Berlin (epo.de). – Die Internationale Schutztruppe in Afghanistan (ISAF) ist auf dem besten Weg, sich zum Komplizen von Folter und Misshandlung zu machen. Das ist das Fazit eines am Dienstag von amnesty international (ai) veröffentlichten Berichts. Der Bericht analysiert die Praxis der ISAF, Festgenommene an afghanische Behörden – insbesondere den Geheimdienst – zu übergeben. Laut Informationen von ai sind mehrere Personen nach Übergabe durch die ISAF gefoltert worden oder verschwunden.
ai forderte die ISAF auf, Übergaben an den afghanischen Geheimdienst fürs Erste einzustellen. Neben den ISAF-Truppen aus Kanada, Belgien, Großbritannien, Norwegen und den Niederlanden hätten auch deutsche Einheiten mehrere Personen an die Afghanen übergeben.
„Die Bundesregierung hält sich mit Informationen zu den übergebenen Gefangenen leider sehr zurück. Selbst gegenüber dem Bundestag verweigert das Verteidigungsministerium genaue Angaben zu Zahl und Verbleib dieser Personen“, sagte Barbara Lochbihler, Generalsekretärin der deutschen Sektion von ai. Kritisch sei die geplante bilaterale Vereinbarung, die sicherstellen solle, dass übergebene Gefangene nicht gefoltert werden. „Solche Vereinbarungen sind das Papier nicht wert, auf dem sie stehen. Außerdem entbinden sie Deutschland nicht von seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen.“
ai appellierte an die Bundesregierung, sich künftig verstärkt bei der Gefängnis- und Geheimdienstreform in Afghanistan zu engagieren und dabei die Erfahrungen aus dem Aufbau der dortigen Polizei zu nutzen. Um Folter und Misshandlung von Gefangenen in Afghanistan künftig zu vermeiden, enthält der ai-Bericht folgende Empfehlungen:
- Vorübergehender Stopp aller Überstellungen von Festgenommenen durch ISAF-Truppen an afghanische Behörden
- Beratung, Schulung und Unterstützung des afghanischen Gefängnis- und Geheimdienstpersonals durch ISAF-Personal
- Freier Zugang für unabhängige Beobachter zu allen Haftanstalten und Gefangenen
- Unterzeichnung des Fakultativprotokolls zur Folterkonvention durch Afghanistan