Bangkok. – Die Zahl der Unfälle mit explosiven Kriegsresten wie Landminen ist im Jahr 2010 um fünf Prozent auf 4.191 gestiegen. Zudem wurden im Jahr 2011 so viele neue Anti-Personen-Minen verlegt wie seit 2004 nicht mehr. Das geht aus dem Landmine Monitor 2011 hervor. Der Bericht wurde am Mittwoch, fünf Tage vor Beginn der in Kambodscha vom 28.11. bis 2.12. stattfindenden 11. Vertragsstaaten-Konferenz zum Ottawa-Minenverbotsvertrag, in Bangkok präsentiert.
Der Bericht hält fest, es sei noch nie so viel Land von Minen gesäubert worden wie im vergangenen Jahr. Auch seien noch nie so viele Mittel für Minenräumaktionen bereitgestellt worden. Seit dem Abschluss des Ottawa-Abkommens veröffentlicht die Internationale Landminenkampagne jährlich die Fortschritte und Mängel in der Umsetzung des Vertrags. Der aktuelle Landmine Monitor berücksichtigt das Jahr 2010 und teilweise 2011.
Dem Bericht zufolge wurden 480 Millionen Dollar für internationale Projekte in 57 betroffenen Ländern von 31 Geldgebern zur Verfügung gestellt – die höchste Summe seit Veröffentlichung des Monitors. „Dass die zur Verfügung stehenden Mittel trotz der weltweiten wirtschaftlichen Unsicherheit nicht nur gleich blieben, sondern sogar gesteigert werden konnten, ist besonders erfreulich“, betonte Jacqueline Hansen, Program Managerin des Monitors. Laut Monitor konnten so 2010 mindestens 200.000.000 m² von über 388.000 Minen gesäubert werden. Insgesamt wurden in 72 Staaten Minen bestätigt oder vermutet.
158 Staaten haben den Minenverbotsvertrag unterzeichnet, heißt es in dem Bericht. Im November ratifizierte der jüngste Staat der Welt, Südsudan. Mehrere andere Staaten, unter ihnen Finnland und Polen, stehen kurz vor einem Beitritt zum Verbotsvertrag. 87 Staaten haben die Zerstörung ihrer Lagerbestände an Landminen bereits beendet. Weißrussland, Griechenland, die Türkei und die Ukraine verletzen die Vertragsbedingungen hingegen, da sie die Zerstörung der Lagerbestände nicht innerhalb einer Vier-Jahres-Frist abgeschlossen haben. „Es ist alarmierend, dass dieses Jahr insgesamt vier Staaten Landminen eingesetzt haben – Israel, Libyen, Myanmar und Syrien – und macht deutlich, dass die internationale Gemeinschaft den Druck auf Nicht-Vertragsstaaten erhöhen muss, dem Verbot von Landminen beizutreten“, sagte François de Keersmaeker, Geschäftsführer von Handicap International in Deutschland.
Im Vergleich zu 2009 stieg die Anzahl der bestätigten Unfälle mit Landminen und anderen explosiven Kriegsresten auf 4.191, im Vergleich zu 4.010 im Jahr zuvor, aber noch 5.502 im Jahr 2008. Aufgrund unzureichender Datenerhebung in vielen Ländern sei die Dunkelziffer aber mit Sicherheit wesentlich höher, heißt es im Landmine Monitor. Jahr für Jahr gebe es mehr Überlebende von Unfällen, die dringend Hilfe benötigen – und zwar in der Regel bis an ihr Lebensende. Das zeige, wie wichtig ein vermehrter finanzieller Fokus auf die Hilfe für die Überlebenden ist – denn auch dazu verpflichtet der Ottawa-Vertrag. Eine Verbesserung im Zugang zu angepassten Dienstleistungen wurde in vielen Regionen durch vermehrte bewaffnete Auseinandersetzungen wieder zunichte gemacht.
„Es ist ermutigend zu sehen, was die Zivilgesellschaft in 20 Jahren erreicht hat, um die humanitären Probleme durch Landminen zu verringern“, erklärte Eva Maria Fischer, die als Kampagnensprecherin von Handicap International für die kommende Minenkonferenz nach Kambodscha gereist ist. „Hier in Kambodscha, wo Handicap International sich seit bald 30 Jahren für Minenopfer einsetzt, ist jedoch immer noch deutlich erkennbar, wie viel für die betroffenen Menschen und Regionen zu tun bleibt, bevor die Welt befreit ist von der Landminen-Plage. Wir fordern die deutsche Regierung deshalb auf, die Mittel für Minenaktion in den kommenden Haushalten auf keinen Fall zu kürzen!“