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Amnesty kritisiert Zwangsräumungen in Slums

Zerstörte Häuser in Port Harcourt, Nigeria. Foto: aiBerlin (epo.de). – Amnesty International (ai) hat Zwangsräumungen in Slumgebieten als schweren Verstoß gegen die Menschenrechte gebrandmarkt. Die zwangsweise Räumung von Hütten und Häusern geschehe „weltweit millionenfach und derzeit gehäuft in Kambodschas Hauptstadt Phnom Penh“, berichtete ai am Freitag in Berlin. Die Menschenrechtsorganisation will mit der neuen Kampagne „Wohnen. In Würde“ auf diese Misstände aufmerksam machen und beginnt damit, sich in ihrer Arbeit auch stärker dem Thema Armut zu widmen.

Im Stadtzentrum Phnom Penhs haben Amnesty zufolge bereits zehntausende Menschen ihr Zuhause verloren. Mindestens 70.000 Menschen seien von weiteren Zwangsräumungen bedroht, berichtete ai. Weltweit leben Schätzungen zufolge mehr als eine Milliarde Menschen in rund 200.000 Slums. Ihre Anzahl wächst rasant. Bis zum Jahr 2030 könnten es bereits zwei Milliarden Menschen sein.

„Wenn Planierraupen nachts anrücken und ganzen Familien das Dach über dem Kopf wegreißen, ist das nicht nur ein Skandal“, sagte Monika Lüke, Generalsekretärin von Amnesty International. „Es ist auch ein schwerer Verstoß gegen die Menschenrechte, wenn die Behörden die Räumung nicht ankündigen, wenn die Betroffenen nicht gehört werden, wenn sie nicht dagegen gerichtlich vorgehen können und wenn sie keine angemessene Entschädigung oder eine Ersatzwohnung erhalten.“

Amnesty forderte die kambodschanische Regierung auf, rechtswidrige Zwangsräumungen sofort zu beenden. Aufgabe des Staates sei es vielmehr, die Grundversorgung der Bewohner informeller Siedlungen sicherzustellen. Slumbewohner dürften nicht gegenüber Bewohnern anderer Stadtteile diskriminiert werden. Opfer früherer Zwangsräumungen müssten klagen können und entschädigt werden, forderte Amnesty.



„Die Regierung Kambodschas nennt es Entwicklung. Doch tatsächlich bedeuten diese Zwangsräumungen Landraub. Privatinvestoren versorgen sich rücksichtslos mit Bauland, und die Regierung gibt dem Rückendeckung“, sagte Daniel King, juristischer Berater des Community Legal Education Centre in Phnom Penh.

ABRISS FÜR EINEN KINO-KOMPLEX

Auch die Regierung des südnigerianischen Bundesstaates Rivers hat damit begonnen, Menschen aus ihren Wohnstätten zu vertreiben, um Platz für ein Geschäfts- und Freizeitzentrum zu schaffen. Tausenden droht die Zwangsräumung und weitere Verelendung. In der Siedlung Njemanze in Port Harcourt, der Hauptstadt des Bundesstaates Rivers, tauchten Ende August Abrissteams mit Planierraupen auf, um mit Zwangsräumungen zu beginnen. Sie wurden von Polizisten und Soldaten begleitet. Nach Angaben des UN-Programms für menschliche Siedlungen (HABITAT), das im März 2009 eine Untersuchungskommission nach Port Harcourt schickte, leben etwa 45.000 Menschen in den betroffenen Siedlungen Njemanze und Abonnema Wharf.

Tausenden der in den beiden Siedlungen wohnenden Menschen droht die Zwangsräumung. Manche leben seit 15 Jahren und noch länger dort. Viele der von Zwangsräumung Bedrohten beklagen, dass die Regierung des Bundesstaates sie bezüglich der geplanten Zwangsräumungen nur unzureichend konsultiert hat. Der Gouverneur des Bundesstaates Rivers kündigte an, nur Besitzer offiziell genehmigter Häuser könnten Entschädigung erhalten, nicht aber Mieter oder Besitzer von Häusern, die nicht offiziell errichtet wurden. Alternative Unterkünfte wurden nicht angeboten.

Sie Bewohner von Njemanze und Abonnema werden laut UN-HABITAT vertrieben, um einem Stadtentwicklungsprojekt namens „Silverbird Showtime“ Platz zu machen. In einem Vorvertrag der Regierung von Rivers State mit der Firma Silverbird Ltd. stimmte die Regierung zu, „die friedliche Evakuierung und Umsiedlung der Bewohner“ sicherzustellen.

Slum in Pachuca, Mexiko. Foto: WMC

Die Regierung des Bundesstaates Rivers hält sich damit nicht an das von ihr im Jahr 2003 verabschiedete Planungs- und Entwicklungsgesetz, kritisiert Amnesty. Laut dieses Gesetzes hätte sie einen Stadtentwicklungsausschuss ins Leben rufen müssen, der die Gemeinden am Ufer zu einem „zur Aufwertung bestimmten Gebiet“ erklärt hätte. Das Gesetz verlange zudem von der Regierung, allen betroffenen Bewohnern eine alternative Unterkunft zur Verfügung zu stellen.

Im Großraum Port Harcourt leben schätzungsweise 1,2 Millionen Menschen. Das Entwicklungsprojekt „Silverbird Showtime“ besteht aus einem Kinokomplex mit acht Kinos, der im April 2009 eröffnet wurde, und weiteren für eine wirtschaftliche Nutzung vorgesehene Flächen, darunter ein Themenpark, ein Konferenzzentrum, ein Einkaufszentrum und ein Hotel. UN-HABITAT schätzt, dass allein das Projekt Silverbird Showtime zur Vertreibung von 100.000 bis 150.000 Menschen führen wird.

Ende Juli zerstörten bewaffnete Polizisten, Soldaten und Mitglieder der Präsidentengarde in der angolischen Hauptstadt Luanda die Häuser von rund 3.000 Familien in den Siedlungen Iraque und Bagdad. Die Menschen erhalten weder eine alternative Behausung noch eine Entschädigung. Das private Konsortium Projecto Camama soll auf dem Land Luxuswohnungen errichten.

Fotos: Zerstörte Gebäude in der Siedlung Abonnema Wharf in Port Harcourt © UN-HABITAT | Slum in der Stadt Pachuca in Mexiko © Wikimedia Commons

www.amnesty.de

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