rog_logo_neuBerlin (epo.de). - Ein Jahr nach dem Regierungsputsch in Honduras hat Reporter ohne Grenzen (ROG) auf die alarmierende Lage der Medienfreiheit in dem mittelamerikanischen Land hingewiesen. In einer gemeinsamen Erklärung mit der Weltorganisation für Gemeinderadios "Association mondiale des radiodiffuseurs communautaires" (AMARC) und der honduranischen Organisation "Comité por la Libre Expresión" (C-Libre) verurteilte ROG zahlreiche fundamentale Verstöße gegen die Presse- und Informationsfreiheit in den vergangenen zwölf Monaten.

Die drei Organisationen legten eine Liste mit konkreten Forderungen an die honduranische Regierung zur Verbesserung der Situation von Medien vor. "Das Land hat sich zu einem der gefährlichsten Länder für Journalisten entwickelt. Das vergangene Jahr war von Gewalt und Mordattentaten gegen Journalisten, Angriffen auf kritische Medien und Zensurmaßnahmen geprägt", so ROG.

Nach dem Sturz von Präsident Manuel Zelaya durch die Armee am 28. Juni 2009 seien die neuen Machthaber mit zahlreichen Zensurmaßnahmen gegen Medien vorgegangen, die den Putsch kritisch beurteilten, so ROG. Die Maßnahmen gipfelten in der Schließung von Medien, gewalttätigen Angriffen und der militärischen Besetzung von Redaktionen. Die Zensurmaßnahmen richteten sich unter anderem gegen die Fernsehstation "Canal 36 Cholusat" und die Radiosender "Radio Globo", "Radio Progreso" und "Radio Uno".

Ziel von Übergriffen wurden laut ROG auch Gemeinderadios wie "Faluma Bimetu", dessen Räume durch einen Brandanschlag am 6. Januar schwer beschädigt wurden. Am 3. Juni führten Soldaten und Polizisten eine Razzia beim Gemeinderadio "La Voz de Zacate Grande" durch. Das Radio gilt als Sprachrohr einer ländlichen Gemeinde, die in eine Auseinandersetzung mit dem Agrarindustriellen Miguel Facussé verwickelt ist.

Auch ausländische Medien waren nach Angaben von ROG von der Zensur betroffen. Zehn Korrespondenten, darunter ein Mitarbeiter von "CNN Español" und "Telesur", seien Ende Juni 2009 des Landes verwiesen worden.

Seit dem Amtsantritt von Präsident Porfirio Lobo Sosa am 27. Januar 2010 seien acht Journalisten (sechs TV-Reporter und zwei Radiojournalisten) ermordet worden, berichteten die Journalistenverbände. Die Täter seien bislang nicht ermittelt. ROG kritisierte die Haltung der Behörden, die jeglichen möglichen Zusammenhang der Verbrechen zur politischen Gewalt von vornherein ausgeschlossen hätten. Politische Motive dürfen nach Ansicht von ROG bei den Untersuchungen nicht außer acht gelassen werden:

Der am 14. März ermordete Fernsehjournalist Nahúm Palacios etwa berichtete vor seinem Tod, er sei wiederholt von der Armee schikaniert worden. Der am 20. April getötete TV-Reporter Georgino Orellana habe vor seiner Ermordung bewusst seine Arbeit bei der Zeitung "La Prensa" und beim Fernsehsender "Televicentro" niedergelegt, die beide den Putsch unterstützten.

ROG, AMARC und C-Libre forderten die honduranische Regierung auf, "die seit dem Staatscoup andauernden Repressionen gegen Medien zu beenden und die Verbrechen an Journalisten unvoreingenommen aufzuklären".

"Die Wiederaufnahme von Honduras in die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), von der sie vor einem Jahr ausgeschlossen wurde, hängt auch vom Willen der honduranischen Regierung ab, auf die kritische Situation der Medien zu reagieren", warnten die drei Organisationen. Sie appellierten an die Regierung, Verbrechen gegen Medien und Journalisten nicht länger ungestraft zu lassen. Medien, deren Räume militärisch besetzt wurden, müssten die von der Armee und Sicherheitskräften beschlagnahmte Ausrüstung zurückerhalten.

www.reporter-ohne-grenzen.de

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