S.P. Huntinton. Foto: Harvard UniversityBoston/Berlin (epo.de). - Der US-amerikanische Politikwissenschaftler Samuel Phillips Huntington ist im Alter von 81 Jahren gestorben. Er war einer der bedeutendsten und einflussreichsten Vertreter seiner Zunft im 20. Jahrhundert. Weltbekannt wurde Huntington durch sein Werk "The Clash of Civilisations", mit dem er 1996 das Ende der Dominanz der Nationalstaaten verkündete und den Beginn einer Ära nach dem Kalten Krieg voraussah, in der der Hauptantagonismus in der Welt sich nicht im Wettlauf zwischen Nationen, sondern im Wettstreit zwischen Zivilisationen (bzw. Kulturen) und Religionen manifestiert.

Huntington, am 18. April 1927 als Sohn eines Publizisten und einer Schriftstellerin in New York geboren, veröffentlichte als Autor oder Herausgeber 17 Bücher und zahlreiche wissenschaftliche Artikel. Seine wichtigsten Arbeitsfelder waren das Verhältnis zwischen Politik und Militär und die internationalen Beziehungen. 2007, nach 58 Jahren als Dozent und Professor an der Harvard University, trat er krankheitsbedingt aus dem aktiven Berufsleben zurück. Er starb, wie erst jetzt bekannt wurde, am 24. Dezember 2008 auf der Insel Martha's Vineyard.

Die Harvard Universität bezeichnete Samuel P. Huntington in einem Nachruf als "einen der Giganten der Politischen Wissenschaft weltweit". "He had a knack for asking the crucially important but often inconvenient question. He had the talent and skill to formulate analyses that stood the test of time."

Weltbekannt wurde Huntington durch die öffentliche Kontroverse über sein Buch "The Clash of Civilizations (1996)", in deutscher Übersetzung fälschlicherweise als "Kampf der Kulturen" bezeichnet. Das Werk wurde in den Mainstream Medien auf einen unvermeidlichen Kampf zwischen dem "Westen" und dem "Islam" zugespitzt, ist in Wirklichkeit aber ein Plädoyer für ein besseres Verständnis dafür, warum unterschiedliche Werte-Welten in der globalisierten Welt überleben und unvermeidlich aufeinander prallen.

Huntington warnte davor, die westlichen Werte anderen Zivilisationen unbesehen aufzudrängen, einschliesslich der westlichen Sicht, wie "universelle" Menschenrechte zu verwirklichen seien. "What universalism to the west, is imperialism to the rest", schrieb er in "The Clash of Civilizations". Er betrachtete sein Buch auch als intellektuelle Begründung für seine Ablehnung des US-Feldzuges 2003 im Irak. "This book anticipated reasons for challenges and tragedies that unfolded in Iraq during the past five years", urteilte das Weatherhead Center for International Affairs der Harvard Universität, an dem Huntington lehrte.

Huntington, nach den Worten seiner Frau Nancy sein Leben lang Anhänger der Demokratischen Partei, diente dem US-Vizepräsidenten Hubert Humphrey 1968 als außenpolitische Berater während dessen Präsidentschafts-Wahlkampf. Er gründete danach gemeinsam mit seinem Kontrahenten von der republikanischen Seite, Warren Manshel, das einflussreiche Journal "Foreign Policy".

Unter Politikwissenschaftlern sind zwei weitere Werke Huntingtons von bemerkenswertem Einfluss gewesen: In seinem ersten Buch, "The Soldier and the State (1957)", untersuchte er die Frage, wie eine "objektive zivile Kontrolle" über den (später so genannten) militärisch-industriellen Komplex aufrecht erhalten werden kann. In seinem Klassiker der vergleichenden Politikwissenschaft, "Political Order in Changing Societies" (1968), vertrat er die These, bei der politischen Betrachtung der sogenannten Entwicklungsländer sei weniger die Art des Regimes von Bedeutung als der Status von politischer Ordnung und Autorität.

Heftige Kritik erntete Huntington für sein letztes Buch "Who are we?" (2004), in dem er vor einer Hispanisierung der USA warnte und eine kompromisslose "Assimilation" der Migranten einforderte. Er liefere die rationale Begründung für rassistische Ressentiments", warfen Kritiker ihm vor. Huntington freilich war Wissenschaftler, kein politischer "Campaigner": Er plädierte angesichts der von ihm konstatierten kulturellen und religiösen Antagonismen für einen Schulterschluss des "Westens" - bei gleichzeitiger Anerkennung der Tatsache, dass die westlichen Werte anderen Kulturkreisen nicht aufoktroyiert werden können.