
US-Präsident Obama hatte nach seiner Amtsübernahme im Januar angekündigt, die umstrittenen Verhörpraktiken der Bush-Regierung im “Krieg gegen den Terror” einzustellen, darunter das “Waterboarding”, bei dem Gefangene so lange unter Wasser gehalten werden, bis sie zu ertrinken drohen. Anfang dieses Monats kündigte Obama die Schließung von Geheimgefängnissen in verschiedenen Ländern der Welt an, die vom US-Geheimdienst CIA und möglicherweise auch von anderen US-Geheimdiensten unterhalten werden. Ob Geheimgefängnisse und Folterzentren tatsächlich geschlossen wurden, ist nicht nachprüfbar.
Die amerikanische Bürgerrechtsbewegung ACLU (American Civil Liberties Union) hatte mehr als fünf Jahre lang für die Herausgabe der “Office of Legal Counsel (OLC) Memos” gekämpft. Die meisten Dokumente, bei denen es unter anderem um juristische Begründungen für die Zulassung von international geächteten Verhörmethoden geht, sind weiterhin geheim. Die vier jetzt freigegebenen Memos sind auf der ACLU-Website abrufbar.
„MUTIGER DIENST IN EINER GEFÄHRLICHEN WELT“
Während die Vereinigten Staaten nach dem Zweiten Weltkrieg japanische Folterer, die unter anderem “Waterboarding” angewandt hatten, strafrechtlich verfolgt hatten, sollen die US-Folterer nach dem Willen der Obama-Administration ohne Strafe davonkommen. Die CIA-Leute hätten “ihre Pflicht im Vertrauen auf die Rechtsberatung durch das Justizministerium getan, dass sie nicht strafrechtlich verfolgt werden”, erklärte Obama. “Die Männer und Frauen unser Geheimdienste dienen mutig an den Frontlinien in einer gefährlichen Welt.” Wörtlich heißt es in der Stellungnahme des Weißen Hauses vom Donnerstag:
“In releasing these memos, it is our intention to assure those who carried out their duties relying in good faith upon legal advice from the Department of Justice that they will not be subject to prosecution. The men and women of our intelligence community serve courageously on the front lines of a dangerous world. Their accomplishments are unsung and their names unknown, but because of their sacrifices, every single American is safer. We must protect their identities as vigilantly as they protect our security, and we must provide them with the confidence that they can do their jobs.”
KEIN FREIBRIEF FÜR CIA-FOLTERER
“Ein glaubhafter Politikwechsel im Umgang mit Terrorverdächtigen setzt eine Strafverfolgung der Folterer voraus”, sagte der außenpolitische Sprecher der Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag, Norman Paech. “Wer Methoden angewendet hat, die eindeutig gegen internationale Menschenrechtskonventionen verstoßen, kann nicht ‘gutgläubig’ gehandelt haben. Selbst wenn man den Tätern dies zugestünde, müssten aber jedenfalls die für die Anordnung der Vernehmungsmethoden Verantwortlichen strafrechtlich zur Rechenschaft gezogen werden.”
Außerdem widerspreche des der Gleichheit vor dem Recht, “wenn die USA die Verfolgung von Kriegsverbrechen in Afrika und andernorts fordern, zugleich aber die eigenen Täter schont. Bleibt es bei dieser Entscheidung, so bedeutet das einen schweren Rückschlag für die Durchsetzung des 1998 von allen Staaten einschließlich der USA im Römischen Statut beschlossenen internationalen Strafrechts.”
DER FALSCHE WEG
“Wir begrüßen die Veröffentlichung der Memos der Bush-Administration, die der CIA das Foltern von Gefangenen erlaubt hatte”, erklärte Volker Beck, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer und menschenrechtspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen. “Es ist gut und wichtig, dass sich US-Präsident Obama eindeutig von diesen Methoden distanziert hat. Eine Straffreiheit für Folterer darf es aber nicht geben. Dies wäre das falsche Signal auch an jene Staaten, in denen Folter zu den üblichen Polizei- und Verhörmaßnahmen gehört und wo sich Polizeibeamte möglicherweise überlegen, ob sie den Folteranordnungen Folge leisten sollen. Auch staatlich angeordnete Menschenrechtsverletzungen bleiben Menschenrechrechtsverletzungen und dürfen nicht straflos bleiben.”
Die in den Memos aufgeführten Foltermethoden machten einmal mehr deutlich, wie wenig sich die Bush-Administration um das Thema Menschenrechte geschert habe, sagte Beck. Ihre Politik habe der Glaubwürdigkeit der Menschenrechtspolitik des Westens einen immensen Schaden zugefügt. Nur durch eine lückenlose Aufarbeitung könnten die USA ihre eigene Glaubwürdigkeit im Menschenrechtsbereich zurückgewinnen. Eine Amnestie für die Täter sei der falsche Weg dafür.




