Stuttgart. – Am 4. Mai jährt sich der Beginn des Prozesses gegen Ignace Murwanashyaka und Straton Musoni am Oberlandesgericht Stuttgart. Der Präsident der berüchtigten ruandischen Rebellengruppe Forces Démocratiques de Libération du Ruanda (FDLR) und sein Stellvertreter werden beschuldigt, von Deutschland aus Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit befehligt bzw. nicht unterbunden zu haben. Der Prozess sei ein wichtiges Signal gegen Straflosigkeit, urteilen Beobachter.
Zum ersten Jahrestag des Prozessauftakts hatten „Brot für die Welt“ und das Ökumenische Netz Zentralafrika (ÖNZ) Expertinnen und Experten, die den Prozess von Beginn an verfolgen, zu einer Podiumsdiskussion nach Stuttgart eingeladen. Dass mutmaßliche Kriegsverbrecher in Deutschland vor Gericht stehen, wird weltweit und besonders in der Demokratischen Republik Kongo wahrgenommen. „Es ist ein wichtiges Signal, dass sie an keinem Ort der Welt mehr sicher sind“, fasste Ilona Auer-Frege, Koordinatorin des ÖNZ, die Debatte zusammen.
Andreas Schüller vom European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) verwies darauf, dass den Angeklagten nicht nur die Koordinierung von Kriegsverbrechen zur Last gelegt wird, sondern auch, dass sie nichts getan haben, diese zu unterbinden: „Unterlassung und Befehlsverantwortung werden damit als täterschaftliche Beteiligungsformen in der Strafverfolgung genutzt.“ Dies sei möglicherweise ein erfolgversprechender und bedeutsamer Ansatz für künftige Strafverfahren.
Seit dem Inkrafttreten des Rom-Statuts zur Errichtung des Internationalen Strafgerichtshofs im Juli 2002 habe sich ein internationales Rechtssystem etabliert, so Brot für die Welt, welches das politische Klima weltweit zu verändern beginnt. Eine zunehmende Anzahl von Ländern sei nicht mehr bereit, Straflosigkeit für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit hinzunehmen. Der Stuttgarter Prozess könnte dabei Standards setzen und die globale Strafgesetzgebung nachhaltig beeinflussen, war sich die Podiumsrunde einig.