Göttingen. - Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat zum Ende des Jahres 2014 mehr Hilfe für die Opfer des Bürgerkriegs in Libyen gefordert. "Libyen versinkt im Chaos, die Lage der Zivilbevölkerung hat sich dramatisch verschlechtert, doch die Welt schaut weg", sagte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Montag in Göttingen. Trotz eines dringenden Hilferufs von UN-Organisationen im September 2014 wurden bislang nur zehn Prozent der für die Versorgung der 400.000 Flüchtlinge erforderlichen 35 Millionen US-Dollar zu Verfügung gestellt.
Auch die Lage der Menschenrechte hat sich in Libyen im Jahr 2014 katastrophal verschlechtert. Entführungen, Hinrichtungen, Enthauptungen, Erschießungen, die Bedrohung von Journalisten, Angriffe auf Menschenrechtler, Folter in Geheimgefängnissen und der Einsatz von Kindersoldaten haben massiv zugenommen. Mehr als 2.000 Menschen sind politisch motivierter Gewalt zum Opfer gefallen. Erst Weihnachten wurde die Leiche einer im Dezember entführten 18 Jahre alten christlichen Koptin gefunden. Sie war wenige Tage zuvor in Sirte mutmaßlich von Islamisten entführt worden. Die Entführer haben auch ihre Eltern, den ägyptischen Arzt Magdi Sobhi Toufik und seine Ehefrau, getötet. Im Februar 2014 waren bereits neun Kopten von Islamisten ermordet worden.
In der Stadt Misrata werden von Milizen noch immer rund 6.000 Personen in Geheimgefängnissen festgehalten und gefoltert. Viele der Gefangenen stammen aus der Nachbarstadt Tawergha. Diese dunkelhäutigen Libyer werden nur aufgrund ihrer Abstammung als vermeintliche Unterstützer des gestürzten Diktators Gaddafi verfolgt. Für die rund 40.000 aus Tawergha vertriebenen dunkelhäutigen Bewohner gibt es noch immer keine Lösung. Milizen hindern sie daran, in ihre Stadt zurückzukehren. 2.500 der Vertriebenen, die in der Stadt Benghazi Aufnahme gefunden hatten, wurden auch dort wieder verjagt.
Unter den 400.000 Binnenflüchtlingen Libyens sind auch mehrere zehntausend Berber und Tuareg. So mussten im Herbst 2014 aufgrund von Kämpfen zwischen Milizen mehr als 15.000 Berber aus den im Westen des Landes gelegenen Nafusa-Bergen fliehen. Auch die anhaltenden Auseinandersetzungen zwischen Milizen der Volksgruppen der Tuareg und Toubou im Süden des Landes blieben in Europa fast unbeachtet. So flohen aus der Stadt Obari rund 16.000 Tuareg, nachdem Kämpfe zwischen Tuareg und Toubou um die Kontrolle von Ölfeldern und Handelsrouten eskalierten.
Medienmitteilung
Quelle: www.gfbv.de