Agrarbericht

Berlin (epo.de) "Wir müssen Kleinbäuerinnen und Kleinbauern in Entwicklungsländern noch stärker fördern, um ihnen einen besseren Zugang zu Land, Märkten, Produktionsmitteln sowie Beratungs- und Finanzdienstleistungen zu ermöglichen." Das ist für die deutsche Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul eine der Konsequenzen, die aus dem Weltagrargericht zu ziehen sind. Er wurde im April 2008 von 60 Regierungen in Johannesburg verabschiedet und am Mittwoch in Berlin diskutiert. Wieczorek-Zeul: "Im letzten Jahr ist die Anzahl der Hungernden um 100 Millionen Menschen gestiegen. Knapp 1 Milliarde Menschen wissen nicht, was sie am nächsten Tag essen können. Wir müssen dringend gegensteuern."

Die deutschen Nichregierungsorganisationen hatten in einer gemeinsamen Stellungnahme vom 15. April 2008 formuliert: "Heute wird in London, Washington, Nairobi und anderen Städten der Welt eine ernüchternde Abrechnung mit der industriellen Landwirtschaft veröffentlicht."

Der Weltagrarbericht "IAASTD" (International Assessment of Agricultural Knowledge, Science and Technology for Development) wurde von der Weltbank, der Ernährungs- und Landwirtschaftorganisation der Vereinten Nationen (FAO), und anderen initiiert und von rund 400 Expertinnen und Experten aus aller Welt verfasst. Neben der Stärkung von Kleinproduzenten und der Einbeziehung ihres "lokalen Wissens" in die Agrarforschung fordert der Bericht vor allem eine nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen sowie eine stärkere Ausrichtung auf agrarökologische Forschung.

Das Papier ist in einem mehrjährigen Prozess entstanden. Regierungen, UN-Agenturen, führende Forschungseinrichtungen, Industrie und Zivilgesellschaft hatten sich gemeinsam auf unabhängige Experten geeinigt, deren Ergebnisse zweimal zur öffentlichen Diskussion gestellt und überarbeitet worden sind, ehe sie von den Regierungsvertretern im April 2008 verabschiedet wurden. Die Bundesregierung hatte sich daran nicht beteiligt.

Die Forderung die Kleinbauern zu unterstützen ist eine der Kernaussagen. Es wird auf eine Abkehr von den verbreiteten Formen der modernen landwirtschaftlichen Massenproduktion gedrungen, die auf dem massiven Einsatz von Pestiziden und großflächigen Monokulturen basierten. Stattdessen gehe es darum, sich umzuorientieren und jene zu unterstützen, die auf lokaler Ebene ökologisch verträgliche Anbaumethoden anwenden und denen es gelinge, diese mit ökonomischer Effektivität sowie nachhaltiger Nutzung von Ressourcen zu verbinden. Bereits 2008 lautete die Einschätzung des Weltlandwirtschaftsrates (IAASTD): Ein langfristiger Ausweg aus der Ernährungskrise sei nur durch eine Stärkung der natürlichen Produktion möglich. Die bisherige, mit hohem Einsatz an Kapital und Energie verbundene Taktik des künstlichen Intensivanbau von Monokulturen ist aus Sicht des Rates an ihre Grenzen gestoßen.

Unter anderem aufgrund der Kritik des  Weltagrarrates an der Gentechnik hatten sich die Agrochemiefirmen Monsanto, Syngenta und BASF, die an der Ausarbeitung des Berichtes beteiligt waren, vorzeitig von der Mitarbeit zurückgezogen. Die USA, Kanada und Australien hatten den Schlussbericht wegen der Einwände an der zu raschen Marktöffnung nicht unterzeichnet.

Bereits letzten April hatte Weltbank-Präsident Robert Zoellick fast 500 Millionen Dollar (320 Millionen Euro) von den Regierungen in aller Welt als Hilfe für das UN-Ernährungsprogramm (WFP) allein bis zum 1. Mai gefordert. Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul kündigte damals eine Erhöhung der Mittel für das Welternährungsprogramm um weitere 10 Millionen Euro bis zum Sommer 2008 an. Das Programm wurde damals mit 23 Millionen Euro aus Deutschland unterstützt. Die Mittel für die Nahrungsmittelhilfen des Welternährungsprogramms hätten inzwischen mit 66 Mio. Euro "einen neuen Höchststand erreicht", heißt es in einer entsprechenden Mitteilung aus dem BMZ vom Mittwoch. Insgesamt hätten 600 Mio. Euro für ländliche Entwicklung und Ernährungssicherheit zur Verfügung gestellt werden können. Das BMZ fördert "vor allem kleinbäuerliche Landwirtschaft. Die nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen, z. B. die Erhaltung der Biodiversität, der Bodenfruchtbarkeit und der Wasserqualität, spielen dabei eine wichtige Rolle."

Abbildung: Der Weltagrarbericht geht ins siebte Jahr. Im August 2002 hatten die FAO und die Weltbank anlässlich des Weltgipfels für nachhaltige Entwicklung (WSSD) in Johannesburg diese weltweite Bestandsaufnahme im Bereich von Landwirtschaft und Technologie auf den Weg gebracht.


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