Göttingen. – Die Vereinten Nationen sollten sich stärker für den Schutz der bedrängten Toubou-Minderheit in Libyen einsetzen. Das hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) nach neuen Kämpfen im Südosten Libyens von der UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navanethem Pillay, gefordert. „Es sollten dringend Menschenrechtsbeobachter in die Region der umkämpften Stadt Kufra entsandt werden“, erklärte GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Dienstag in Göttingen.
Die Vereinten Nationen sollten sich außerdem dafür einsetzen, dass die Versorgung der Not leidenden Toubou in Kufra nicht länger blockiert wird, forderte Delius. Nach Angaben der GfbV haben arabische Milizen die 40.000 Einwohner zählende Stadt Kufra im Südosten des Landes umzingelt und beschießen seit vergangenem Freitag Toubou-Wohnviertel mit Raketen. Dadurch seien mindestens 15 Menschen getötet und 30 verletzt worden. Zahlreiche Wohnhäuser seien zerstört.
Im Februar 2012 waren in Kufra bei bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Toubou und Angehörigen der arabischen Volksgruppe der Zwai bereits 113 Toubou und 23 Araber getötet worden, berichtete die GfbV. Die Hälfte der Einwohner der Stadt sei vor den Kämpfen aus der Region geflohen.
Weitere 147 Menschen waren Ende März 2012 bei Auseinandersetzungen zwischen Toubou und arabischen Milizen in der im Süden Libyens gelegenen Stadt Sebha getötet worden. „Dies waren die bisher schlimmsten Kämpfe seit dem Sturz des Gaddafi-Regimes“, erklärte die GfbV. Sebha liegt 940 Kilometer westlich von Kufra. Gezielt hätten auch dort arabische Milizen Wohnviertel von Toubou unter Raketen-Beschuss genommen, so dass viele Angehörige der Minderheit aus Sebha geflohen seien.
Von der Eskalation der Gewalt in Kufra alarmiert, hatte damals die Regierung Libyens Truppen in die Region entsandt, um die Kämpfe zu beenden. Angehörige der Toubou-Minderheit werfen diesen Soldaten vor, nicht neutral zu sein und Partei für die arabischen Belagerer der Stadt zu ergreifen. Milizionäre der Zwai hätten am vergangenen Wochenende Wohnviertel der Toubou abgeriegelt, berichteten Augenzeugen.
Die afrikanischen Toubou befürchten, aus Libyen vertrieben zu werden. Schon unter dem Gaddafi-Regime hatten die Angehörigen der dunkelhäutigen Minderheit unter Verfolgung und Vertreibung gelitten. So hatte der Diktator seit November 2009 Toubou vertreiben und ihre Häuser zerstören lassen. Mehr als 4.000 Toubou, so die GfbV, hätten damals ihre Siedlungen und Libyen verlassen müssen. Schon seit Dezember 2007 seien den Toubou systematisch Bürgerrechte sowie der Besuch von Schulen und medizinische Betreuung verweigert worden. Die Toubou leben seit Generationen sowohl in Libyen als auch in den Nachbarländern Tschad und Niger.