Ureinwohner im brasilianischen Amazonas-Bundesstaat Para. Foto: Klaus Boldt

Washington. - Rechtzeitig zur Jahrestagung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank, die am Freitag beginnt, haben NGOs und Medien weltweit auf das skandalöse Ausmaß von Zwangsumsiedlungen bei Weltbankprojekten hingewiesen. Laut einem internationalen Recherche-Netzwerk sind von 2004 bis 2013 in insgesamt 972 Weltbank-Projekten rund 3,4 Millionen Menschen zu Opfern von Zwangsumsiedlungen, Vertreibungen, Repressionen oder der Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen geworden.

Der Druck auf die Weltbank nimmt dank des Investigativ-Netzwerks ICIJ (International Consortium of Investigative Journalists) mehr und mehr zu: Kurz vor der Verabschiedung neuer Umwelt- und Sozialstandards der Bank, die eigentlich den Armen helfen soll, wird deutlich, wie sehr Bankprojekte die Interessen von Investoren und Regierungen über das Wohl von Kleinbauern, kleinen Unternehmern, indigenen Bevölkerungsgruppen und Bürgern setzen. Weltbank-Präsident Jim Yong Kim hat die Fehler selbst eingeräumt

In den Berichten werden dafür diverse Beispiele genannt, zu denen auch die Umwelt- und Menschenrechtsorganisation urgewald intensiv recherchiert hat. "Sie zeigen leider nur die Spitze des Eisbergs", sagt deren Gründerin und Expertin für Umwelt und internationale Finanzinstitutionen, Korinna Horta. Denn dahinter stecke ein grundsätzlich falscher Umgang mit fundamentalen Standards wie Menschenrechte und Umweltschutz.

Damit verbunden sei ein gravierendes Kontrollproblem der Weltbank in Bezug auf die eigenen Standards: "Bei dem Privatsektorarm IFC weiß nicht einmal das Management, in welche Projekte Geld fließt, das sie über Finanzdienstleister, so genannte Financial Intermediaries, ausschütten", sagt Knud Vöcking, langjähriger Experte zur Weltbank bei urgewald. In über 90 Prozent der Investitionen in Private Equity Fonds oder Privatbanken gibt es keine Information über die Unterprojekte. Die Betroffenen wissen nicht, dass ihre Lebensgrundlagen durch öffentliches Geld zerstört werden. Dies ergab ein Report, den urgewald vor kurzem zusammen mit der Entwicklungsorganisation Oxfam herausgegeben hat.

Daraus schließt urgewald: Die Kontrolle durch die Mitgliedsstaaten muss verstärkt werden. Sowohl der Bundestag als auch das zuständige Entwicklungsministerium (BMZ) selbst muss sich stärker darum kümmern, was mit deutscher Zustimmung passiert. "Dazu braucht es vor allem politischen Willen. Sonst bleiben die im Kern guten deutschen Positionen zu den Standards nur Makulatur und Deutschland macht sich zum Komplizen von Menschenrechtsverletzungen", warnt Vöcking.

In Richtung der Weltbank sagt Horta: "Wenn die Weltbank ihr Ziel absolute Armut zu verringern ernst nehmen will, muss sie ihr Vorgehen grundlegend ändern. Zu allererst muss sie von den Bedürfnissen und Prioritäten der betroffenen Bevölkerungsgruppen ausgehen."

Die Aktionspläne, die die Weltbank als Antwort auf die Probleme mit der Zwangsumsiedlung erarbeitet hat, sind aus Sicht der beiden Experten unzureichend. "Sie befassen sich nicht damit, die Millionen von Betroffenen zu identifizieren und ihnen Wiedergutmachung für den Verlust der Lebensgrundlagen sicher zu stellen", so Horta.

=> Wichtigste Themen auf der Weltbank-Frühjahrstagung: urgewald.org/sites/default/files/wb-fruehjahrstagung_-_medien-briefing.pdf 
=> Aktuelle Studie zur Rolle von Finanzintermediären bei IFC-Geschäften: urgewald.org/presse/milliarden-investitionen-weltbanktochter
=> Hintergrundinformationen zur Weltbank auf der urgewald-Homepage: urgewald.org/node/360
=> Rechercheergebnisse des Journalistenkonsortiums ICIJ: icij.org/project/world-bank

Quelle: urgewald.de 


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