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UNICEF-Bericht fordert „Stopp sexueller Ausbeutung“

UNICEF-Bericht zur Kinderprostitution. Foto: UNICEF

Berlin (epo.de). – Das Kinderhilfswerk UNICEF hat am Dienstag in Berlin den „UNICEF-Report 2009 – Stoppt sexuelle Ausbeutung!“ veröffentlicht. Mit dem Bericht ruft UNICEF Regierungen, Medien, Unternehmen und Öffentlichkeit dazu auf, entschiedener gegen sexuelle Gewalt gegen Kinder vorzugehen. Weltweit werden nach Schätzungen der Vereinten Nationen jährlich rund 150 Millionen Mädchen und 73 Millionen Jungen unter 18 Jahren zum Sex gezwungen. Die Grenzen vom Missbrauch zu kommerzieller Ausbeutung sind UNICEF zufolge fließend. Hunderttausende Kinder würden jedes Jahr über Grenzen hinweg verkauft – viele von ihnen für sexuelle Zwecke.


Nach Angaben von UNICEF gibt es immer noch zu wenig verlässliche Daten zu diesem globalen Phänomen. Der UNICEF-Report 2009 stellt „erfolgreiche Strategien“ vor, um die Ausbeutung einzudämmen, und zeigt Lücken auf, die dringend geschlossen werden müssen. UNICEF will nach eigenen Angaben erreichen, „dass der Schutz für Kinder umfassend und systematisch verbessert wird“.

„Männer auf der ganzen Welt müssen begreifen, dass der Missbrauch von Kindern oder die Nutzung von Kinderpornografie schwere Verbrechen sind. Kinder sind keine Ware“, sagte der internationale UNICEF-Botschafter Sir Roger Moore bei der Vorstellung des Berichts am Dienstag in Berlin.

Moore war Darsteller in zahlreichen „James Bond“-Filmen, die nach dem Motto „Sex sells“ ihren kommerziellen Erfolg nicht zuletzt der freizügigen Bekleidung ihrer weiblichen Darsteller verdankten.

DIE TÄTER ZUR VERANTWORTUNG ZIEHEN

Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) sagte, Staat und Gesellschaft müssten auf allen Ebenen „gegen die schreckliche Gewalt angehen, die tagtäglich Kindern und sogar schon Babys angetan wird“. Dazu müsse man „zu allererst die Täter finden und zur Verantwortung ziehen“.

Der umstrittene Gesetzentwurf der Ministerin zielt jedoch auf die Sperrung von Internetseiten ab, auf denen Kinderpornografie angeboten wird. „Wir dürfen nicht länger das Massengeschäft dulden, das mit diesen grauenhaften für jedermann zugänglichen Bildern über das Internet betrieben wird. Deshalb ist es so wichtig, die Seiten mit Kinderpornografie im Internet zu sperren“, sagte von der Leyen.

Die Mehrzahl der Experten ist hingegen der Auffassung, dass statt Zensurmaßnahmen eine konsequente Verfolgung und Bestrafung der Täter erfolgversprechender wäre. Die Netzsperren ließen sich leicht umgehen, heißt es in einem Aufruf zu einer Petition an den Deutschen Bundestag gegen die Indizierung und Sperrung von Internetseiten.

WELTWEITES GESCHÄFT

„Reiche Länder wie Deutschland müssen Vorreiter sein beim weltweiten Kampf gegen Menschenhandel, Kinderprostitution und Kinderpornografie. Die Opfer brauchen Unterstützung. Täter müssen über nationale Grenzen hinweg verfolgt werden. Um Kinder wirksam zu schützen, sind mehr Daten und Informationen über die Verbrechen und die Strategien der Täter notwendig“, erklärte UNICEF-Geschäftsführerin Regine Stachelhaus. Oft beginnt der Missbrauch dort, wo Kinder am sichersten sein sollten: in den eigenen Familien.

Auf den Philippinen werden nach Einschätzung von UNICEF zwischen 60.000 und 100.000 Kinder als Prostituierte ausgebeutet. Jedes Jahr kämen Tausende Mädchen in die Hauptstadt Manila, weil sie Arbeit suchen. Statt der versprochenen Stelle als Hausmädchen verkauften Schlepper sie an Bordellbesitzer. Seit kurzem sei zudem das Anbieten von Kinderpornografie im Internet zu einem Geschäft geworden. Kinder würden in Internetcafes angesprochen und mit Geld „als Model“ gelockt. Die Kinderprostitution hatte auf den Philippinen vor allem durch Stützpunkte der US-Marine ihren Anfang genommen.

Eine UNICEF-Untersuchung in Bangladesch ergab, dass das Durchschnittalter, in dem Minderjährige zu Opfern kommerzieller sexueller Ausbeutung werden, bei 13 Jahren lag. In den Touristenzentren an der Küste Kenias wurden nach einer Recherche von UNICEF und der kenianischen Regierung im Jahr 2006 etwa 15.000 Jugendliche als Prostituierte ausgebeutet. Etwa 10 Prozent der Mädchen waren jünger als 12 Jahre, als sie sich das erste Mal prostituierten. Zwei Drittel der Kunden waren wohlhabende Touristen aus den Industrieländern – darunter auch viele Deutsche.

Seit den 90er Jahren wurden in vielen Ländern schärfere Gesetze verabschiedet, zum Beispiel das Verbot des Besitzes von Kinderpornografie. Doch bei der Strafverfolgung gibt es UNICEF zufolge Defizite. So sei die länderübergreifende Zusammenarbeit der Polizeibehörden unzureichend. Derzeit arbeiteten lediglich 36 Staaten, darunter Deutschland, mit der Interpol-Datei zusammen, die weltweit kinderpornografische Bilder zum Zweck der Strafverfolgung auswertet. Im April 2008 enthielt diese Datenbank 520.000 Bilder. Die Zahl der missbrauchten Opfer, deren Bilder aktuell im Netz verbreitet werden, schätzt Interpol auf 10.000 bis 20.000 Kinder.

In den internationalen Touristenzentren nutzen wohlhabende Reisende aus den Industrieländern ihre Macht oft aus, um Kinder und Jugendliche sexuell auszubeuten. Begünstigt wird dies laut UNICEF durch „eine begleitende Industrie“ von Helfern wie Taxifahrern, Hotelpersonal, Zuhältern und korrupten Polizisten. Auch wo es rechtliche Grundlagen gebe, würden Täter nur selten zur Verantwortung gezogen, da Zeugenaussagen und Beweise fehlten oder nicht anerkannt würden.
    

Nach Einschätzung von UNICEF kann nur eine umfassende Strategie Kinder wirksam vor Ausbeutung schützen. Zu den systematischen Programmen, die UNICEF seit 2008 durchführt, gehört die Verbesserung rechtlicher Verfahren zum Schutz von Kindern, die Opfer oder Zeugen sexueller Gewalt wurden, ebenso wie die umfassende Fortbildung für alle, die mit Kindern arbeiten. So hat UNICEF in mehr als 40 Ländern mit Behörden zusammengearbeitet, damit mehr Sozialarbeiter eingestellt und fortgebildet werden.

Weitere Bausteine sind Schutz und Betreuung für die Opfer, die Stärkung der Strafverfolgung, die Veränderung von Einstellungen gegenüber Kindesmissbrauch und eine bessere Medienkompetenz von Kindern, Eltern und Erziehern. Unternehmen insbesondere aus der Tourismusindustrie, Kreditkartenunternehmen und Internetprovider müssten soziale Verantwortung übernehmen, fordert das Kinderhilfswerk.

www.unicef.de

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