Göttingen (epo.de). – Mehr als ein Dutzend nichtstaatliche Organisationen haben am Mittwoch eine Sammelklage bei der Bundesanwaltschaft des brasilianischen Bundesstaates Pará eingereicht, um den Bau des Belo Monte-Staudamms zu stoppen. Die NGOs, darunter die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) in Göttingen, sehen die Existenz von Indianervölkern am Xingu-Fluss bedroht.
Die Gesellschaft für bedrohte Völker erklärte am Mittwoch in Göttingen, sie sei in großer Sorge um Angehörige indianischer Völker, die in Reservaten am Rio Xingu im brasilianischen Bundesstaat Pará leben und durch den geplanten Bau des Belo Monte-Staudamms akut gefährdet seien. Recherchen der GfbV-Mitarbeiterin Rebecca Sommer in Brasilien hätten nachgewiesen, dass mit dem Bau des Megastaudamms eine groß angelegte Industrialisierung dieser Amazonasregion eingeleitet werden solle. Die im Einzugsgebiet des Xingu lebenden Indianervölker und insbesondere eine kleine, isoliert lebende indianische Gemeinschaft in unmittelbarere Nähe des Staudamms seien damit existenziell bedroht. Außerdem werde der Stausee eine Fläche von 500 Quadratkilometern Wald und Anbauflächen der Ureinwohner von der Größe des Bodensees unter Wasser setzen.
Die GfbV reichte gemeinsam mit der brasilianischen Umweltorganisation KANINDE und 12 weiteren Nichtregierungsorganisationen am Mittwoch eine Sammelklage bei der Bundesanwaltschaft (Ministério Publico Federal) von Pará ein, damit sie den Bau des Belo Monte-Staudamms stoppt.
„Die Ureinwohner der Xingu-Region leben in Unsicherheit und Angst“, berichtete die GfbV. Sie seien über die Konsequenzen des Belo Monte-Projekts auf ihre Lebensgrundlagen nicht umfassend informiert und nie um ihr Einverständnis zum Bau gebeten worden. Dazu sei Brasilien durch die Ratifizierung der Konvention 169 der Internationalen Arbeitorganisation (ILO) und durch die UN-Deklaration zu den Rechten indigener Völker zum Schutz der Ureinwohnerrechte jedoch verpflichtet.
Seit die brasilianische Verfassung von 1988 den indigenen Völkern des Landes einen gewissen Schutz zuspricht, wurden über 20 Prozent des Amazonasregenwaldes als Reservate ausgewiesen. „Nun soll dieser Auftrag der Gier nach Bodenschätzen geopfert werden“, kritisierte die GfbV. Für die noch isoliert lebenden Ureinwohner, die nur 70 Kilometer vom geplanten Staudamm entfernt gesichtet wurden, sei diese Entwicklung besonders bedrohlich. Ihr Gebiet solle für den Holzeinschlag freigegeben werden.
Das Belo Monte Projekt weckt nach den Recherchen der GfbV zudem schon jetzt Begehrlichkeiten bei Bergbauunternehmen. Geologen vermuten in der Umgebung des Staudammes große Rohstoffvorkommen. Laut Umweltverträglichkeitsbericht für den Belo Monte-Staudamm, der vom staatlichen Energiebetrieb Eletrobrás verfasst wurde, seien über rund 63 Prozent der Gesamtfläche der Indianerreservate bereits Genehmigungen für die Suche nach Bodenschätzen beantragt worden. Die Indianer selbst seien darüber bislang weder informiert worden, noch hätten sie einem künftigen Rohstoffabbau in ihrem Siedlungsgebiet zugestimmt.