US-Außenminister Marco Rubio hat am Mittwoch (2. Juli) den Vollzug der Zerschlagung der US-Entwicklungsbehörde USAID verkündet. Die Trump-Administration habe tausende USAID-Programme geprüft und sei zu dem Schluss gekommen, sie entsprächen bei weitem nicht dem Standard, dem jeder Diener des Staates zu entsprechen habe – nämlich der Pflicht sicherzustellen, dass jedes finanzierte Programm den Interessen der Nation diene. Stattdessen seien über die Jahrzehnte 715 Milliarden US-Dollar ausgegeben worden, „um einen den Globus umspannenden NGO-industriellen Komplex auf Kosten der Steuerzahler zu schaffen“. Rubios Einlassungen sind eine komplette Verdrehung der Tatsachen. Ein Kommentar von Klaus Boldt.
In einer auf der Plattform „Substack“ verkündeten Botschaft mit dem signifikanten Titel „Making Foreign Aid Great Again“ behauptet Rubio, USAID habe Entwicklungsziele selten erreicht, die Instabilität in der Welt vergrößert und die antiamerikanische Stimmung angeheizt:
„On the global stage, the countries that benefit the most from our generosity usually fail to reciprocate. For example, in 2023, sub-Saharan African nations voted with the United States only 29 percent of the time on essential resolutions at the UN despite receiving $165 billion in outlays since 1991. That’s the lowest rate in the world. Over the same period, more than $89 billion invested in the Middle East and North Africa left the U.S. with lower favorability ratings than China in every nation but Morocco. The agency’s expenditure of $9.3 billion in Gaza and the West Bank since 1991, whose beneficiaries included allies of Hamas, has produced grievances rather than gratitude towards the United States. The only ones living well were the executives of the countless NGOs, who often enjoyed five-star lifestyles funded by American taxpayers, while those they purported to help fell further behind.“
Die verquere Logik der Trump-Administration
In Umkehrung von Ursache und Wirkung der Außenpolitik der USA behauptet Rubio, die US-Entwicklungshilfe sei schuld an dem aktuell schlechten Ansehen der Vereinigten Staaten in der Welt. USAID habe über Jahrzehnte hinweg ein nahezu unbegrenztes Budget erhalten, «um den amerikanischen Einfluss zu fördern, die wirtschaftliche Entwicklung weltweit zu unterstützen und Milliarden zu ermöglichen, auf eigenen Beinen zu stehen.» Rubio:
„Abgesehen von der Schaffung eines globalen NGO-Industriekomplexes auf Kosten der Steuerzahler hat USAID seit dem Ende des Kalten Krieges wenig vorzuweisen. Die Entwicklungsziele wurden selten erreicht, die Instabilität ist oft noch größer geworden, und die antiamerikanische Stimmung ist nur gewachsen.“
Rubio ist ein geschicker Demagoge, der Lügen und Verdrehungen der Tatsachen als das Ergebnis gewissenhafter staatlicher Untersuchungen von Entwicklungshilfe-Programmen verkauft. Denn das schlechte Ansehen der USA im Nahen Osten und in Nordafrika rührt nicht von den angeblich 89 MIlliarden Dollar her, die USAID investiert hat. Es ist das Ergebnis zahlreicher militärischer und geheimdienstlicher US-Interventionen. US-Präsident George W. Bush hatte mit dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen den Irak (unter dem erlogenen Vorwand, dieser besitze Massenvernichtungswaffen) große Teile des Nahen Ostens angezündet. Die daraus resultierenden Flüchtlinge und Vertriebenen musste größtenteils Europa und insbesondere Deutschland aufnehmen und finanzieren.
Nicht nur das: Die USA rüsteten Unruhestifter mit amerikanischen Waffen aus, die die NATO danach militärisch bekämpfen musste. So geschehen mit den Taliban in Afghanistan und später mit der militanten sunnitischen Opposition im Irak, die als „Islamischer Staat“ Syrien und angrenzende Länder mit ihrem Terror überzog. Profitiert hat allein der militärisch-industrielle Komplex in den USA, vor dessen wachsender Macht US-Präsident Eisenhower 1961 gewarnt hatte.
In Wahrheit haben andauernde Kriege und verdeckte Militäroperationen in fast allen Teilen der Welt für ein schlechtes Ansehen der USA gesorgt. Viele Wissenschaftler und PolitikerInnen haben in jüngster Zeit darauf hingewiesen, dass die Vereinigten Staaten mit der Auflösung von USAID an «Soft-Power» verlieren werden. Denn USAID war in vielerlei Hinsicht das «freundliche Gesicht» der globalen imperialen Machtansprüche der USA.
US-Außenminister Marco Rubio hatte bereits Ende März in einer Nachricht an den Kongress der Vereinigten Staaten geschrieben, das Außenministerium (State Department) werde einige Aufgaben von USAID übernehmen. Die überwiegende Mehrzahl der noch vorhandenen Programme und Projekte solle jedoch eingestellt und die Mitarbeiter entlassen werden.
Die neue Mode des NGO-Bashings
Rubio wirft den Verantwortlichen der „unzähligen“ Hilfsorganisationen (NGOs) in Gaza und im Westjordanland vor, sie hätten „oft einen Fünf-Sterne-Lebensstil genossen, der von amerikanischen Steuerzahlern finanziert wurde, während diejenigen, denen sie angeblich helfen wollten, weiter zurückfielen„.
„USAID viewed its constituency as the United Nations, multinational NGOs, and the broader global community—not the U.S. taxpayers who funded its budget or the President they elected to represent their interests on the world stage. USAID marketed its programs as a charity, rather than instruments of American foreign policy intended to advance our national interests. Too often, these programs promoted anti-American ideals and groups, from global “DEI,” censorship and regime change operations, to NGOs and international organizations in league with Communist China and other geopolitical adversaries. That ends today, and where there was once a rainbow of unidentifiable logos on life-saving aid, there will now be one recognizable symbol: the American flag. Recipients deserve to know the assistance provided to them is not a handout from an unknown NGO, but an investment from the American people.“
Wie es mit der US-Auslandshilfe weitergehen soll, deutete Rubio bereits an: Hilfsprogramme müssten „die amerikanischen Interessen fördern“ und würden „vom Außenministerium verwaltet, wo sie mit mehr Rechenschaftspflicht, Strategie und Effizienz durchgeführt werden“ (…) „Wir werden uns nicht dafür entschuldigen, dass Amerikas langjähriges Engagement für lebensrettende humanitäre Hilfe und die Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung im Ausland der Unterstützung einer America First-Außenpolitik dienen muss.„
Die „neue“ Auslandshilfe der USA soll Handel statt Hilfe priorisieren, Investoren statt Hilfsorganisationen bevorzugen. Und sie soll sich künftig gegen den wachsenden Einfluss Chinas richten:
„This model will also place us in a stronger position to counter China’s exploitative aid model and further our strategic interests in key regions around the world. We will do so by prioritizing trade over aid, opportunity over dependency, and investment over assistance. For Americans and many around the world, July 1st will mark the beginning of a new era of global partnership, peace, investment, and prosperity.“
=> Alabali Radovan kritisiert Auflösung von USAID
=> USAID: Rubio kündigt Auflösung der Entwicklungsbehörde an
=> USAID
=> US ohne AID? (SWP)