Berlin. – Immer weniger Länder halten an der Todesstrafe fest. In diesen Ländern ist die Zahl der Hinrichtungen im Jahr 2011 – China ausgenommen – aber auf 676 (2010: 527) angestiegen. Das berichtet Amnesty International in der jährlichen Statistik zur Todesstrafe. Fast 2.000 Menschen in 63 Ländern wurden dem Bericht zufolge im vergangenen Jahr zum Tode verurteilt.
„Gerade einmal zehn Prozent aller Länder haben 2011 noch Menschen hingerichtet. Die Todesstrafe ist weltweit auf dem Rückzug“, sagte Oliver Hendrich, Experte zur Todesstrafe von Amnesty International in Deutschland. „Umso erschreckender ist es, dass im Mittlerem Osten die Zahl der Hinrichtungen um 50 Prozent gestiegen ist. Das geht im Wesentlichen auf das Konto von drei Staaten: Iran, Irak und Saudi-Arabien.“ Nach Amnesty-Informationen wurden 2011 in Nordafrika und im Nahen Osten 558 Menschen hingerichtet.
Weltweit vollstreckten Amnesty zufolge Iran (mind. 360), Saudi-Arabien (mind. 82), Irak (mind. 68), die USA (43) und Jemen (mind. 41) die meisten Todesurteile. „Amnesty hat darüber hinaus glaubwürdige Informationen über eine große Zahl heimlicher Hinrichtungen in Iran“, so Hendrich. Neben Saudi-Arabien sei Iran auch das einzige Land, das Todesurteile an minderjährigen Straftätern vollstreckte. Zur Todesstrafe in China veröffentlicht Amnesty seit 2009 keine Zahlen mehr, da China diese Angaben als Staatsgeheimnis behandelt. Amnesty schätzt, dass dort weiterhin Tausende hingerichtet werden.
Auch 2011 wurden Todesurteile oft nach grob unfairen Verfahren verhängt, die nicht internationalen Standards entsprechen, kritisiert Amnesty. In einigen Staaten wie Belarus, China, Iran, Irak und Nordkorea ergingen Urteile aufgrund von unter Folter erzwungenen „Geständnissen“. Außer für Gewaltverbrechen sei die Todesstrafe in einigen Ländern auch für Straftatbestände wie Ehebruch und Homosexualität (Iran), Gotteslästerung (Pakistan), Hexerei (Saudi-Arabien) und Drogendelikte (Iran) verhängt oder vollstreckt worden.
Weltweit haben der Amnesty-Statistik zufolge aktuell 141 Staaten die Todesstrafe im Gesetz oder in der Praxis abgeschafft – zuletzt setzte Sierra Leone alle Hinrichtungen aus. „In den vergangenen zehn Jahren ist die Zahl der Länder, die die Todesstrafe vollstrecken, von 31 auf 20 geschrumpft – ein deutlicher und vor allem erfreulicher Trend!“, sagte Hendrich. Auch in den Ländern mit Todesstrafe beobachtet Amnesty Fortschritte: In den USA schaffte 2011 Illinois als 16. Bundesstaat die Todesstrafe ab, Oregon verhängte einen Hinrichtungsstopp. China reduzierte die Straftatbestände, auf die Todesstrafe angewendet werden kann.