Berlin. – Mit Blick auf die Ostertage hat die Entwicklungsorganisation Oxfam die Schokoladenproduktion unter die Lupe genommen. Auf der einen Seite brechen die Kakaobohnenpreise derzeit auf dem Weltmarkt einen Rekord nach dem anderen. Andererseits leben viele Kakaobauern im Globalen Süden weiterhin in großer Armut. In der Studie „Raising the bar. Supermarkets must urgently adress structural exploitation of cocoa” hat Oxfam untersucht, ob Supermärkte Verantwortung für ihre Lieferkette übernehmen. Ergebnis: „Aldi Nord, Edeka, Lidl und Rewe zahlen für weniger als vier Prozent der angebotenen Kakaoprodukte dauerhaft existenzsichernde Kakaopreise“.
„Schokoladenmarken und Supermärkte streichen enorme Gewinne ein, während die Bäuer*innen systematisch unterbezahlt bleiben“, kritisiert Oxfam. Unabhängige Umfragen in Ghana zeigten, dass etwa 90 Prozent der befragten Kakaobäuerinnen und -bauern kein existenzsicherndes Einkommen haben. Im Durchschnitt verdienten sie kaum die Hälfte des Notwendigen, Frauen sogar nur 31 Prozent.
Issifu Issaka, Kakaobauer aus Ghana und Präsident der Ghana Cooperative Cocoa Farmers Association berichtete Oxfam: „Als Kakaobäuer*innen verdienen wir zu wenig, um über die Runden zu kommen. Hinter der Schokolade steht viel menschliches Leid, das für Verbraucher*innen im Supermarkt unsichtbar bleibt.”
„Ein Kakaobauer in Ghana bräuchte mit seinem durchschnittlichen Einkommen etwa 20 Millionen Jahre, um das Vermögen von Lidl- und Kaufland-Eigentümer Dieter Schwarz zu erwirtschaften“, erklärt Tim Zahn, Referent für globale Lieferketten bei Oxfam. „Diese Ungerechtigkeit dürfen wir nicht länger in Kauf nehmen.“
Die Macht der Supermärkte
Die Supermarktketten Edeka, Lidl und Kaufland, Rewe und Aldi teilen der Studie zufolge mittlerweile 87 Prozent des Marktes untereinander auf. Hinzu komme, dass ein Großteil (86 Prozent) des Kakaos in Form von Schokolade in Deutschland in Supermärkten verkauft wird. Diese Bedingungen verschafften den Konzernen großen Einfluss auf die Preis- und Margengestaltung.
„Obwohl Supermarktketten sich zum Ziel gesetzt haben, existenzsichernde Kakaopreise zu zahlen, bleiben die Bemühungen bei Weitem unzureichend“, konstatiert Oxfam. Aktuelle Recherchen in deutschen Supermärkten hätten ergeben, „dass sich Aldi Nord, Edeka, Lidl und Rewe bei weniger als 4 Prozent der angebotenen Kakaoprodukte verpflichtet haben, dauerhaft existenzsichernde Kakaopreise zu zahlen. Dabei zeigt der größte niederländische Supermarkt Albert Heijn, dass es auch anders geht: Das Unternehmen verpflichtete sich im Oktober 2024, für alle Eigenmarkenprodukte mit Kakaoanteil dauerhaft existenzsichernde Kakaopreise zu zahlen.“
Fazit der Untersuchung: „Zwischen den Versprechen der Supermärkte und der Realität klafft eine riesige Lücke“. Wer zu Ostern im Supermarktregal nach Schokokeksen oder Osterhasen greife, erhalte zum Großteil „Produkte, die unter Ausbeutung hergestellt sind”, so Zahn. „Ohnehin sollte die Verantwortung für die Einhaltung von Menschenrechten nicht bei den Verbraucher*innen liegen. Wer von internationalen Märkten profitiert, muss Menschenrechte schützen. Hier sind Politik und Unternehmen gefragt.”
Oxfam fordert daher, dass Supermärkte in die Pflicht genommen werden und dauerhaft existenzsichernde Kakaopreise zahlen müssen.
Die Berechnung der Einkommen von Kakaobäuer*innen beruhen laut Oxfam auf einer Studie (November 2024) des schweizerischen Kakaobündnisses SWISSCO und der ghanaischen staatlichen Kakaoorganisation COCOBOD. Eine Studie von 2022 kam zu dem Schluss, dass Supermärkte 42 Prozent des Verkaufspreises einstreichen, Kakaobäuer*innen lediglich 9 Prozent bleiben. Insbesondere durch Eigenmarken treiben Supermärkte die Preise: Ende 2024 waren Schoko-Nikoläuse der Eigenmarken um 50 Prozent teurer als im Vorjahr. Bei den Marken wie Lindt (7 Prozent), Kinder (12 Prozent) oder Milka (25 Prozent) war der Preisanstieg deutlich geringer.
=> Oxfam-Bericht „Raising the Bar: Supermarkets must urgently address structural exploitation of cocoa“ (Englisch)
Oxfam Deutschland e.V.: www.oxfam.de
Foto: Screenshot der COCOBOD Website