Berlin. – Amnesty International hat für das Jahr 2010 weltweit weniger Hinrichtungen verzeichnet. Außerdem wachse die Zahl der Staaten, die die Todesstrafe nicht vollstrecken, heißt es in einer Bilanz zur Todesstrafe, die die Menschenrechts-Organisation am Montag veröffentlichte. Nach Amnesty-Informationen wurden 2010 mindestens 527 Menschen in 23 Ländern hingerichtet und mehr als 2.000 Menschen in 67 Ländern zum Tode verurteilt.
139 Länder haben Amnesty zufolge die Todesstrafe im Gesetz abgeschafft oder in der Praxis ausgesetzt – zuletzt Gabun und die Mongolei. Die Vereinten Nationen traten mit einer Resolution erneut für einen weltweiten Hinrichtungsstopp ein. 58 Länder halten jedoch an der Todesstrafe fest.
„Seit zehn Jahren zeigt sich ein eindeutiger Trend zu einer Welt ohne Todesstrafe. Immer weniger Staaten, die noch an der Todesstrafe festhalten, richten auch tatsächlich Menschen hin“, sagte Oliver Hendrich, Experte zum Thema Todesstrafe bei Amnesty International in Deutschland. „Wer im 21. Jahrhundert noch Menschen hinrichtet oder zum Tode verurteilt, ist international zunehmend isoliert.“
Dramatisch bleibe die Situation in China und im Iran, so Amnesty. China halte Angaben zu Todesurteilen und Hinrichtungen weiter geheim. Amnesty International schätzt, dass die Zahlen in die Tausende gehen. Neben China vollstreckten Iran (mindestens 252), Nordkorea (mind. 60), Jemen (mind. 53), die USA (46) und Saudi-Arabien (mind. 27) die meisten Todesurteile. Weltweit sitzen mehr als 17.000 Menschen in Todesszellen.
Für das Jahr 2010 meldet Amnesty aber auch Rückschritte. Belarus sowie fünf weitere Staaten hätten im vergangenen Jahr nach einer Unterbrechung Hinrichtungen wieder aufgenommen. Belarus sei das einzige Land in Europa, in dem derzeit drei Menschen die Hinrichtung drohe. „Auffallend ist außerdem, dass einige Länder verstärkt Todesurteile für Drogenvergehen, Wirtschaftsdelikte, einvernehmliche sexuelle Beziehungen zwischen Erwachsenen oder Gotteslästerung verhängen“, sagte Amnesty-Experte Hendrich. Deutlicher häufiger als in den Vorjahren seien Hinrichtungen wegen Drogendelikten beispielsweise in China, Ägypten und Thailand gewesen.
„Der Trend zur Abschaffung der Todesstrafe wird durch diesen Bericht deutlich aufgezeigt“, sagte der Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik im Auswärtigen Amt, Markus Löning (FDP). „Der Kreis der Länder, die auf die Todesstrafe verzichten, wird von Jahr zu Jahr größer. Länder wie Iran, China oder Nordkorea isolieren sich in dieser Frage immer weiter. Auch wenn immer wieder einzelne Bundesstaaten die Todesstrafe abschaffen, müssen die USA sich fragen, ob sie diesem Kreis wirklich angehören wollen.“