Berlin. - Jeden Tag werden weltweit Frauen belästigt, geschlagen oder vergewaltigt. In Europa wurde jede dritte Frau über 15 Jahren schon Opfer sexualisierter Gewalt. Deshalb begrüßt Amnesty die "Europäische Konvention zur Verhinderung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt", kurz Istanbul-Konvention, die am 1. August 2014 in Kraft getreten ist. Der Europarat hat die Konvention schon 2011 verabschiedet und Europa damit zum Vorreiter im Kampf gegen Gewalt an Frauen gemacht. Amnesty fordert Deutschland auf, das Abkommen schnell zu ratifizieren.
"Die Istanbul-Konvention ist ein Meilenstein im Kampf gegen geschlechtsspezifische Gewalt. Es ist ein wichtiger Schritt, dass die Bundesregierung das Abkommen unterzeichnet hat. Jetzt muss es der Bundestag schnell ratifizieren, damit es verbindlich gilt. Dazu muss die Bundesregierung umgehend die Voraussetzungen schaffen", sagt Selmin Çalışkan, Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland. "Wir warten schon zu lange darauf, dass Deutschland beim Schutz von Frauen die internationalen Standards in Deutschland Gesetz werden lässt."
Derzeit prüft die Bundesregierung, ob für eine Ratifikation der Paragraph 177 des Strafgesetzbuches, der Vergewaltigung und sexuelle Nötigung regelt, reformiert werden muss. In der Realität wird der Großteil der Anklagen wegen Vergewaltigung in Deutschland fallengelassen, häufig weil die Anforderungen, die Paragraph 177 stellt, nicht erfüllt werden.
"Wir begrüßen, dass auch Justizminister Maas den Handlungsbedarf erkannt hat und Paragraph 177 reformieren will. Die Reform ist ein wichtiger Schritt zum Schutz der Frauen in Deutschland. Endlich wird die Realität vieler Frauen wahrgenommen, dass Täter auch gegen das Einverständnis der Frauen handeln und systematisch nicht dafür bestraft werden. Eine Reform des Paragraphen in Deutschland kann auch ein Signal für andere Länder sein, selbst die Gesetze gegen Vergewaltigung zu verbessern", so Çalışkan.
Gewalt gegen Frauen ist traurige Realität überall auf der Welt. 150 Millionen Mädchen unter 18 Jahren waren schon Opfer sexualisierter Gewalt. In vielen Ländern verhindern Gesetze und mangelnde Aufklärung, dass Frauen frei über ihren Körper entscheiden können. Jedes Jahr gebären 14 Millionen heranwachsende Mädchen Kinder, oft als Folge von gewaltsam erzwungenem Sex und ungewollter Schwangerschaft.
In El Salvador gilt beispielsweise ein absolutes Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen, selbst wenn die Schwangerschaft aus einer Vergewaltigung resultiert oder die Frauen in Lebensgefahr bringt. Das Gesetz sieht langjährige Haftstrafen für die Frauen vor, die trotzdem einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen. In Algerien und Tunesien entgehen Vergewaltiger einer Strafe, wenn sie ihr Opfer heiraten. Auch hier werden Frauen nicht vor Gewalt geschützt. Deshalb hat Amnesty International dieses Jahr die globale Kampagne "My Body, My Rights" gestartet.
"In vielen Ländern haben Frauen, die ungewollt schwanger werden die Wahl zwischen Gefängnis und schweren körperlichen Schäden oder Tod. Das können wir nicht hinnehmen. Frauen müssen frei über ihren Körper bestimmen können, vor Gewalt geschützt werden und selber ihre Rechte einfordern können" fordert Çalışkan, "Der Kampf gegen geschlechtsspezifische Gewalt muss wieder ganz oben auf die internationale Agenda."
Medienmitteilung
Quelle: www.amnesty.de