Göttingen (epo.de). – Die Regierung Mauretaniens soll 15 festgenommene Sklaverei-Kritiker unverzüglich freilassen. Das hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am Dienstag in Göttingen gefordert. Der Bürgerrechtler Biram Dah Abeid, Vorsitzender der Anti-Sklaverei-Bewegung IRA (Initiative pour la Résurgence du Mouvement Abolitionniste), und 14 weitere Mitglieder seiner Organisation seien am Montagmittag in einer Vorstadt der mauretanischen Hauptstadt Nouakchott verhaftet worden, als sie gegen die Versklavung von zwei minderjährigen Mädchen öffentlich protestierten.
Nachdrücklich appellierte die GfbV außerdem an die mauretanische Regierung, die Gesetze des Landes zu respektieren und die Freilassung der versklavten Jugendlichen zu garantieren.
Der Menschenrechtler Biram Dah Abeid hatte nach Darstellung der GfbV gemeinsam mit der Rechtsanwältin Fatimata M’Baye, die 1999 für ihr Engagement mit dem Menschenrechtspreis der Stadt Nürnberg ausgezeichnet wurde, an einer Anhörung der beiden Mädchen Salma Mint Salem und Oum El Ide Mint Salem Tayvour vor den Behörden in Arafat teilgenommen. In dem Gespräch gaben die Jugendlichen an, von Frau Oumoulinmnine Mint Bekkar Val, einer Angestellten der Zentralbank Mauretaniens, als Sklaven festgehalten zu werden.
Die Sklavenhalterin habe anfangs den Missbrauch der Mädchen eingeräumt, später aber vor der Polizei alles abgestritten und sei straflos geblieben, so die GfbV. Daraufhin hätten die Bürgerrechtler mit einer spontanen Demonstration gegen die Untätigkeit der Behörden und die Versklavung der beiden Mädchen protestiert. Die Behörden hätten die Demonstration unter Einsatz von Tränengas aufgelöst und 15 Teilnehmer verhaftet. Mehrere Bürgerrechtler seien bei dem Polizeieinsatz verletzt worden. Die Behörden werfen ihnen vor, den Polizeichef verletzt zu haben.
Seit sich Biram Dah Abeid im Februar 2009 in Frankreich kritisch zur Sklaverei in Mauretanien geäußert habe, suchten die Behörden nach einem Vorwand, um ihn mundtot zu machen, erklärte die GfbV. So hätten sie im Internet falsche Gesundheitsgutachten zirkulieren lassen, in denen der unliebsame Kritiker für geisteskrank erklärt worden sei. Außerdem habe man ihn als „Staatsfeind“ und „Nestbeschmutzer“ bezeichnet, da seine Kritik dem Ansehen des Landes schade.
Die Sklaverei wurde in Mauretanien 1981 offiziell abgeschafft. Doch nach Schätzungen mauretanischer Menschenrechtler gibt es noch immer rund 550.000 Sklaven. Unentgeltlich oder fast ohne Lohn müssen sie als Hausangestellte oder Landarbeiter für ihre „Herren“ arbeiten. Opfer der Sklaverei seien vor allem schwarzafrikanische Haratin, so die GfbV, die ca. 40 Prozent der drei Millionen Staatsbürger stellen. Wer Sklaverei anprangere, lebe in Mauretanien gefährlich, da öffentliche Kritik an der Sklaverei unerwünscht sei.