G8Gleneagles (epo). - Der G8 Gipfel im schottischen Gleneagles hat aus der Sicht nichtstaatlicher Organisationen den hohen Erwartungen nicht entsprechen können. Zum Abschluss der Beratungen der Staats- und Regierungschefs der sieben führenden Industrienationen und Russlands standen die Afrika-Hilfe und der Abbau von Handelshindernissen auf der Tagesordung. Der Gipfel beschloss eine Aufstockung der Entwicklungshilfe um 50 Milliarden US-Dollar pro Jahr bis zum Jahr 2010. Die Hälfte des Betrages soll Afrika zu Gute kommen. In den Aufstockungsbetrag von 50 Milliarden Dollar sollen aber teilweise auch schon beschlossene Programme und Schuldenerlasse eingerechnet werden.

"Dies ist nicht das Ende der Armut in Afrika, aber es ist die Hoffnung, dass sie beendet werden kann", sagte der britische Premierminister Tony Blair. Die Beschlüsse sehen ferner einen Schuldenerlass für die ärmsten Länder der Welt und ein Signal für ein neues Handelsabkommen vor. Zudem habe man sich das Ziel eines weltweiten Zugangs zur Behandlung von Aids gesetzt und sich zu einer neuen Friedenstruppe für Afrika bekannt, erklärte Blair.

Beim Thema Klimawandel einigten sich die Gipfelteilnehmer auf eine Erklärung, in der das Kyoto-Protokoll zwar erwähnt wird, konkrete Grenzwerte für den Ausstoß von Treibhausgasen aber fehlen. Zur Verbesserung des Klimaschutzes soll ein Dialogforum mit Schwellenländern wie China und Indien eingerichtet werden, das im Herbst beginnen soll. Das globalisierungskritische Netzwerk Attac und Umweltorganisationen zeigten sich enttäuscht über die Ergebnisse.

Der 31. G8 Gipfel, der am Donnerstag von den Terroranschlägen in London überschattet wurde, billigte einen Schuldenerlass von 40 Milliarden US-Dollar für die 18 ärmsten Länder der Welt, auf den sich die G8 Finanzminister im Juni verständigt hatten. Weitere 20 Staaten können von dem Beschluss ebenfalls profitieren, wenn sie entsprechende Kriterien erfüllen. NRO hatten den Schuldenerlass bereits als unzureichend kritisiert.

Im Abschlussdokument des Gipfels wird erwähnt, dass die EU bereits beschlossen hat, die Entwicklungshilfe bis zum Jahr 2010 auf 0,51 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und 0,7 Prozent bis 2015 zu erhöhen. Die USA, die gegenwärtig nur 0,16% des BIP für öffentliche Entwicklungshilfe (ODA) aufwenden, werden hingegen nicht erwähnt. Präsident Bush lehnt eine Anerkennung des 0,7% Zieles ab.

Am letzten Gipfeltag wurde auch über den Abbau von Agrarsubventionen und einen besseren Marktzugang für afrikanische Ländern gesprochen. Hierzu waren die Staats- und Regierungschefs aus sieben afrikanischen Ländern eingeladen. Alle Formen der Exportsubvention sollten "zu einem glaubwürdigen Zeitpunkt" hin eingestellt werden, lautete der Entwurf der Abschlusserklärung. Die Subventionen für die Agrarwirtschaft sollten deutlich zurückgefahren werden. Außerdem solle der Zugang zu den Märkten für die armen Länder verbessert werden.

Beim Thema Klimawandel hatte US-Präsident George W. Bush schon vor dem Gipfel deutlich gemacht, dass er kein Abkommen unterzeichnen werde, das eine Verringerung des Ausstosses von Treibhausgasen vorsieht. Das Gipfel-Dokument zum Klimawandel erwähnt zwar das Kyoto-Protokoll, nennt aber keine Grenzwerte für Emissionen. Die Tatsache, dass Bush erstmals anerkannte, dass etwas gegen den Klimawandel getan werden müsse, wurde vom französischen Präsidenten Jacques Chirac dennoch als Erfolg gefeiert.

"Noch nie war die Kluft zwischen Ankündigungen und Ergebnis eines G8 Gipfels so groß wie dieses Mal", erklärte Peter Wahl vom Attac-Koordinierungskreis. "Von den vollmundigen Sprüchen vom Jahr der Entscheidung und vom historischen Durchbruch ist unterm Strich gerade mal ein mickriger Schuldenerlass geblieben." Der "schottische Spargipfel" zeige, dass das Missverhältnis zwischen Aufwand und Ertrag der G8 Gipfel immer krasser werde. "Das wäre auch ohne die verbrecherischen Anschläge in London so gewesen", sagte Wahl. "Die Fähigkeit dieses Gremiums, Lösungen für die brennenden Probleme des Planeten zu finden, tendiert gegen Null."

Besonders stolz seien die G8 auf ihre Entschuldungsinitiative. Die Entwicklungsländer zahlten jährlich mehr als 300 Milliarden US-Dollar an Zinsen und Tilgungen. Durch den G8-Beschluss seien es im nächsten Jahr lediglich rund eine Milliarde Dollar weniger, kritisierte Attac. "Für 18 Länder ergeben sich zwar ein paar Spielräume, aber die Schuldenkrise als globaler Verteilungskonflikt wird dadurch nicht mal ansatzweise gelöst", sagte Philipp Hersel, Mitglied des Attac-Koordinierungskreises. Zudem sei der Erlass "an die überholten und dogmatischen Auflagen neoliberaler Strukturanpassung geknüpft". Der Zwang zu Privatisierung und Marktöffnung  verschärfe die Armut "in weitaus stärkerem Maße, als sie durch den geringeren Schuldendienst reduziert wird", sagte Hersel.

Auch bei allen anderen Plänen, wie der Abgabe auf Flugtickets, die Internationale Finanzfazilität oder die Verdopplung der Entwicklungshilfe für Afrika, hätten wechselnde Koalitionen eine Entscheidung blockiert, erklärte Attac.

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