biota_100Frankfurt. - Rund 150 deutsche Wissenschaftler haben zehn Jahre lang zusammen mit afrikanischen Partnern die biologische Vielfalt Westafrikas und deren Wandel untersucht. Die Ergebnisse dieses vom deutschen Forschungsministerium geförderten Mammutprojekts "BIOTA (Biodiversity Transect Analysis) West" liegen nun in drei Atlanten vor, die kürzlich erschienen sind. Das umfangreiche Kartenmaterial und detaillierte Analysen zur Vielfalt und zum Zustand der Flora und Fauna von Benin, Burkina Faso und der Côte d'Ivoire sollen Entscheidern vor Ort Ansätze für Schutzmaßnahmen dieser einzigartigen Ressource liefern.

Megaloglossus woermanni ist eine von 120 Fledermausarten, die in Westafrika heimisch sind. Das nur 15 Gramm wiegende nachtaktive Tier hat im Ökosystem eine wichtige Rolle inne, beispielsweise als Samenausbreiter oder Insektenräuber. Bedroht wird die Fledermaus durch den Wandel der Landnutzung, die ihren Lebensraum immer mehr einengt. So wie ihr geht es auch vielen anderen Pflanzen- und Tierarten in Westafrika. Die Region, insbesondere der Guineische Waldgürtel, ist einer der 34 globalen Biodiversitäts-Hotspots für biologische Vielfalt, aber zugleich wirtschaftlich eine der ärmsten Regionen der Welt.

Vor diesem Hintergrund initiierte das Bundesministerium für Bildung und Forschung 2000 das deutsch-afrikanische Großprojekt BIOTA (Biodiversity Transect Analyis) West. Über 150 Botaniker, Zoologen, Meteorologen, Fernerkundler, Geographen, Ökonomen und Ethnologen erhoben vollständige Datensätze zur biologischen Vielfalt und wichtigen Einflussfaktoren in Westafrika. Dazu wurden unter anderem Observatorien entlang eines Klimagradienten vom Rand der Sahara bis zum Regenwald eingerichtet.

Die Bestandsaufnahme brachte Überraschungen mit sich: "Beispielsweise ging man davon aus, dass in Burkina Faso nur knapp über 1200 Pflanzenarten vorkommen. Inzwischen wissen wir, dass es fast 2000 verschiedene Arten in dem Land gibt", so Dr. Karen Hahn, Goethe-Universität Frankfurt und Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F). Außerdem wurde untersucht, wie sich die Artenvielfalt im Lauf der Zeit durch Landnutzung und Klimawandel verändert, um bessere Ansätze für Schutz und nachhaltige Nutzung entwickeln zu können.

Die Ergebnisse dieser umfangreichen Forschungsarbeit liegen nun in drei BIOTA West Atlanten vor, die vor kurzem erschienen sind. Die insgesamt über 2100 Seiten starke dreiteilige Buchreihe bildet damit erstmals den gesammelten Stand des  Wissens zur biologischen Vielfalt und ihrer Bedrohung in Benin, Burkina Faso und der Côte d’Ivoire ab.

Die Atlanten beinhalten jeweils einen allgemeinen Teil mit Daten zur westafrikanischen Biodiversität und deren Einflussfaktoren, über die Kartenmaterial sowie Angaben zum Vorkommen und Verbreitung von Pflanzen- und Tierarten Auskunft geben. Außerdem werden Schutzkonzepte zum besseren Erhalt bestehender oder Regeneration bereits verlorener Artenvielfalt vorgestellt. In einem regionsspezifischen Teil werden jeweils die für das Land bedeutendsten Herausforderungen, der Status Biodiversität vor Ort, Schutzgebiete und Naturschutzstrategien in Analysen dargelegt.

Zielgruppe der allgemein verständlich geschriebenen Atlanten sind Biodiversitätsforschende, Entscheidungsträger in Ministerien, Naturschutzbehörden, Nicht-Regierungsorganisatoren sowie die breite Öffentlichkeit und Lehrer. Neben der Bereitstellung von Information sollen die Atlanten vor allem die Grundlage für den nachhaltigen Schutz der biologischen Vielfalt geben.

"Wissenstransfer ist ein essentieller Bestandteil des BIOTA West Projektes. Um das zu erleichtern, wurden die Atlanten auf die Bedürfnisse der Praktiker zugeschnitten. Deshalb haben auch unsere Partner vor Ort den Löwenanteil bei der Zusammenstellung des Inhalts geleistet”, erläutert Prof. Dr. K. Eduard Linsenmair, Universität Würzburg, der das zugrunde liegende Großforschungsprojekt BIOTA West koordiniert hat. Um größtmögliche Einsetzbarkeit zu gewährleisten, sind die Atlanten bilingual (Englisch und Französisch) ausgelegt und werden in vierstelliger Auflage vor Ort verteilt.

Damit stehen die Atlanten ganz in der Tradition der Biodiversitäts-Konvention der Vereinten Nationen. Dort wird neben der Identifizierung von Treibern und Prozessen, die zum Verlust von Biodiversität führen, der Wissenstransfer als eines der Kernelemente zum Schutz biologischer Vielfalt hervorgehoben. Die Erstellung der Atlanten wurde von der Goethe-Universität Frankfurt am Main (Prof. Dr. Jürgen Runge, Dr. Dorothea Kampmann, Dr. Joachim Eisenberg) in Zusammenarbeit mit allen BIOTA-West Beteiligten durchgeführt und vom Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F) sowie IUCN Burkina Faso unterstützt.

www.biota-africa.org