g20_pittsburgh_2009_150Pittsburgh/Berlin (epo.de). - Eine strengere Kontrolle des Finanzsektors und die Aufwertung der G20 zum "obersten Forum für internationale wirtschaftliche Zusammenarbeit" sind die wesentlichen Ergebnisse des G20 Gipfels in Pittsburgh. Die 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer einigten sich darauf, dass Schwellenländer beim Internationalen Währungsfonds (IWF) und bei der Weltbank mehr politisches Gewicht erhalten sollen. Bestrebungen, durch eine globale Finanzmarktsteuer die Verursacher der Krise an deren Bewältigung zu beteiligen, scheiterten jedoch ebenso wie der Versuch, beim Klimaschutz zu konkreteren Verpflichtungen zu gelangen.

Die G20 seien angetreten, "die Ära der Verantwortungslosigkeit zu beenden", heißt es im "Leader's Statement" von Pittsburgh. Das Statement bekräftigt die Absicht der G20, die Doha-Runde der Welthandelsoganisation (WTO) im kommenden Jahr zu einem Abschluss zu bringen und ein "starkes, nachhaltiges und ausgewogenes globales Wachstum" zu erzeugen.

Die Stimmrechte beim IWF sollen um fünf Prozentpunkte zugunsten der aufstrebenden Volkswirtschaften verschoben werden. Die Reform soll den zunehmenden Einfluss widerspiegeln, den die Schwellenländer auf die Weltwirtschaft haben. "Es ist ein Kompromiss", sagte Indiens Premierminister Manmohan Singh nach dem Ende des Gipfels. "Wir haben sieben Porozent gefordert und fünf Prozent erhalten."

Der IWF hat derzeit 186 Mitgliedsländer. Ihr Stimmrecht richtet sich nach ihrem Kapitalanteil. Die USA haben mit einem Anteil von 16,77 Prozent faktisch eine Sperrminorität, ebenso wie die EU-Staaten insgesamt. Während Japan über einen Stimmanteil von 6,02 % verfügt (Deutschland: 5,88 %), liegt Chinas Anteil bei derzeit lediglich 3,66 %. Brasilien kommt auf 1,38 % der Stimmanteile und Indien auf 1,89 %. Beide Länder haben damit weniger Stimmrechte als die Niederlande (2,34 %).

Bei der Weltbank sollen die Entwicklungs- und Schwellenländer drei Prozent mehr Stimmrechte erhalten, heißt es im "Leader's Statement" von Pittsburgh. Die Reformschritte könnten bei der IWF/Weltbank-Jahrestagung am 5./6. Okober in Istanbul bestätigt werden, werden aber erst 2010/2011 umgesetzt.

Teil des Reformpakets für die internationalen Finanzinstitutionen soll es auch sein, die Spitzenpositionen künftig in einem "offenen, transparenten und auf Verdiensten basierenden Prozess" zu besetzen. Bislang gilt es als ungeschriebenes Gesetz, dass der Weltbank-Präsident von den USA bestimmt wird und die europäischen Staaten den IWF-Chef stellen.

Die Führer der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer einigten sich auch darauf, Subventionen für fossile Energieträger mittelfristig abzuschaffen. Sie beriefen sich dabei auf Untersuchungen der OECD und der Internationalen Energieagentur (IEA), denen zufolge eine Beendigung der Subventionen für fossile Brennstoffe bis 2050 rund zehn Prozent der Treibhausgas-Emissionen einsparen könnte.

Die G20 rufen alle Nationen dazu auf, diese Subventionen auslaufen zu lassen, sind sich dabei aber offenbar bewusst, dass dies gravierende Auswirkungen auf die ärmste Bevölkerung in den Entwicklungsländern haben wird. Die Erhöhung der Benzinpreise trifft, ebenso wie höhere Nahrungsmittelpreise, die ärmste Bevölkerung am härtesten und hat häufig zu Revolten in Entwicklungsländern geführt. "Gezielte Geldtransfers und andere angemessene Maßnahmen" sollten die Folgen für die Armen abfedern, lautet die vage Formulierung im "Leader's Statement" von Pittsburgh.

WENIG KONKRETES ZUM KLIMAWANDEL

"Es hat eine Reihe von Ländern gegeben, die es ablehnen, im G20-Format über Klimaschutz zu sprechen", erklärte der deutsche Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) nach dem Pittsburgh-Gipfel. Schwellenländer wie Indien und China hatten schon vor dem G20-Treffen signalisiert, dass sie die Klimaverhandlungen im Rahmen des UN-Klimarahmenabkommens (UNFCCC) auch als Möglichkeit sehen, Druck auf die Industriestaaten auszuüben. Die Entwicklungsländer fürchten, der Klimaschutz könne eine neue Form des Öko-Protektionismus hervorrufen, der die aufstrebenden Volkswirtschaften an ihrer weiteren Entwicklung hindert.

Das Statement der G20 bestätigt die Absichtserklärung des Major Economies Forum in L’Aquila, die Erderwärmung nicht über zwei Grad Celsius steigen zu lassen. Man werde die "Anstrengungen intensivieren", im Rahmen des UN-Klimarahmenabkommens (UNFCCC) beim Klimagipfel im Dezember in Kopenhagen zu einem Abkommen zu gelangen, das die Abmilderung, die Anpassung, den Technologietransfers für ärmere Länder und die Finanzierung beinhaltet, lautet die Formulierung im Statement. Die Finanzminister sollten sich bei ihrem nächsten Treffen erneut mit den möglichen Optionen für "climate change financing" befassen.

Ebenso vage fallen die Passagen im G20-Statement aus, die sich mit den Folgen der globalen Wirtschaftskrise in den Ländern des Südens befassen. Die negativen Effekte auf die Länder mit geringem Einkommen werden "mit Besorgnis zur Kenntnis genommen", eine "kollektive Verantwortung" für deren Abmilderung wird anerkannt. Die Entwicklungsbanken sollen entsprechend mit mehr Mitteln ausgestattet werden, um den betroffenen Ländern zu helfen.

Das Statement wiederholt auch die Absichtserklärung früherer Treffen, die Umsetzung der Millenniums-Entwicklungsziele (MDG) sei eine "historische Verpflichtung" und die Versprechen einer Erhöhung der staatlichen Entwicklungshilfe seien weiterhin gültig. Die Industriestaaten sind dabei jedoch bereits jetzt mit nahezu 40 Milliarden Euro im Rückstand.

Hinsichtlich der Verbesserung der globalen Ernährungssicherheit begrüßt das Statement die in L'Aquila gestartete "Global Partnership for Agriculture and Food Security" und ruft die Weltbank dazu auf, einen "multilateralen Trust Fund" weiterzuentwickeln, der Agrarhilfen für die Länder mit niedrigem Einkommen bereitstellen soll.

Um ärmeren Ländern den Zugang zu Finanzmitteln zu erleichtern, unterstützen die G20 die Einrichtung einer "Financial Inclusion Experts Group". Die erfolgreichen Methoden der Mikrofinanzierung sollten so auf die Ebene kleiner und mittlerer Unternehmen skaliert werden. Mehr Unterstützung für das "Stolen Assets Recovery (StAR)" Programm der Weltbank soll dafür sorgen, dass Korruption stärker bekämpft wird und weniger Geld illegal aus Entwicklungsländern abfließt.

Pittsburgh "Leader's Statement" (PDF)

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