Aachen/Berlin/Göttingen. – Trotz eines anhaltenden Wachstums der Weltwirtschaft fehlt Millionen Menschen weltweit das Geld für eine gesunde Ernährung. Das zeigt die neue Studie „Armutslücke Welternährung“, die Misereor gemeinsam mit Wissenschaftlern der Georg-August-Universität Göttingen im Vorfeld des Welternährungstages (16. Oktober) vorgestellt hat.
Laut Misereor summiert sich die weltweite „Armutslücke“, also die Einkommenslücke, die Menschen von einer gesunden Ernährung trennt, auf 3,25 Billionen US-Dollar. „Die Armutslücke entspricht lediglich 1,62 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung, hält aber fast jeden dritten Menschen von einer gesunden Ernährung ab“, erklärt Jonas Stehl, Entwicklungsökonom an der Universität Göttingen. Im Vergleich zu 2023 habe sich die Lücke um weitere 16 Milliarden US-Dollar vergrößert.
Während sich die Lage in der Region Ostasien-Pazifik deutlich verbessert habe, steigt die Ernährungsarmut in Subsahara-Afrika sowie im Nahen Osten und Nordafrika seit 2017 stetig an, so Misereor. Von den zehn am stärksten betroffenen Ländern liege nur Haiti außerhalb dieser Regionen. Besonders dramatisch sei die Situation im Südsudan, wo „einer durchschnittlichen Person 86 Prozent des Einkommens fehlen, das notwendig wäre, um sich gesund ernähren zu können“, erläutert Lutz Depenbusch, Misereor-Experte für Landwirtschaft und Ernährung. Fast die gesamte Bevölkerung sei betroffen. „Die Studienergebnisse zeigen die Auswirkungen der multiplen Krisen in diesem Land. Bewaffnete Konflikte, eine wirtschaftliche Notlage sowie vom Klimawandel verstärkte Katastrophen wie Überflutungen und Dürren haben sich zu einer extremen Notsituation verdichtet“, so Depenbusch weiter.
Doch nicht nur Katastrophen führten zu Mangelernährung: Armut und Ungleichheit seien die zentralen Ursachen. „Die Weltwirtschaft wächst, aber gleichzeitig steigt die Ernährungsarmut. Das heißt, das Wachstum kommt nicht bei denen an, die es am dringendsten brauchen“, betont Sebastian Vollmer, Professor für Entwicklungsökonomik in Göttingen. Innerhalb von Ländern zeige sich zudem ein klarer Zusammenhang zwischen Einkommensungleichheit und Ernährungsarmut. In Staaten mit der größten Ungleichheit sei diese bis zu sieben Mal höher als in vergleichbaren Ländern mit geringerer Ungleichheit.
Misereor warnt vor den langfristigen Folgen dieser Entwicklung. „Die menschlichen und wirtschaftlichen Folgen der Ernährungsarmut von heute werden über Jahrzehnte zu spüren sein“, so Depenbusch. Selbst kurzfristige Mangelernährung beeinträchtige die Entwicklung von Kindern und schwäche die Gesundheit ganzer Bevölkerungen.
Angesichts der laufenden Haushaltsverhandlungen mahnt Misereor, Kürzungen bei Programmen gegen Hunger und Mangelernährung zurückzunehmen. „Wenn heute bei Programmen gegen Hunger gespart wird, wird der Kampf gegen die Armut zukünftig umso teurer“, warnt Depenbusch. Die Bundesregierung müsse ein klares Zeichen gegen diesen Trend setzen „bevor mit der Ernährungsarmut auch die menschlichen und wirtschaftlichen Kosten immer weiter steigen“.
Zur Studie:
Armut ist eine Hauptursache von Hunger und Mangelernährung. Wie groß das Ausmaß der Ernährungsarmut weltweit ist, hat Misereor 2025 gemeinsam mit den Göttinger Wissenschaftlern Jonas Stehl und Sebastian Vollmer zum dritten Mal berechnet. Die „Armutslücke Welternährung“ zeigt, wie viel Geld Menschen weltweit fehlt, um sich eine gesunde Ernährung leisten zu können.
Quelle: www.misereor.de
Weitere Informationen: https://www.misereor.de/informieren/ernaehrung-sichern/ernaehrungsarmut
Foto: Studie „Armutslücke Welternährung“. Screenshot Misereor Website by epo.de







