Berlin (epo.de). – Die Berichterstattung über Umweltskandale kann für Journalisten und Blogger in vielen Ländern gefährlich werden. Gewalttätige Übergriffe, Verhaftungen, Drohungen und Zensur seien oft die Folgen, heißt es in einem neuen Bericht von Reporter ohne Grenzen (ROG). In einigen Fällen engagierten kriminelle Unternehmer oder korrupte Politiker Schläger, um gegen unliebsame Berichterstatter vorzugehen.
Der ROG-Bericht dokumentiert zahlreiche Verstöße gegen die Pressefreiheit im Bereich der Umweltberichterstattung. Viele Unternehmen, kriminelle Gruppen und Regierungen sähen ihre Interessen durch solche Berichte gefährdet, so der Report. Journalisten würden „als unerwünschte Zeugen oder gar als Feinde betrachtet, die zum Verstummen gebracht werden sollen“.
Ein besonders brisantes Thema ist die illegale Abholzung tropischer Wälder: Der philippinische Hörfunkjournalist und Kritiker der Abholzung in der Provinz Aurora auf der Hauptinsel des Landes Luzón, Joey Estriber, wurde im März 2006 entführt. Seitdem gibt es kein Lebenszeichen mehr von ihm. Der brasilianische Herausgeber der Zeitschrift „Jornal Pessoal“, Lúcio Flávio Pinto, etwa wurde nach der Veröffentlichung einer Serie über die Entwaldung des Amazonas 33 Mal verklagt. Auf der indonesischen Insel Sumatra wurde Cyril Payen, der Südostasien-Korrespondent verschiedener französischer Medien, zusammen mit seinem Kamerateam bei Recherchen zum illegalen Holzabbau durch das Unternehmen „PT Lontar Papirup Pulp und Papers“ festgenommen. Sicherheitskräfte beschlagnahmten das Videomaterial des Journalisten und übergaben die Medienmitarbeiter der Polizei. Erst nach Protesten lokaler Medien kamen die Journalisten frei.
Häufig werden Umweltreporter unter fadenscheinigen Gründen juristisch verfolgt: So dürfte die Verurteilung des usbekischen Journalisten Salidschon Abdurachmanow zu zehn Jahren Gefängnis im Juni 2008 auch mit seinen kritischen Berichten über das Verschwinden des Aral-Sees zusammenhängen. Der offizielle Schuldvorwurf lautete „illegaler Drogenbesitz“. In der zentralchinesischen Provinz Gansu wurde im Juli 2009 der Anti-Atom-Aktivist Sun Xiaodi wegen angeblicher „Verbreitung von Staatsgeheimnissen im Ausland“ sowie „Verbreitung von Gerüchten“ zu zwei Jahren „Umerziehung durch Arbeit“ verurteilt. Sun Xiaodi hatte unter anderem im Internet Informationen über die radioaktive Verseuchung durch eine Uranmine verbreitet.
In vielen Fällen erhalten die Berichterstatter laut ROG keine Unterstützung durch die lokale Bevölkerung in den von Umweltzerstörung betroffenen Gebieten. Denn häufig bieten die ressourcenausbeutenden Unternehmen auch Arbeitsplätze an. Das kann mit massivem Druck einher gehen, der von den Firmen auf die Ortsansässigen ausgeübt wird wie das Beispiel des in den peruanischen Anden gelegenem Bergbauzentrums La Oroya zeigt: Die Luft und das Abwasser der 35.000-Einwohner-Stadt sind mit Schwermetallen und Schwefel stark belastet. Wer mit Journalisten über dieses Problem spricht, riskiert den Verlust der Arbeit und sozialer Leistungen.
Fälle von Repressionen wegen Umweltberichterstattung sind ROG zufolge auch in Europa zu verzeichnen: So wurde der bulgarischen Reporterin Maria Nikolaeva mit einer Säureattacke gedroht, sollte sie weiterhin über illegale Grundstückserschließungen im Strandzha-Nationalpark, dem größten Naturschutzgebiet des Landes, berichten.