Genf. – Im Vorfeld des Internationalen Tages der Verschwundenen (30. August) hat das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (IKRK) die internationale Gemeinschaft zu mehr Bewusstsein für die Tragödie der „verschwundenen“ Menschen und die Not derer Familien aufgerufen. Bewaffnete Konflikte, Naturkatastrophen und Migration hättenn dazu geführt, dass Hunderttausende Menschen vermisst werden. Jede vermisste Person hinterlässt Angehörige, die über das Schicksal ihrer Verwandten im Ungewissen sind.
Der Internationale Tag der Verschwundenen lenkt die Aufmerksamkeit auf das Schicksal der Menschen, die von staatlichen Akteuren (oder mit Unterstützung des Staates) entführt oder festgenommen wurden und deren Aufenthaltsort nicht bekannt ist. Das Verschwindenlassen verletzt grundlegende Menschenrechte, wie das Recht vor willkürlicher Festnahme und Inhaftierung und das Recht auf Freiheit und Sicherheit. Verschwindenlassen werde häufig als Strategie eingesetzt, um Angst und Terror in der Gesellschaft zu verbreiten, so das IKRK. Das Gefühl der Unsicherheit, das durch diese Praxis erzeugt wird, sei nicht beschränkt auf die nahen Verwandten der Verschwundenen, es wirke sich auch auf ihre Gemeinschaften und die Gesellschaft als Ganzes aus.
In Kolumbien beispielsweise werden laut IKRK noch mehr als 68.000 Menschen vermisst. In Sri Lanka ist das Schicksal und der Verbleib von mehr als 16.000 Menschen unbekannt. In Peru gelten zwischen 13.000 und 16.000 Menschen als verschwunden. Ihre Familien warten noch immer auf Nachricht. Mehr als 11.000 Menschen von insgesamt fast 35.000 werden im Zusammenhang mit dem Balkan-Konflikt noch immer beim IKRK als vermisst gemeldet. In Nepal sind sieben Jahre nach dem Ende der Kampfhandlungen noch mehr als 1.360 Menschen als vermisst gemeldet. In Uganda sind fast 10.000 Menschen spurlos verschwunden.
Das sind die Ergebnisse des neuen Berichts „Living with absence: Helping the families of the missing„, den das IKRK anlässlich des Tages der Verschwundenen veröffentlichte.
Nekodina Adoch aus Uganda hat ihre vier Söhne verloren. Sie wurden vor 20 Jahren von bewaffneten Männern mitten in der Nacht mitgenommen. Im Laufe der Jahre sind drei ihrer Söhne zurückgekommen, als sie eine Gelegenheit zur Flucht hatten. Ihre Söhne kämpfen noch immer mit dem Trauma der Gefangenschaft und sie selbst quält sich seit zwei Jahrzehnten mit der Ungewissheit über das Schicksal ihres vierten Sohnes.
© International Committee of the Red Cross
„Wenn Menschen verschwinden, gibt es zwei Arten von Opfern: die Personen, die verschwunden sind und ihre Familien, die zwischen Verzweiflung und Hoffnung zerrissen sind und in einem Leben aus Unsicherheit und Schmerz manchmal für Jahrzehnte auf Nachrichten warten“, erklärte Marianne Pecassou vom IKRK.
Dem humanitären Völkerrecht nach haben Familien der Vermissten das Recht, über das Schicksal ihrer Angehörigen informiert zu werden. Staaten haben die Pflicht, alle durchführbaren Maßnahmen zu nutzen, um den Verbleib zu klären und die Familien zu informieren. Das IKRK ist derzeit weltweit auf der Suche nach mehr als 52.000 verschwundenen Menschen.
Mehr Informationen:
- Living with absence: Helping the families of the missing
- Interaktive Karte zu Verschwundenen
- Suchseite des Internationalen Komitee des Roten Kreuzes
- International Coalition against Enforced Disappearences
- International Convention for the Protection of All Persons from Enforced Disappearance
- Declaration on the Protection of all Persons from Enforced Disappearance
Quellen: icrc.org | un.org/en/events/disappearancesday