Berlin. – Anlässlich der am Dienstag in Genf beginnenden „Globalen Plattform zur Reduzierung von Risiken durch Naturkatastrophen“ hat UNICEF seinen Bericht „Zur Lage der Kinder in Krisengebieten 2011“ vorgestellt. UNICEF ruft darin die Regierungen und Öffentlichkeit dazu auf, Kinder und Gemeinden besser vor Naturkatastrophen zu schützen.
Jedes Jahr sind bereits heute mehr als 200 Millionen Menschen vor allem in den Entwicklungs- und Schwellenländern unmittelbar von Überschwemmungen, Dürren oder schweren Stürmen betroffen. Nach Schätzungen von UNICEF sind mindestens die Hälfte der Opfer Kinder. Sie werden getötet, verletzt, leiden an Krankheiten durch Mangelernährung, unsauberes Wasser und schlechte hygienische Bedingungen. Die überlebenden Jungen und Mädchen seien oft jahrelang mangelhaft versorgt und könnten nicht zur Schule gehen.
Rund 70 Prozent aller Katastrophen sind heute klimabedingt. Zu Anfang des Jahrtausends waren es 50 Prozent. UNICEF rechnet damit, dass diese Bedrohung in den Entwicklungs- und Schwellenländern weiter anwachsen wird. In den kommenden Jahren würden jedes Jahr rund 175 Millionen Kinder unter den Folgen extremer Wetterphänomene zu leiden haben – gegenüber 66 Millionen Ende der 1990er Jahre. Diese Entwicklung verhindere Fortschritte bei der Verwirklichung der Millenniumsziele oder mache sie wieder zunichte.
„Kinder in den Entwicklungsländern leiden am häufigsten und am härtesten unter den Folgen klimabedingter Katastrophen“, erklärte Jürgen Heraeus, Vorsitzender UNICEF Deutschland. „Rechtzeitige Investitionen in die Widerstandskraft der ärmsten Kinder und ihrer Gemeinden ist eine notwendige Antwort auf den Klimawandel. Und es ist der kostengünstigste Weg, mögliche Schäden zu verringern.“
Der UNICEF-Bericht gibt einen Überblick über die Lebenssituation von Kindern in 32 Krisenländern- und Regionen – zwei Drittel davon auf dem afrikanischen Kontinent. In den oft chronischen und komplexen Krisen verstärken sich Naturkatastrophen, Armut und von Menschen gemachte Krisen wechselseitig. Am Horn von Afrika, in den Staaten der Sahelzone, aber auch in Ländern wie Pakistan, Afghanistan oder Haiti wachsen ganze Generationen von Kindern in einem permanenten Ausnahmezustand auf.
Naturkatastrophen wirken in solchen schwachen Staaten oder Regionen besonders zerstörerisch. Denn sie treffen Gemeinden, in denen viele Kinder mangelernährt sind, an Krankheiten leiden und nur ein notdürftiges Dach über dem Kopf haben – zum Beispiel in Flüchtlingslagern.
UNICEF hat im Jahr 2010 in 290 akuten humanitären Krisensituationen in 98 Ländern der Erde Kindern und ihren Familien geholfen. Angesichts des Klimawandels fordert UNICEF die internationale Gemeinschaft auf, die Gemeinden stärker strategisch auf Notfälle vorzubereiten. Humanitäre Hilfe und langfristige Entwicklungsarbeit müssten besser ineinander greifen.
Insgesamt braucht UNICEF im Jahr 2011 für seine weltweiten Nothilfeprogramme für Kinder rund 1,4 Milliarden US-Dollar. Das meiste Geld wird nach der Flut in Pakistan (296 Millionen) und dem Erdbeben in Haiti (157 Mio.) benötigt. Auch im Sudan (162 Mio.), Simbabwe (119 Mio.) und der Demokratischen Republik Kongo (115 Mio.) ist der Bedarf an Hilfe für Kinder hoch.
In Genf kommen bei der Globalen Plattform zur Eindämmung von Katastrophenrisiken über 2000 Experten aus Politik und Wissenschaft, der Wirtschaft und Nichtregierungsorganisationen zusammen. Sie diskutieren über Strategien und Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Risiken durch Naturkatastrophen. Die Konferenz ist das wichtigste internationale Forum für Katastrophenvorsorge und Katastrophenhilfe.