"Nach Jahren des Krieges und der Instabilität setzt diese Bildungsarbeit oft auf einem extrem niedrigen Niveau an", erklärte Afghanistan-Länderreferent Hermann Rupp anlässlich des Weltalphabetisierungstags. Große und schnelle Fortschritte seien dabei in näherer Zukunft kaum denkbar. "Wir begreifen Bildung in Afghanistan weniger als Mittel zu einer Industrialisierung und Technologisierung, wie es andere Entwicklungsländer erfolgreich vorleben, sondern vor allem als Schlüssel zur Entwicklung einer Zivilgesellschaft. Nur so können Fortschritte auf dem Weg zu einer friedlichen Gesellschaft in Afghanistan erreicht werden."
Vor allem die fehlende Grundbildung weiter Teile der Bevölkerung stehe dem bisher im Weg, so MISEREOR. Da nur wenige Menschen lesen könnten, lägen in vielen Teilen des Landes Macht und Meinungsbildung fest in den Händen lokaler Autoritäten. "Viele Informationen laufen über die Mullahs und die Stammesältesten. Die einfachen Leute haben nahezu keine Möglichkeit deren Aussagen zu hinterfragen und kennen auch ihre Rechte nicht", erläuterte Hermann Rupp. Nur der Erwerb von Grundfähigkeiten wie Lesen und Schreiben gewähre den Menschen einen Zugang zu anderen Informationsquellen.
Wie dringend ein starkes Engagement in diesem Bereich benötigt wird, belegen Zahlen des UN-Entwicklungsprogramms UNDP. Gerade einmal 28,7 Prozent der über 15-Jährigen sind Alphabeten: nur in Burundi, Mali, Burkina Faso, Niger and Sierra Leone können weniger Erwachsene lesen und schreiben. Bei der Einschulungsrate, dem Pro-Kopf-Einkommen und der Lebenserwartung rangiert Afghanistan auch jeweils unter den letzten zehn Ländern der Welt.
"Dem afghanischen Schulsystem fehlt es an allem: an qualifizierten Lehrern, die unterrichten können, an Professoren, die Lehrer ausbilden können, und an guten Schülern, die man zu Lehrern ausbilden kann. Egal, wo man anfängt: Es wird viele Jahre und ein langfristiges Engagement und äußerer Hilfe bedürfen, bis sich ein dauerhafter Erfolg einstellen kann", so Rupp.