medicoFrankfurt a.M. (epo.de). - Die Frankfurter Hilfs- und Menschenrechtsorganisation medico international zeigt sich anlässlich der Parlamentswahlen in Angola am 5. und 6. September besorgt über die politische und soziale Lage im Land. Die Opposition von kleineren Parteien habe aufgrund der massiven Repression im Land kaum eine Chance sich Gehör zu verschaffen, erklärte medico am Mittwoch in Frankfurt.


Mit Unverständnis wurde daher die Ankündung der Bundesregierung zur Kenntnis genommen, Angola als Schwerpunktland der Entwicklungszusammenarbeit auszuwählen. "Während Simbabwe zu Recht an den Pranger gestellt wird, werden die Menschenrechtsverletzungen in Angola kaum zur Kenntnis genommen", kritisiert Anne Jung, Mitarbeiterin von medico international. "Hier wird offenbar aus wirtschaftlichen Erwägungen mit zweierlei Maß gemessen."

Angola hat Nigeria als ölreichsten Staat Afrikas überholt und kann derzeit ein Wirtschaftswachstum von 30 Prozent vorweisen - das höchste der Welt. Künftige Einnahmen (2005-2009) werden - abhängig vom Erdölpreis - auf 74 Mrd. bis 152 Mrd. US-Dollar geschätzt. Zudem verdiente Angola im Jahr 2006 rund 165 Millionen US$ durch den Verkauf von Diamanten.

Dennoch hat sich die sozioökonomische Lage sechs Jahre nach Kriegsende medico international zufolge weiter verschlechtert. Die durchschnittliche Lebenserwartung liege immer noch bei knapp 42 Jahren, rund 33% der erwachsenen Bevölkerung könnten weder lesen noch schreiben, 68,2% der Angolaner lebten von weniger als 2 US Dollar/Tag. Gesundheits- und Aufbauprogramme kämen primär der reichen Elite zugute, während die Regierung die Armutsbevölkerung aus den Städten vertreibe und damit die Kluft zwischen Arm und Reich weiter vergrößere.

"Die Macht der angolanischen Regierung gründet sich auf ein Patronagesystem, dass durch den immensen Reichtum des Landes finanziert wird", so medico. Die ersten Wahlen seit 16 Jahren werde deshalb aller Voraussicht nach wieder die MPLA (Volksbewegung für die Unabhängigkeit Angolas) mit Präsident José Eduardo dos Santos gewinnen, der als dienstältester afrikanischer Präsident das Land seit 1979 autokratisch regiert.

medico forderte die deutsche Bundesregierung auf, bei Entscheidungen über entwicklungspolitische Kooperationen Kriterien wie Intransparenz, Korruption und Elitenbereicherung den Vorrang vor Wirtschaftsinteressen zu geben. Darüber hinaus verlangt die Organisation, die Regierung solle sich für die Erhöhung der Transparenz politischer und wirtschaftlicher Prozesse einsetzen, um das "negative Zusammenspiel von hohen Rohstoffgewinnen und Verarmung zu durchbrechen".

medico international fördert seit mehr als zehn Jahren ein lokales Projekt für Opfer von Minenunfällen vor Ort und setzt sich im Rahmen der Kampagnenarbeit für eine gerechtere Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums ein.