euro 150Bonn. - Das SÜDWIND-Institut hat in Bonn eine neue Studie mit dem Titel "Jenseits von Mikrokrediten. Geldanlagen und Entwicklungsförderung" vorgestellt, in der drei neue Ansätze der Entwicklungsfinanzierung durch private Kapitalgeber beschrieben werden. Mikrofinanzen, "Impact Investments" und "Green und Social Bonds" seien zukunftsweisende Möglichkeiten, Kapital "nachhaltig zu investieren" und damit Entwicklung anzustoßen.

Die Studie wurde laut SÜDWIND "von Engagement Global im Auftrag des BMZ und von der Stiftung Umwelt und Entwicklung Nordrhein-Westfalen finanziert". Projekte in Entwicklungsländern würden bisher in hohem Maße über die öffentliche Entwicklungshilfe, über Kredite von Entwicklungsbanken wie der Weltbank oder über Direktinvestitionen von Konzernen finanziert, heißt es darin. Neben diesen traditionellen Geldflüssen seien in den letzten Jahren aber auch Formen der Entwicklungsfinanzierung entstanden, "die die bisherige Grenze zwischen philanthropischer Hilfe und gewinnorientierter Investition verwischen, weil sie sowohl nachhaltige Entwicklungsförderung als auch Kapitalanlage sind".

Die in der Studie vorgestellten Formen dieser Finanzierungsmöglichkeiten sind laut SÜWDIND: Mikrofinanzen, Impact Investments und Green und Social Bonds. Mit rund 38 Milliarden US-Dollar trügen diese Anlagemodelle bisher nur in verschwindend geringem Maße zur Entwicklungsfinanzierung bei. Die Steigerungsraten der letzten Jahre zeigten aber ein rasantes Wachstum auf, denn institutionelle Investoren suchten nach neuen Möglichkeiten, ihr Kapital unter Berücksichtigung ihrer finanztechnischen Regeln nachhaltig zu investieren.

"Angesichts der Tatsache, dass weltweit über 200 Billionen US-Dollar in Aktien, Anleihen oder Krediten investiert sind, aber gleichzeitig Milliardensummen für die Armutsbekämpfung und den Klimaschutz fehlen, kommt diesen neuen Formen der Entwicklungsfinanzierung eine zukunftsweisende Rolle zu", meint das SÜDWIND-Institut.

Gleichzeitig warnt das Institut aber Studie davor, "dass es nicht ausreicht, Investitionsgelder aus dem Norden in den Süden fließen zu lassen. Missstände wie Umweltzerstörung, Menschenrechtsverletzungen und Hungerlöhne könnten die Folge sein". Entscheidend sei, "dass messbare entwicklungspolitische Impulse gesetzt werden". Die Ergebnisse dieser neuen Ansätze, so die Autorin Antje Schneeweiß, müssten deshalb einer externen Evaluation unterzogen werden. Nur dies kann die Gewissheit liefern, dass die intendierten positiven Folgen für Mensch und Natur tatsächlich eingetreten sind.

Genau dies macht z.B. seit Jahrzehnten die Ökumenische Entwicklungsgenossenschaft Oikocredit, die ihren Sitz im niederländischen Amersfoort hat. Oikocredit (früher ECDS) wurde 1975 vom Weltkirchenrat gegründet. Sie arbeitet mit 260 Partnern in 65 Ländern zusammen und vergibt Kredite an Gruppen aus armen Bevölkerungsschichten, die auf dem freien Kapitalmarkt keine oder nur schwer Gelder bekommen würden. Oikocredit vergibt keine Almosen, sondern meist kleine Kredite zu fairen Bedingungen mit langen Laufzeiten und bezahlbaren Zinsen, damit die Partner in den Ländern des Südens langfristig planen und selbständig wirtschaften können.

In der Studie von SÜDWIND heißt es: "Im Vergleich zu Mikrokrediten haben wirkungsbezogene Unternehmensbeteiligungen den Vorteil, dass die Investoren stärker am Risiko beteiligt sind. Während Mikrokredite das Geschäfts- und manchmal auch das Währungsrisiko den KreditnehmerInnen überlassen, verlieren Investoren Kapital, wenn die Unternehmen aus einem solchen Fonds Konkurs gehen oder die Landeswährung an Wert verliert. Damit ist zu erwarten, dass sie nur in Unternehmen mit guten Erfolgsaussichten investieren und diese mit ihrer Beratung unterstützen."

Weil überflüssiges Kapital aber ständig neue Anlagemöglichkeiten sucht, sind jetzt "arme" Länder im Fokus privater Großinvestoren. Die Entwicklungszusammenarbeit dient sich hier als Vorreiter an, ihnen den Weg zu ebnen. Eine positive Unternehmensentwicklung, so die Autorin Antje Schneeweiß, "setzt allerdings günstige staatliche Rahmenbedingungen voraus".

Ein postives Investitionsklima eben: günstige Anlagemöglichkeiten, keine oder niedrige Steuern. Im Ergebnis müssen letztlich die Steuerzahler die Risiken tragen, die Gewinne streichen mehrheitlich die "Investoren" ein. Wozu ein solches Entwicklungsmodell führt, sehen wir derzeit in Europa: Nach einer längeren Phase der Entwicklung sind die Reichen immer reicher und die Armen wieder ärmer geworden. Die Armut ist nach Europa zurückgekehrt. Denn ist die kapitalistische Entwicklungsspirale einmal in Gang gekommen, lässt sie sich nicht an dem Punkt stoppen, der im Deutschland der 1960-er Jahre "soziale Marktwirtschaft" genannt wurde und im Entwicklungsjargon "nachhaltiges Wirtschaften", "nachhaltige Investitionen" oder eben "social Bonds" heißt. Die Spirale dreht sich weiter.

Die Autorin der Studie sieht das anders: "Die Integration der Regeln institutioneller Investoren in die Finanzierung von Entwicklungsprojekten ist mühsam und manchmal auch gefährlich, weil das damit verbundene Streben nach Rendite den Hilfscharakter konterkariert. Mit einer grundsätzlichen Ablehnung würde man jedoch auf wichtige Kapitalquellen verzichten, die in vielen Bereichen nutzbringend eingesetzt werden können. Anstatt diese Entwicklung abzulehnen, könnte in ihr eine Chance gesehen werden. Vielleicht werden hier zukunftsweisende neue Wege einer Ökonomie beschritten, die soziale Hilfe mit tragfähigen Geschäftsmodellen verbindet, indem am Gewinn ausgerichtete Verhaltensweisen mit philanthropischem Kapital und sozialem Engagement kombiniert werden."

Südwind Studie "Jenseits von Mikrokrediten. Geldanlagen und Entwicklungsförderung"

Quelle: suedwind-institut.de


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