Köln. – Anlässlich des Weltfrauentages am 8. März hat die Frauenrechts-Organisation medica mondiale auf die nach wie vor desolate Sicherheitslage besonders für Frauen in der Demokratischen Republik Kongo aufmerksam gemacht. Der neueste Bericht des UN-Sicherheitsrats zu sexualisierter Gewalt in Konfliktregionen erfasst für 2011 allein in den Ostprovinzen des Landes wieder mehrere hundert neue Vergewaltigungsfälle. Die Dunkelziffer dürfte sehr viel höher liegen, warnt medica mondiale.
Medica mondiale forderte die internationale Gemeinschaft dazu auf, mehr Druck auf die kongolesische Regierung auszuüben, damit Straftäter endlich zur Rechenschaft gezogen werden. „Solange die Mechanismen zur Strafverfolgung von Gewalttätern in der DR Kongo nicht funktionieren, werden extreme Gewalt und Vergewaltigungen andauern“, sagte das Gründerin der Organisation, Monika Hauser. „Die offensichtliche Machtlosigkeit und den mangelnden politischen Willen der kongolesischen Regierung darf die internationale Gemeinschaft nicht länger hinnehmen.“
Trotz des offiziellen Friedensschlusses im Jahr 2002 gehen die brutalen Konflikte zwischen einer unüberschaubar gewordenen Anzahl von Milizen und der kongolesischen Regierungsarmee in den Ostprovinzen Nord- und Süd-Kivu weiter. Darunter leiden insbesondere Frauen und Mädchen. „Aus Berichten unserer Partnerorganisationen wissen wir, dass Rebellen und Regierungssoldaten immer wieder Vergewaltigungen begehen“, so Hauser. Dies bestätige auch der jüngste Bericht der UN-Sonderbeauftragten für sexualisierte Gewalt in Konfliktregionen, Margot Wallström. Ihm zufolge seien Mitglieder der Regierungsarmee sogar für etwa die Hälfte aller in den Krisenprovinzen aufgezeichneten Vergewaltigungsfälle verantwortlich.
Seit 2004 arbeitet medica mondiale mit Nichtregierungsorganisationen (NRO) in der Konfliktregion zusammen, um Überlebende sexualisierter Gewalt direkt zu unterstützen, aber auch, um Menschenrechtsarbeit zu leisten. „Unsere Partnerinnen vor Ort stellen fest, dass immer mehr jüngere Frauen, ja sogar Kinder, aber auch Männer und Jungen vergewaltigt werden“, so Hauser. In den seltensten Fällen würden die Vergewaltigungen strafrechtlich verfolgt, obwohl entsprechende Gesetze bestehen. „Wenn es doch einmal zur Ahndung kommt, haben sich zumeist lokale NRO vehement dafür eingesetzt“, erklärte Hauser.
Nur massiver Druck führe hier zu Erfolg. So gelang es lokalen Organisationen gemeinsam mit der UN-Sonderbeauftragten Wallström, die kongolesische Regierung zum Prozess gegen die Verantwortlichen für Massenvergewaltigungen in den Orten Fizi und Bushani zu bewegen. Hier hatten etwa 150 Soldaten im Januar 2011 rund 60 Frauen vergewaltigt.
Sehr wichtig für eine wirksame Verfolgung der Straftäter sei, dass der diesjährige UN-Bericht zu sexualisierter Gewalt in Konflikten dezidiert auf einige der mutmaßlichen Verantwortlichen für die Gewaltakte hinweise, so Hauser. Neben der Regierungsarmee Forces Armées de la République Démocratique du Congo (FARDC) werden Rebellengruppen, darunter die Patriotes Résistants Congolais (PARECO), die Lord’s Resistance Army (LRA) sowie die Forces Démocratiques de Libération du Rwanda (FDLR) als Täter genannt.
„Auch die Bundesregierung kann und muss sich dafür einsetzen, dass die Täter zur Rechenschaft gezogen werden und sich die Lage im Ostkongo endlich verbessert“, forderte Monika Hauser. Ein nötiger Schritt sei hierzulande zunächst die Erarbeitung eines Nationalen Aktionsplans im Rahmen der UN-Resolution 1325, der seit Jahren überfällig sei. „Sexualisierte Gewalt ist eine akute Bedrohung nicht nur für die Zivilbevölkerung in den Konfliktländern, sondern für den Frieden in der Welt allgemein. Nur wenn Sexualverbrechen konsequent geahndet werden, können sich langfristig politische und soziale Mechanismen entwickeln, die die Ursachen an der Wurzel bekämpfen und künftige Generationen vor Gewalt schützen.“