
Das Bevölkerungswachstum der Zukunft finde fast ausschließlich in den Entwicklungsländern statt, so die aktuellen Weltbevölkerungsprojektionen der Vereinten Nationen, die die Stiftung Weltbevölkerung am Donnerstag in Berlin vorstellte. In Afrika werde sich die Bevölkerung von heute 1,1 Milliarden auf voraussichtlich knapp 4,2 Milliarden Menschen im Jahr 2100 vervierfachen. In Europa hingegen werde die Bevölkerung abnehmen: Leben hier heute noch 742 Millionen Menschen, werden es am Ende des Jahrhunderts voraussichtlich nur noch 639 Millionen Menschen sein – das entspricht einem Rückgang um 14 Prozent.
„Die Bevölkerung wächst in den ärmsten Ländern der Welt am schnellsten“, erklärte Professor Thomas Büttner, früherer Leiter der UN-Bevölkerungsstudien. „In Ländern wie Malawi, Nigeria und Uganda werden bis 2100 rund fünfmal mehr Menschen leben als heute – vorausgesetzt, dass die Fertilitätsraten in diesen Ländern zurückgehen. Wenn die Bevölkerung weiterhin so schnell wachsen würde wie heute, wären es zum Beispiel in Uganda sogar mehr als 30-mal so viele Menschen. Die Entwicklungschancen würden eingeschränkt und die Armutsbekämpfung erheblich erschwert.“
Die UN-Projektionen basieren auf der Annahme, dass die durchschnittliche Fertilität in den Entwicklungsländern von heute 2,6 Kindern pro Frau auf zwei Kinder im Jahr 2100 sinken wird. Bedingung dafür ist, dass Frauen in Entwicklungsländern einen besseren Zugang zu Aufklärung und Verhütung erhalten.
„Tatsächlich aber ist freiwillige Familienplanung in Entwicklungsländern Mangelware“, sagte Renate Bähr, Geschäftsführerin der Stiftung Weltbevölkerung. „Jedes Jahr werden rund 80 Millionen Frauen in Entwicklungsländern ungewollt schwanger – vor allem weil sie nicht verhüten können. Dabei ist Familienplanung ein Menschenrecht und zugleich eine der wirksamsten und kosteneffektivsten Maßnahmen zur Armutslinderung. Denn wenn Frauen und Mädchen frei darüber entscheiden können, wann und wie viele Kinder sie bekommen, sind sie gesünder, haben bessere Bildungschancen, und sie sind wirtschaftlich produktiver. Die Entwicklungschancen armer Länder verbessern sich dadurch deutlich. Deshalb ist es so wichtig, dass das Thema freiwillige Familienplanung in die neue Entwicklungsagenda einfließt.“
Die Vereinten Nationen gehen davon aus, dass die durchschnittliche Lebenserwartung der Menschen weltweit von heute 70 Jahren auf 82 Jahre im Jahr 2100 steigen wird. In Industrieländern werden die Menschen dann voraussichtlich 89 Jahre alt werden – und damit elf Jahre älter als heute. Weltweit wird das Medianalter, das die Bevölkerung in eine jüngere und eine ältere Hälfte teilt, von heute 29 Jahren bis 2100 auf voraussichtlich 41 Jahre steigen.
„In den am wenigsten entwickelten Ländern, vor allem in Afrika, ist der vorhergesagte Rückgang der Geburtenrate schwächer ausgefallen als gedacht“, sagte Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) zu den UN-Projektionen. „Darin steckt noch eine andere klare Botschaft: Wir dürfen nicht nachlassen, weiter in die reproduktive Gesundheit und Rechte von Frauen zu investieren, damit sie selbst darüber bestimmten können, wie viele Kinder sie wann bekommen und mit wem.“





