Trockenes Flussbett in BeninIn den letzten Jahren haben Aktienfonds ein neues, attraktiv erscheinendes Objekt der Begierde entdeckt: Unternehmen, die ihr Geld mit Wasser verdienen. Auch Fonds, die ökologische und soziale Ansprüche erfüllen wollen, gehen gern auf Aktien aus diesem Bereich zu. Das Spektrum reicht von Konzernen wie Nestl?, die einen erheblichen Teil ihrer Gewinne mit dem Verkauf von Flaschenwasser erzielen, über Konzerne wie RWE, die sich an der Privatisierung von kommunalen Wasserversorgungssystemen beteiligen, bis hin zu einer ganzen Reihe von Unternehmen, die Wassertechnik verkaufen. Wasser - ein Thema, bei dem ökologisch und sozial verantwortungsbewusste Menschen zugreifen und ihr Geld anlegen sollten?

Misstrauisch kann werden, wer Artikel liest, in denen zur Anlage in Wasseraktien aufgefordert wird. Dafür ein Beispiel aus der jüngeren Zeit. "Focus Money" warb in der Ausgabe vom 20. April 2005 auf dem Titel: "Megatrend Wasser-Aktien: Knappes Gut - riesige Nachfrage". Der Artikel selbst verheißt: "Profit mit dem Nass". Wie in vielen ähnlichen Artikeln wird der Wassermangel großer Teile der Weltbevölkerung dargestellt, der sich in den kommenden Jahrzehnten noch vergrößern kann. Das könnte Anlass sein, Entwicklungsorganisationen zu unterstützen, die Projekte wirtschaftlich armer Menschen unterstützen, um den Wassermangel zu beheben.

Der drohende Wasserstress auch in wohlhabenden Ländern könnte ein Anlass sein, über Wassersparmaßnahmen nachzudenken. Aber "Focus Money" hat einen anderen Fokus: Wo ein großer Mangel herrscht, dort gibt es einen großen Markt. "Das riesige Potenzial des Marktes lockt Unternehmen an, die an der weiteren Verknappung der Vorkommen verdienen." Fonds, die von diesen Geschäften profitieren wollen, werden als "lukrative Produkte" vorgestellt. Dass in dem Artikel der französische Wasserkonzern Veolia noch mit seinem vor Jahren abgelegten Namen Vivendi vorgestellt wird, lässt allerdings Zweifel aufkommen, wie profund das Wissen der Redaktion ist, aber "Focus Money" steht ja mit der sehr positiven Darstellung der Gewinnmöglichkeiten im Wassergeschäft nicht allein.

Zu denen, die den Trend schon früh propagierten, gehörte ausgerechnet die alternative "tageszeitung". Ein Beitrag vom 19.11.2001, der auch nach Jahren nichts von seiner Peinlichkeit verloren hat, trägt die Überschrift "Wasserfonds marsch!" Völlig kritiklos wird ein sehr umstrittenes Gutachten des Bundeswirtschaftsministeriums kurz referiert, in dem eine Privatisierung der deutschen Wasserversorgung propagiert wird. Darin wird die Dynamik eines Monopoly-Spiels im internationalen Wassergeschäft so teilnahmslos dargestellt, als ginge es um die Baseball-Ergebnisse in Neuseeland und nicht um die Versorgung von Milliarden Menschen mit dem Lebens-Mittel Wasser.

Wasserkraftwerk Laufenburg, S?dbaden/Schweiz
Wasserkraftwerk Laufenburg, Südbaden/Schweiz [Foto ? Energiedienst AG]

Anschließend wird die Wasserknappheit erwähnt und es heißt dann: "Dass Wasser auch für Investoren ein spannender Markt ist, belegt die steigende Zahl der Fondsprodukte mit dem Anlageschwerpunkt Wasserbranche." Diese Fonds werden anschließend vorgestellt, ohne dass auch nur ein einziger kritischer Satz des Autors fällt, wenn es zum Beispiel um Aktien des französischen Suez-Konzerns oder RWE geht, die schon damals wegen ihrer Wasser-Aktivitäten im Süden der Welt in der Kritik standen, einmal abgesehen davon, dass man mit RWE-Vorzugsaktien auch gleich von den Atomstrom-Geschäften dieses Konzerns mitprofitiert. Am Ende des TAZ-Artikels werden dann Angaben zu den vorgestellten Wasser-Fonds samt deren Websites aufgelistet, als gelte es, die Leserinnen und Leser zu motivieren, gleich in Wasser-Anteile zu investieren.

Hier noch einige weitere Beispiele für die Propagierung von Investitionen in Wasser-Aktien. Das "Handelsblatt" kündigte am 19. Juni 2002 in der Rubrik "Investor + Geldanlage" in einer Überschrift an: "Wasser wird das Öl des 21. Jahrhunderts". Der Beitrag beginnt mit den Sätzen: "Privaten Wasseranbietern winken riesige Wachstumschancen. Der Trend zur Privatisierung, die weltweit steigende Nachfrage nach Wasser und ein hoher Investitionsbedarf in veraltete Infrastruktur versprechen hohe Wachstumsaussichten. Anleger können daran mit Wasserfonds und -zertifikaten partizipieren."

