Berlin. – Reporter ohne Grenzen (ROG) hat den deutschen Außenminister Guido Westerwelle (FDP) aufgefordert, sich bei seinen Gesprächen in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku am Mittwoch für die Freilassung inhaftierter Blogger und Journalisten einzusetzen. Vor dem Finale des Eurovision Song Contest (ESC) am 26. Mai in Baku macht ROG auf die schwierige Lage der Medien in dem südkaukasischen Land aufmerksam.
Das aserbaidschanische Regime, so ROG, kontrolliere Presse und Rundfunk fast vollständig und instrumentalisiere die Justiz, um kritische Journalisten mundtot zu machen. „Anders als die European Broadcasting Union sind wir der Meinung, dass der ESC keine unpolitische Musikveranstaltung ist“, heißt es in einem Brief von ROG an Westerwelle. „Der Song Contest ist ein europäischer Wettbewerb, der auf europäischen Werten wie Freiheit und Demokratie fußen sollte. Wir tragen deswegen eine besondere Verantwortung für diejenigen, die sich in Aserbaidschan für diese Werte einsetzen – in einem Klima der Angst und nicht selten unter Einsatz ihres Lebens.“
Bei seinen Gesprächen in Baku müsse Westerwelle darauf dringen, dass vor und während des ESC eine ungehinderte Berichterstattung einheimischer und ausländischer Journalisten gewährleistet ist. Die Visavergabe müsse auch für nicht beim ESC akkreditierte Journalisten transparent ablaufen. Nach Informationen von ROG ist es für letztere derzeit sehr schwierig, ein Journalistenvisum für Aserbaidschan zu bekommen.
Reporter ohne Grenzen betrachtet es mit Sorge, dass das ölreiche Aserbaidschan auch mit Hilfe deutscher PR-Agenturen versuche, sich das Bild eines modernen und offenen Landes zu geben. Der Song Contest, so ROG in dem Brief an Westerwelle, biete die Möglichkeit, in kritischen Artikeln die Kluft zwischen der glitzernden PR-Fassade und der bitteren Realität in Aserbaidschan darzustellen und denen zu helfen, die unter Repressionen leiden oder im Gefängnis sitzen.
Dazu gehören laut ROG der Herausgeber der regimekritischen Zeitung Chural, Awas Zejnalli, und der Blogger Bachtijar Hajijew. Zejnalli befinde sich seit November 2011 aus fadenscheinigen Gründen in Untersuchungshaft. Er habe in seinen Artikeln Präsident Ilcham Alijew kritisiert. Hajijew sitze seit März 2011 im Gefängnis. Er habe über Facebook im Zuge der Aufstände in den arabischen Ländern zu Protesten in Aserbaidschan aufgerufen.