Berlin. - Mit einer 14-prozentigen Spendensteigerung verzeichnet die sozialmedizinische Hilfs- und Menschenrechtsorganisation medico international für das Jahr 2014 ein Rekordergebnis. "Kein Grund zur Freude", so Geschäftsführer Thomas Gebauer von medico international am Mittwoch in Berlin. Denn dieses Ergebnis sei Ausdruck krisenhafter Entwicklungen, die immer dramatischere Ausmaße annehmen. Mit der Ebola–Epidemie, dem Gaza-Konflikt und dem Krieg in Syrien mit mittlerweile zwölf Millionen Flüchtlingen verwies er auf drei Krisen, bei denen medico lokale Partner unterstützt.
Die Selbsthilfe und Zivilgesellschaft vor Ort zu stärken, so Gebauer, sei wesentliche Aufgabe von Hilfsorganisationen wie medico, aber dies könne nicht die Politik ersetzen. "Hilfe ist nicht sinnlos. Aber der Glaube, dass die Hilfe Krisen lösen kann, ist ein fataler Irrtum", so der medico-Geschäftsführer.
Das Ende der Ebola-Epidemie zu verkünden, sei ein Beweis für ein Politikversagen, das immer wieder neue Krisen hervorrufe. "Die Ebola-Epidemie ist erst vorbei, wenn es der internationalen Politik und der Weltgesundheitsorganisation gelingt, Liberia und Sierra Leone darin zu unterstützen nachhaltige Gesundheitssysteme aufzubauen." Das sei eine Frage der globalen Umverteilung. In diesem Zusammenhang begrüßte Gebauer die Ankündigung der Bundesregierung, die Zuwendungen an die WHO um 5 Prozent zu erhöhen, als "Schritt in die richtige Richtung."
"Den Opfern des Syrienkonflikts muss man helfen", so Martin Glasenapp, der Nahost-Referent von medico international, "aber wenn es keine politische Lösung gibt, dann verlängert die Hilfe den Krieg."
Der UN-Beschluss zur "Cross-Border-Hilfe" müsse auch durchgesetzt werden, so Glasenapp, der mehrfach im kurdisch-syrischen Kobane war. Bundesdeutsche Politik müsse auf den Nato-Partner Türkei deutlich Druck ausüben, dass die Grenzen für Hilfe dort geöffnet würden, wo Menschen wieder - wie in Teilen der kurdischen Gebiete - in ihre Heimat zurückkehren könnten. Er warnte vor einem Wettrennen der Hilfsorganisationen dort, wo Hilfe möglich sei. "Unsere Aufgabe ist, lokale Partner und vorhandene legitime Institutionen so zu unterstützen, dass sie die Wiederaufbauhilfe steuern." medico international gehört zu den wenigen Hilfsorganisationen, die im syrisch-kurdischen Kobane tätig sind und medizinische Hilfe leisten.
Glasenapp verwies darauf, dass die positive Entwicklung in der kurdischen Enklave nicht darüber hinweg täuschen dürfte, unter welch extremen Bedingungen die Menschen in anderen Teilen Syriens überlebten. Bedrängt vom IS oder den Bombenangriffen der Assad-Militärs sei es immer schwerer, unabhängige lokale Partner zu unterstützen. Die Hilfe, die medico für die Aufrechterhaltung des Schulbetriebs in der umkämpften Stadt Erbin nahe Damaskus leiste, sei ein Symbol für eine nach wie vor vorhandene syrische Zivilgesellschaft, die eine friedliche und demokratische Zukunft anstrebe. Aber für die meisten Menschen gebe es nur die Wirklichkeit des Krieges und der Flucht.
Quelle: medico.de