keetharuth sheilaBerlin. - "Alle Eritreer sollten die Möglichkeit haben, ihre Menschenrechte einzufordern und in Anspruch zu nehmen, seien es die bürgerlichen und politischen oder die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte." Diese Forderung stellte Sheila B. Keetharuth, die UN-Sonderberichterstatterin zu Eritrea, am 24. Oktober 2013 in einem Bericht vor dem Ausschuss zu sozialen, humanitären und kulturellen Fragen der UN-Generalversammlung in New York.

Zur Lage in Eritrea äußerte die Sonderberichterstatterin, eine Juristin aus Mauritius, vor Journalisten: "Die gegenwärtige Menschenrechtssituation ist äußerst düster. Die Menschen sehen sich gefangen in einer lang andauernden hoffnungslosen Situation. Da sie an dem Punkt angelangt sind, an dem sie kein Ende dieser Lage erkennen können, fassen sie den irreversiblen Beschluss zu flüchten, sie werden auf den Weg ins Exil gezwungen." Unter den etwa 350 Menschen, die Anfang Oktober vor Lampedusa starben, waren zahlreiche Eritreer. Auch viele andere eritreische Flüchtlinge sind in den letzten Jahren bei dem Versuch ums Leben gekommen, Europa oder den Mittleren Osten zu erreichen.

Nach Berechnungen der UN-Flüchtlingsorganisation UNHCR sind im letzten Jahr 305.723 Menschen aus Eritrea geflüchtet, und dieser Flüchtlingsstrom hält an. Dass darunter viele unbegleitete Kinder sind, macht das Ausmaß der Verzweiflung in dem Land am Horn von Afrika deutlich. Sheila B. Keetharuth berichtete vor dem UN-Ausschuss: "Trotz der staatlichen Politik von Todesschüssen auf jene, die zu fliehen versuchen, sind Tausende eritreischer Bürginnen und Bürger im letzten Jahrzehnt geflüchtet." Sie erwähnte unter anderem diese Menschenrechtsverletzungen: willkürliche Hinrichtungen, Isolationshaft, Folter, unmenschliche Haftbedingungen sowie fehlende Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Sie berichtete: "Lange Zeiträume der Isolationshaft erscheinen eher als Norm, denn als Ausnahme."

ALTERNATIVEN ZUR FLUCHT UND FÜR FLÜCHTLINGE

Die Menschenrechtsexpertin fügte angesichts der Toten von Lampedusa hinzu: "Nur wenn die Menschenrechtssituation vor Ort sich verbessert, werden Menschen nicht länger das Risiko auf sich nehmen, solche gefahrvollen Reisen zu unternehmen." Sheila B. Keetharuth setzt sich dafür ein, dass die internationale Gemeinschaft Migrationsmöglichkeiten aus Eritrea schafft und die regionale Zusammenarbeit im Kampf gegen Menschenschmuggel und Menschenhandel verstärkt wird, wobei gleichzeitig deren Opfer human behandelt werden müssen.

Die UN-Sonderbeauftragte forderte in ihrem Bericht die eritreische Regierung auf, mit ihr zusammenzuarbeiten und einen offenen Dialog zu führen, damit die Menschenrechte für alle Eritreer verwirklicht werden könnten. Bisher durfte sie das Land nicht besuchen.

Flüchtlinge, die es geschafft haben, Europa zu erreichen, werden von eritreischen Botschaften und Konsulaten genötigt, eine "Aufbausteuer" für das Land zu zahlen, vor dessen Regime sie geflohen sind. Mehr Informationen zur Menschenrechtssituation in Eritrea und zur Situation der Exil-Eritreer finden sie in dem Porträt von Dr. Tadios Tesfu auf epo.de.

TERRE DES HOMMES APPELLIERT AN KOALITIONSUNTERHÄNDLER UND EU

Das internationale Kinderhilfswerk terre des hommes appellierte am Freitag an die Unterhändler der Koalitionsverhandlungen und die EU-Regierungschefs, eine grundlegende Wende in der Asyl- und Flüchtlingspolitik auf deutscher und europäischer Ebene einzuleiten. "Damit das Sterben an den Außengrenzen Europas aufhört, brauchen wir eine Politik, die sich an der Genfer Flüchtlingskonvention und der UN-Kinderrechtskonvention orientiert", sagte Barbara Küppers, Kinderrechtsexpertin von terre des hommes.

An die EU-Regierungschefs richtete terre des hommes die dringende Aufforderung, legale und sichere Zugänge für Schutzsuchende zu schaffen. Die meisten Zufluchtsuchenden kämen zurzeit aus afrikanischen Krisengebieten und aus Syrien. Darüber hinaus müsse das Asylzuständigkeitssystem, das auf der sogenannten Dublin-Verordnung beruht, geändert werden, um die südeuropäischen Erstaufnahmestaaten zu entlasten und eine gerechtere Verteilung der Flüchtlinge in den EU-Mitgliedsstaaten zu ermöglichen.
 
Von der neuen Bundesregierung erwartet terre des hommes die Beseitigung der weiterhin bestehenden Hürden für Flüchtlingskinder, die in Deutschland Asyl suchen oder geduldet werden. "Die neue Bundesregierung muss die Bestimmungen der UN-Kinderrechtskonvention umsetzen und dafür sorgen, dass Flüchtlingskinder nicht länger in Gemeinschaftsunterkünften mit Erwachsenen untergebracht oder in Abschiebehaft genommen werden können", so Barbara Küppers. "Wir erwarten außerdem, dass die medizinische und psychosoziale Versorgung dieser besonders schutzbedürftigen Kinder nicht länger durch das Asylbewerberleistungsgesetz eingeschränkt wird."
 
terre des hommes unterstützt neben der Hilfe für Flüchtlingskinder in Deutschland über seine italienische Schwesterorganisation ein Hilfsprojekt für Flüchtlinge in Lampedusa. Dort werden im Auffanglager Kinder psychologisch und ärztlich betreut. "Die Kinder dort sind völlig verängstigt und finden kaum Worte für das, was geschehen ist", so die terre des hommes-Psychologin Lilian Pizzi. "Wir arbeiten im Lager selbst, wo wir die Kinder betreuen, ihnen zuhören und sie in einem geschützten Umfeld spielen und malen können."

Foto © UNO
WikiPedia: Eritrea

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