Köln (epo.de). – Der UN Sonderberichterstatter für das Menschenrecht auf Nahrung, Jean Ziegler, hat in seinem Abschlussbericht an den UN Menschenrechtsrat eine „Schizophrenie im System der Vereinten Nationen und in der Politik der Staaten“ beklagt. Einerseits verpflichteten die Menschenrechtspakte der UNO die Regierungen zur Umsetzung des Menschenrechts auf Nahrung. Andererseits trieben die Weltbank, der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Welthandelsorganisation (WTO) die Privatisierung von öffentlichen Diensten, die Liberalisierung des Agrarhandels und die Kommerzialisierung der Ressource Land voran. Diese Politik habe sich auf das Recht auf Nahrung katastrophal ausgewirkt.
Die Menschenrechtsorganisation FIAN teilt diese Einschätzung. Sie rief die Bundesregierung am Donnerstag dazu auf, die Kohärenz zwischen ihrer Handelspolitik und ihren menschenrechtlichen Verpflichtungen zu überprüfen.
Der am kommenden Dienstag vom UN Menschenrechtsrat zu debattierende Bericht schließt die achtjährige Amtszeit von Ziegler ab. „Ziegler hat mit seiner Arbeit wesentlich dazu beigetragen, dass Hunger nicht länger als Schicksal, sondern als Menschenrechtsverletzung wahrgenommen wird. Als Mahner und Provokateur hat er zu Recht auf die große Mitverantwortung von Konzernen und Regierungen des Nordens am alltäglichen Skandal des Hungers hingewiesen. Wir hoffen, dass die Staaten nun die an Weltbank und IWF gerichtete Anklage ernst nehmen“, sagte Ute Hausmann, Grundsatzreferentin bei FIAN Deutschland. Schon 2001 habe der UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte die deutsche Regierung aufgefordert, sicherzustellen, dass internationale Organisationen nicht zu Menschenrechtsverletzungen beitragen.
Eine große Gefährdung des Rechts auf Nahrung sieht Ziegler auch in den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (EPAs), die im Dezember 2007 zwischen der Europäischen Union und den Staaten Afrikas, der Karibik und des Pazifik (AKP) vereinbart wurden. „Die Abkommen schränken die Möglichkeiten der Staaten extrem ein, die Rechte von Kleinbauern vor subventionierten Billigimporten aus Europa zu schützen“, erklärte Armin Paasch, Handelsreferent bei FIAN Deutschland. „Die EU darf die EPAs nur dann ratifizieren, wenn sie Menschenrechtsverletzungen als Folge ausschließen kann.“ FIAN forderte die Bundesregierung auf, sich in der EU für eine menschenrechtliche Überprüfung und Revision dieser Abkommen einzusetzen.
Am kommenden Montag wird das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) seinen Menschenrechtsaktionsplan bis 2010 vorstellen. Das BMZ habe in der Bundesregierung sowohl für die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen als auch für die Weltbank die Federführung, so FIAN. Die Organisation hofft, dass Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul „im Aktionsplan und bei der Umsetzung auch in diesen Politikbereichen Akzente setzt und damit der Aufforderung der UN von 2001 nachkommt“.