Freiburg/Kuala Lumpur/Accra. – Das Palmöl-Barometer 2025 fordert einen grundlegenden Wandel in der Art und Weise, wie Palmöl weltweit beschafft wird. Palmöl spielt eine zentrale Rolle für die Ernährungssicherheit und den Wohlstand von Millionen Menschen, insbesondere in Asien, Afrika und Lateinamerika. „Palmöl könnte Millionen Kleinbäuer*innen aus der Armut helfen – doch bislang passiert das nicht“, kritisiert die NGO Solidaridad. Der Mehraufwand und die Kosten einer nachhaltigen Produktion würden nicht gerecht entlang der Lieferkette verteilt, was die Existenz vieler Kleinbäuer*innen gefährde.
„Nur wenn Unternehmen verantwortungsbewusst einkaufen und die Wertverteilung entlang der Kette gerechter wird, kann Palmöl zur Ernährungssicherheit beitragen – ohne weitere Entwaldung“, so Solidaridad. Das von Solidaridad veröffentlichte und von verschiedenen Kleinbäuer*innen-Organisationen sowie Fachleuten mitunterzeichnete Palmöl-Barometer 2025 unterstreicht die wirtschaftliche Bedeutung dieses Rohstoffs. Ölpalmen sind extrem effizient: Sie liefern jeden Monat Erträge und erzielen im Vergleich zu anderen Ölpflanzen den höchsten Ertrag pro Hektar. Das macht sie besonders attraktiv für Kleinbäuer*innen.
Investitionen in Kleinbäuer*innen zahlen sich mehrfach aus
Das Palmöl-Barometer 2025 zeigt laut Solidaridad: „Die Gewinne entlang der Lieferkette sind gravierend ungleich verteilt. Kleinbäuer*innen erhalten selten ein existenzsicherndes Einkommen und können kaum in klimaresiliente Anbaumethoden investieren. Schwankende Preise, hohe Kosten und extreme Wetterereignisse verschärfen ihre wirtschaftliche Lage – besonders in Asien und Afrika.“
Ohne Zugang zu Finanzierung, technischer Unterstützung und Anreizen für nachhaltige Bewirtschaftung greifen viele Produzenten auf kurzfristige Überlebensstrategien zurück, die Umwelt und Klima zusätzlich belasten. Unsichere Landrechte hemmen zudem langfristige Investitionen.
Dabei liege großes Potenzial brach: Schulungen, technischer Support und faire Abnahmebedingungen könnten die Produktivität kleinbäuerlicher Betriebe steigern – ohne neue Flächen zu erschließen. Das stabilisiere die Versorgung mit zertifiziertem Palmöl und stärke die Resilienz der gesamten Lieferkette. Wer heute in Partnerschaften mit Kleinproduzent*innen investiere, sichere sich langfristig Rohstoffe und erfülle wachsende Marktanforderungen, betont die NGO.

Die Palmöl-Lieferkette generiert einen Gesamtwert von 282 Mrd. USD, einen Bruttogewinn von 52 Mrd. USD und einen Betriebsgewinn von 18 Mrd. USD. Dabei fällt die größte Wertschöpfung auf die Einzelhändler (83 Mrd. USD). Der Sektor der Konsumgüter (FMCG) erwirtschaftet mit 20 Mrd. USD den größten Bruttogewinn (38 % des gesamten Bruttogewinns) und einen Betriebsgewinn von 6 Mrd. USD. Obwohl Kleinbäuer*innen 17 Mrd. USD zur Wertschöpfung beitragen, was sechs Prozent der gesamten Lieferkette entspricht, wird ihr Nettoeinkommen auf nahezu Null geschätzt (Rijk et al., 2021).
Vier Prinzipien für eine verantwortungsvolle Beschaffung
Das Palmöl-Barometer 2025 plädiert für einen grundlegenden Perspektivwechsel in der Beschaffung von Palmöl. Eine bloße Zertifizierung reiche nicht aus, um die strukturellen Probleme der Kleinbäuer*innen zu lösen. Direkte Zusammenarbeit und faire Handelsbedingungen seien entscheidend für die Zukunft des Sektors.
Der Bericht benennt vier zentrale Prinzipien:
- Positionierung: Unternehmen müssen Beschaffungspraktiken entwickeln, die unabhängige Kleinbäuer*innen in ihre Gesamtstrategie und Entscheidungsprozesse integrieren.
- Preisgestaltung und Zahlungsbedingungen: Unternehmen müssen Preise und Zahlungsbedingungen etablieren, die Kleinbäuer*innen für nachhaltiges Wirtschaften belohnen. Das alles mit dem Ziel von existenzsichernden Einkommen für die Bäuer*innen.
- Partnerschaften: Unternehmen müssen die Perspektiven der Kleinbäuer*innen einbeziehen und sie an Entscheidungsprozessen – einschließlich der Entwicklung von Preismechanismen – beteiligen.
- Programme: Einzelhandel, Lebensmittelunternehmen und Händler müssen Kleinbäuer*innen mit gezielten Programmen unterstützen und so landwirtschaftliches Wissen vermitteln und den Zugang zu Finanzmitteln erleichtern.
„Als Unternehmen einfach nur nachhaltigere Produktionsweisen von seinen Lieferant*innen zu verlangen, ist zu wenig“, so Solidaridad. „Unternehmen müssen sich zu einer inklusiven Wertschöpfungskette bekennen, die Kleinbäuer*innen mitdenkt und faire Preise, die ein existenzsicherndes Einkommen ermöglichen, zahlt„, sagt Marieke Leegwater, Senior Policy Advisor bei Solidaridad Europa. „Mit dem Inkrafttreten des europäischen Entwaldungsgesetzes im nächsten Jahr brauchen wir zusätzliche Maßnahmen, um die Entwaldung durch großflächige Plantagen zu verhindern und gleichzeitig die Menschenrechte und die Position der Kleinbäuer*innen zu stärken. Dies wird zu einer stabileren und nachhaltigeren Lieferkette beitragen.“
Das Palmöl-Barometer 2025 formuliert konkrete Empfehlungen für Unternehmen, Multistakeholder-Initiativen, politische Entscheidungsträger*innen und den Finanzsektor, um die Position von Kleinbäuer*innen zu stärken und eine widerstandsfähige Palmölindustrie zu schaffen. Nur wenn alle Beteiligten Verantwortung übernähmen, könne die Lage der Kleinbäuer*innen verbessert werden. Eine faire Wertverteilung sei die Grundlage für eine nachhaltige Zukunft des Palmölsektors.
=> Das vollständige Palmölbarometer können Sie hier herunterladen: https://www.solidaridadnetwork.org/publications/palm-oil-barometer-2025/
Das Solidaridad-Netzwerk setzt sich seit mehr als 50 Jahren für eine nachhaltige, kleinbäuerliche Landwirtschaft ein. Es hat die Max Havelaar Fairtrade Bewegung in den 1980ern mitbegründet und früh damit begonnen, Kleinbäuer*innen als schwächstes Glied innerhalb der Lieferketten dabei zu unterstützen, landwirtschaftliche Produkte wie Kaffee, Kakao oder Baumwolle nachhaltig zu produzieren und auf dem globalen Markt zu vertreiben. Mit knapp 1.000 Mitarbeitenden weltweit und Projekten in mehr als 40 Ländern gehören Solidaridad heute zu den weltweit größten Entwicklungsorganisationen.
Quelle: www.solidaridadnetwork.org