Trockenes Flussbett in Benin. Foto: Universit?t Bonn
Trockenes Flussbett in Benin [Foto ? Universität Bonn]

In der "Süddeutschen Zeitung" war am 21.9.2000 zu lesen: "Börsen-Analysten halten den Wassermarkt längerfristig sogar für interessanter als den Energie-Bereich. Der Grund: Öl wird man irgendwann ersetzen können, Wasser nie. Und: Menschen brauchen Wasser, um zu überleben, der Bedarf nimmt weltweit zu." Die "Frankfurter Rundschau" titelte am 2.8.2001: "Wasser - auch ein Riesengeschäft". Im Artikel wird erläutert: "Der Markt rund um das kühle Nass gilt als größter in der Umweltbranche ...". Und die "Financial Times Deutschland" diagnostizierte am 1.10.2001: "Wasser wird für Anleger immer kostbarer".

Es ist in diesem Beitrag nicht möglich, auf die Auswirkungen der Privatisierung der Wasserversorgung in Deutschland, aber auch in anderen Teilen der Welt einzugehen. Dazu gibt es ausführliche Informationen auf der Website "Wasser und Mehr" und in "Das Wasser-Buch". Wer in die Aktien solcher Unternehmen investiert, sollte sich vorab überlegen, auf welcher Seite er oder sie im Konfliktfall steht, wenn wieder einmal Menschen gegen die Ergebnisse der Wasserprivatisierung in ihrer Stadt in Afrika oder Lateinamerika, Asien oder Europa protestieren oder diese Privatisierung verhindern wollen.

In vielen Fonds sind privatisierte britische Wasser-Unternehmen prominent vertreten. Dabei wird geflissentlich übersehen, dass die Grundlage ihrer lukrativen Gewinne durch die Thatcher-Privatisierungspolitik gelegt wurde. Die Privatisierung der Wasserversorgung von England und Wales im Jahre 1989 sollte unbedingt zu einem Erfolg werden - und wurde es auch, allerdings nur für die Anteilseigner, die riesige Gewinne machten, während die Wasserpreise für die Kundinnen und Kunden stark anstiegen und die Leistungen der Versorger miserabel waren.

Wer heute neoliberale Konzepte kritisiert, muss sich genau überlegen, ob er oder sie gleichzeitig von den Ergebnissen der Thatcherschen Politik profitieren will. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass verschiedene dieser zehn privaten Wasserkonzerne an umstrittenen Privatisierungsprojekten im Süden der Welt beteiligt sind, die von der Weltbank erzwungen wurden. Und schließlich muss sehr kritisch analysiert werden, wie sich die heutigen Aktivitäten dieser Unternehmen auf die Verbraucherinnen und Verbraucher in England und Wales auswirken, von hohen Preisen bis zu allenfalls eingeschränkt positiven Umweltschutzleistungen.

Im Wirtschaftsdienst vwd wurde in einem Bericht vom 30.9.2005 Karl Heinz Brendgen, Geschäftsführer der Investmentgesellschaft Ökoworld Lux, so zitiert: "Wasserunternehmen gelten für mich nicht grundsätzlich als nachhaltig. Nachdem in Afrika und Lateinamerika die Wasserfirmen privatisiert wurden, verlangten sie für gutes Wasser saftige Preise. Das Geld dafür hat aber dort nicht jeder. Dieser ganze Ansatz widerspricht meiner Auffassung von nachhaltigem Geschäftsgebaren."

Deutliche Kritik an einer positiven Einordnung von Wasser-Aktien wurde auch im "Stern" 50/2004 geübt. Der Beitrag trägt die Überschrift "Wie man Wasser teurer und schlechter macht". Im Beitrag werden die negativen Auswirkungen der Privatisierungspolitik dargestellt und es wird betont: "Dieses Investment ist auch eine Gewissensfrage: Die Privatisierung der Wasserversorgung bringt Profit für Aktionäre - aber steigende Preise für alle".

Wer die Illusion haben sollte, mit seinem Investment in Wasser-Aktien auch etwas für eine bessere Versorgung der Armen zu tun, den belehrte die "Zeit" bereits in der Ausgabe 11/2003 in einem Beitrag zum Thema "Die H2O-Geschäfte" mit der Feststellung: "Wer am ärgsten unter Wasserstress leidet, hat vom freien Wassermarkt übrigens am wenigsten zu erwarten. Das Gros jener 1,1 Milliarden Menschen ohne Wasser lebt in den Dörfern der Entwicklungsländer. An deren Versorgung aber ist das H2O-Business gar nicht interessiert."

Kurz hinzugefügt werden soll hier: Auch bei Anlagen in Wasserkraftwerke oder in Unternehmen, die Anlagen für die Wasseraufbereitung bauen, wäre es naiv, schon deshalb positiv eingestimmt zu sein, weil es um etwas so Wertvolles wie Wasser geht.

Also ab mit dem Geld in den Sparstrumpf? Wie schwierig, aber doch auch möglich sozial verantwortliche Geldanlagen sind, hat Antje Schneeweiss kürzlich in der Broschüre "Investitionen in die menschliche Entwicklung" dargestellt, die von "Südwind - Institut für Ökonomie und Ökumene" herausgegeben wurde und dort heruntergeladen werden kann (Pressemitteilung vom 11.5.2005).

Wer in Wasser-Aktien investieren und dabei mit gutem Gewissen eine hohe Rendite erzielen will, muss sich besonders gründlich informieren. Gewinn und Gewissen lassen sich gerade beim Wasser schwer in Einklang bringen.

Frank Kürschner-Pelkmann befasst sich als freier Journalist intensiv mit Wasserthemen und betreut die Website www.wasser-und-mehr.de. Er lebt und arbeitet in Hamburg.

Wasser und Mehr