Göttingen. – In verschiedenen Regionen Libyens sind in den vergangenen Tagen Übergriffe auf Afrikaner registriert worden. Das berichtete die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am Dienstag in Göttingen. „Seit Gerüchten über den Einsatz afrikanischer Söldner für Gaddafi müssen afrikanische Migranten in Libyen noch mehr um ihr Leben bangen“, sagte GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius. Rassismus habe allerdings Tradition in Gaddafis Libyen.
„Massiver Rassismus ist nicht neu in Libyen“, betonte Delius. „Gaddafi beschwört zwar öffentlich die afrikanische Einheit, doch betreibt er seit langem die Politik eines arabischen Nationalisten, für den Schwarzafrikaner Menschen zweiter Klasse sind.“
So seien bei Pogromen im Jahr 2000 mindestens 135 seit Jahren in Libyen lebende afrikanische Arbeitskräfte gestorben. „Sie haben regelrecht Jagd auf uns Afrikaner gemacht“, berichtete damals der Gambier Kemo Jetta. „Schlägertrupps zogen durch die Straßen und griffen jeden an, der eine dunkle Hautfarbe hatte.“
Besonders verbitterte die Afrikaner, dass die allgegenwärtige Polizei nicht gegen die Schlägertrupps vorging. Hals über Kopf, so die GfbV, flohen damals zehntausende Afrikaner zurück in ihre Heimatstaaten südlich der Sahara. Der Internationale Bund der Freien Gewerkschaften forderte daraufhin eine Verurteilung der „rassistischen Angriffe auf Gastarbeiter“. Auch das UN-Komitee zur Abschaffung der Rassischen Diskriminierung zeigte sich mehrfach sehr besorgt.
Auch in den darauf folgenden Jahren kam es immer wieder zu willkürlichen Verhaftungen und Massenabschiebungen von afrikanischen Wanderarbeitern. Zuletzt protestierte die GfbV im Frühjahr 2010 mit Eingaben bei den Vereinten Nationen gegen den eskalierenden Rassismus des Gaddafi-Regimes, nachdem mehr als 500 Arbeiter aus Mali und Niger abgeschoben wurden.
„Bei der Diskussion um Libyens Rolle als Transitland für afrikanische Flüchtlinge wird meist vergessen, dass ein Großteil der 2,5 Millionen ausländischen Arbeitskräfte in dem nordafrikanischen Staat dunkelhäutige Afrikaner sind“, sagte Delius. „Sie kamen zumeist schon vor Jahrzehnten ins Land und leben dort oft legal mit Arbeitserlaubnis. Trotz ihrer enormen Bedeutung für die libysche Volkswirtschaft wurden sie immer diskriminiert. Je nach Wirtschaftslage und Gemütszustand Gaddafis drohte ihnen über Nacht Verhaftung, Ausplünderung, Folter, unmenschliche Behandlung und demütigende Abschiebung in ihre Herkunftsländer.“
Rassistisch seiu auch Gaddafis Politik gegenüber den im Süden des Landes lebenden dunkelhäutigen Toubou, so die GfbV. Im Dezember 2007 habe er ihnen die Bürgerrechte entzogen. Seither lasse er sie systematisch aus dem Land treiben.