misereorKöln. - MISEREOR hat im vergangenen Jahr mit 63,1 Millionen Euro fast zehn Millionen Euro mehr an Spenden und Kollekten eingenommen. Das teilte Hauptgeschäftsführer Pirmin Spiegel am Donnerstag bei der Bilanzpressekonferenz seiner Organisation in Köln mit. Der Chef des katholischen Werkes für Entwicklungszusammenarbeit rief dazu auf, Flüchtlingen und Migranten weiter mit Menschlichkeit und Solidarität zu begegnen. Darüber hinaus kritisierte er die Klimapolitik der Bundesregierung als unzureichend.

Mit Blick auf die aktuelle Debatte über Flucht und Migration in Deutschland zeigte sich Spiegel besorgt. "Manche Äußerungen nicht zuletzt aus dem politischen Raum schmerzen. MISEREOR verurteilt in aller Deutlichkeit, wenn Menschen, die aus Verzweiflung und Not den Weg über das Mittelmeer nach Europa suchen, in Deutschland verfemt werden." Als einer der reichsten Staaten der Erde habe Deutschland in der Vergangenheit viel von der Solidarität anderer Nationen profitiert. Sein Wohlstand gehe in Teilen auf Kosten von Menschen in anderen Weltregionen. Daher seien die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland verpflichtet, den Verletzlichsten und Notleidenden beizustehen, sagte Spiegel.

Ebenso schmerze ihn, dass Entwicklungszusammenarbeit immer häufiger in einen direkten, eindimensionalen Zusammenhang mit Themenfeldern wie Bekämpfung von Fluchtursachen, Migrationssteuerung oder vernetzter Sicherheit gestellt werde. "Ich befürchte, dass Entwicklungszusammenarbeit für die genannten Zwecke politisch instrumentalisiert wird", so der MISEREOR-Vorstandsvorsitzende. "Es darf nicht als zentrale Aufgabe von Entwicklungszusammenarbeit betrachtet werden, dafür zu sorgen, dass weniger Flüchtlinge und Migranten nach Deutschland kommen. Es darf nicht sein, dass Flüchtlinge prioritär als größte Gefahr für unsere eigene Sicherheit dargestellt werden."

Spiegel forderte eine gerechtere Gestaltung der Globalisierung. Das bedeute, "über Handels- und Wirtschaftspolitik zu sprechen, über Ressourcenausbeutung und Klimawandel, über Gerechtigkeit entlang der Lieferkette von Produkten". Der MISEREOR-Chef kritisierte auch die deutschen Bemühungen rund um den Klimaschutz als unzureichend: "Wir wissen: Das Klima hat schlichtweg keine Zeit, als dass wir in endlosen Kommissionssitzungen Sektor für Sektor jahrelang verhandeln könnten. Die Welt braucht Pioniere, die zeigen, dass Klimaschutz, Wohlstand und die Wahrung der Menschenrechte miteinander vereinbar sind." Er vermisse bei der Bundesregierung "Kraft, Willen und Visionen, um die Zukunft und ein würdevolles Dasein für die nachfolgenden Generationen zu sichern."

Der Vorsitzende der Katholischen Zentralstelle für Entwicklungshilfe, Prälat Karl Jüsten, zog eine gemischte Bilanz der Planungen für den künftigen Etat des BMZ. "Einerseits ist es ausdrücklich zu würdigen, dass die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen sind. Auf der anderen Seite bleibt es für mich aber schwer nachvollziehbar, dass die Gelder schon ab 2020 wieder reduziert werden sollen." Langfristige Entwicklungszusammenarbeit brauche Planungssicherheit, um dauerhaft Wirkung erzielen zu können. Das gelte gerade angesichts der Tatsache, dass mit den ehrgeizigen Zielen der UN-Nachhaltigkeitsagenda große Anstrengungen verbunden seien, um das globale Hungerproblem einzudämmen, die Armut signifikant zu reduzieren und auf dem Feld des Klimaschutzes substantielle Fortschritte zu machen, betonte Jüsten.

Einschließlich der Gelder aus Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) standen MISEREOR 2017 214,6 Millionen Euro für seine Projekt, Advocacy- und Lobbyarbeit in rund 90 Ländern Afrikas und des Nahen Ostens, Lateinamerikas und der Karibik, Asiens und Ozeaniens zur Verfügung. Das Werk konnte seine Aufwendungen für Werbung, Öffentlichkeitsarbeit und Verwaltung mit einem Anteil von 5,9 Prozent am Gesamtetat erneut niedrig halten. MISEREOR fördert aktuell fast 2.800 Projekte von rund 1.800 Partnerorganisationen.

Quelle: www.misereor.de 


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