Mexiko-Stadt. - Eine Delegation von Menschenrechtsaktivisten aus Mexiko hat eine knapp vierwöchige Europareise angetreten, um über den Kampf der Eltern von Studenten zu informieren, die im vergangenen September verschwunden sind. Es geht bei der Reise auch darum, den internationalen Druck auf die mexikanische Regierung aufrechtzuerhalten. Der Vater eines der verschwundenen Studenten, Eleucadio Ortega, der Kommilitone Omar García und Rechtsanwalt Román Hernández Rivas vom mexikanischen Menschenrechtszentrum Tlachinollan sind am vergangenen Freitag in Norwegen angekommen. In den kommenden vier Wochen werden sie 13 europäische Staaten besuchen.
Die Gruppe wird sich mit studentischen Vereinigungen, sozialen Organisationen und Gewerkschaften treffen, um über die Ereignisse vom vergangenen September zu diskutieren. Damals wurden 43 Studenten während einer Demonstration im Ort Iguala im Süden Mexikos von der Polizei verhaftet, an das Drogenkartell Guerreros Unidos übergeben und mutmaßlich ermordet. Der Bürgermeister Igualas und dessen Frau gaben angeblich den Auftrag zur Entführung und Ermordung. Nach dem Verbrechen tauchten sie zunächst ab.
Zerfallende staatliche Strukturen, eine enge Verflechtung zwischen Politik, Polizei und Drogenkartellen sowie das Verschwinden von Menschen sind in Mexiko schon lange Alltag geworden. Internationale Medien berichten über die Gewalt nur noch selten. Die Entführung und Ermordung der Studenten schlug jedoch international hohe Wellen.
Seit nun sieben Monaten kämpfen Angehörige der Studenten und Menschenrechtsaktivisten mit Demonstrationen, Zusammenkünften vor mexikanischen Botschaften und Konsulaten sowie Vorträgen an Universitäten für die vollständige Aufklärung und eine gerechte Bestrafung der Verantwortlichen sowie Wiedergutmachung für die Hinterbliebenen. Sie fordern außerdem Ermittlungen zur Beteiligung des Militärs an dem Verbrechen. Ziel der Reise ist es auch, auf diesen Kampf hinzuweisen und die europäische Zivilgesellschaft um Hilfe zu bitten, um die eigene Menschenrechtsarbeit verstärken zu können. Omar García, Teilnehmer der Reise und Mitglied des studentischen Komitees Ayotzinapa, bedankte sich für die bisherige Unterstützung und betonte, "dass es wichtig ist, uns auch weiterhin zu organisieren, um dieses System von Macht und Korruption zu verändern. Wir müssen das gemeinsam machen, koordiniert und organisiert aus unserer Heimat heraus, denn so, wie die Mächtigen ihren Raubzug globalisiert haben, so haben wir die Pflicht, den Widerstand zu globalisieren."
Die Aktivisten fordern zudem, die internationale Beobachtung fortzusetzen, Druck auf die Regierung auszuüben und die schwere Menschenrechtskrise in Mexiko nicht aus den Augen zu verlieren. Sie verweisen auf die internationale Verantwortung, die Europa bezüglich mexikanischer Menschenrechtsverletzungen hat. Mexiko und viele europäische Staaten arbeiten sicherheitspolitisch und wirtschaftlich eng zusammen. Exemplarisch seien hier deutsche Waffenexporte zu nennen. Zwar dürfen in bestimmten Bundesstaaten Mexikos keine Waffen verkauft werden, in der Realität finden sie ihren Weg aber überallhin – so auch nach Iguala, wo Waffen des deutschen Rüstungsunternehmens Heckler & Koch beim Verschwindenlassen der 43 Studenten zum Einsatz kamen.
(Dieser Artikel ist zuerst auf amerika21.de erschienen. Er wird im Rahmen einer Content-Partnerschaft auf epo.de publiziert.)