Berlin. – Kinder müssen weltweit vor wirtschaftlicher Ausbeutung geschützt werden und dürfen nicht zu Arbeiten herangezogen werden, die ihre Gesundheit gefährden oder die sie körperlich und seelisch schädigen. Das fordert die Kindernothilfe aus Anlass des Welttages gegen Kinderarbeit am 12. Juni. Auch das internationale Kinderhilfswerk terre des hommes verlangt stärkere Anstrengungen von Politik und Wirtschaft im Kampf gegen die Ausbeutung von Kindern.
„Wer die Abschaffung von Kinderarbeit fordert, muss auch zeigen, wie Familien ihren Lebensunterhalt bestreiten können“, sagte Jürgen Thiesbonenkamp, Vorstandsvorsitzender der Kindernothilfe. Weltweit arbeiteten rund 115 Millionen Kinder unter ausbeuterischen Bedingungen, etwa in Steinbrüchen, in Minen, auf Müllhalden oder in Fabriken. Diese Formen der Kinderarbeit müssten so schnell wie möglich abgeschafft werden.
Doch die Forderung, Kinderarbeit generell zu verbieten, greift aus der Sicht der Kindernothilfe beispielsweise in der Landwirtschaft oder im Dienstleistungsbereich oft zu kurz: „Eltern müssen auch finanziell in der Lage sein, ihre Kinder zur Schule statt zur Arbeit zu schicken. Wenn angemessene Löhne bezahlt werden, sind die Familien für ihr Überleben nicht mehr auf das Einkommen ihrer Kinder angewiesen“, so Thiesbonenkamp. Die Kindernothilfe stärke daher in den Ländern des Südens die Kinder und ihre Eltern. Wenn sie z.B. in neuen Anbaumethoden geschult werden und dürreresistentes Saatgut nutzen, dann seien die Familien nicht mehr auf die Mitarbeit der Kinder angewiesen. Stattdessen könnten sie endlich Schuluniformen und -bücher bezahlen.
Weltweit gibt es nach Angaben der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) 215 Millionen Kinderarbeiter. Unter ihnen sind 74 Millionen Jungen und 41 Millionen Mädchen, die unter ausbeuterischen Bedingungen in Steinbrüchen und auf Plantagen schuften oder als Arbeitssklaven gehalten werden. „Diese trockenen Zahlen stehen für die millionenfache Ausbeutung von Kindern, deren Kindheit zerstört wird, die selten oder nie zur Schule gehen und niemals Zeit zum Spielen haben“, sagte Danuta Sacher, Vorstandsvorsitzende von terre des hommes. „Fortschritte im Kampf gegen Kinderarbeit sind überall dort feststellbar, wo Regierungen Schutzgesetze gegen Kinderarbeit erlassen und deren Einhaltung kontrollieren, und dort, wo international tätige Unternehmen ihre Lieferketten kontrollieren.“
So hat das Engagement der indischen terre des hommes-Partner im Textilzentrum Tirupur deutlich dazu beigetragen, dass sklavenähnliche Arbeitsbedingungen wie das Sumangali-System Schritt für Schritt abgeschafft werden. Sumangali-System bedeutet, dass Mädchen dazu gezwungen werden, in Baumwollspinnereien zu schuften, um Geld für ihren Brautpreis zu verdienen. Textilunternehmen, die ernsthaft gegen Kinderarbeit vorgehen wollen, müssen ihre Lieferketten bis in die erste Baumwollspinnerei transparent machen und sicherstellen, dass dort keine Ausbeutung stattfindet.
„Das erwarten wir auch von der kürzlich von den weltweit größten Textilunternehmen gegründeten Sustainable Apparel Coalition, wenn sie nicht nur positive Schlagzeilen für die Nachhaltigkeitsberichte der beteiligten Unternehmen, sondern wirklichen sozialen Fortschritt vor Ort bringen soll. Kunden und Verbraucher können durch genaue Nachfragen nach den Herstellungsbedingungen der Textilien beim Kauf von Kleidung dieses Anliegen unterstützen“, betonte Danuta Sacher.
In gleicher Weise sind kostenloser Schulbesuch, guter Unterricht, qualifizierte und motivierte Lehrer sowie Stipendienprogramme für die Familien die beste Gewähr für Erfolge im Kampf gegen Kinderarbeit. Durch derartige Maßnahmen sei es gelungen, so terre des hommes, die Zahl von Kindern, die keine Schule besuchen, in den letzten zehn Jahren immerhin von 100 Millionen auf heute 70 Millionen zu reduzieren.