckerrohr gar als "Todesprit".

www.regenwald.org
www.bundesregierung.de


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