Berlin. - Wenige Tage nach dem G7-Gipfel setzt die Bundesregierung ihre Glaubwürdigkeit beim Klimaschutz aufs Spiel. Nachdem einige Umweltorganisationen die Ergebnisse des G7-Gipfels als ein "welweit beachtetes Signal für die Dekarbonisierung der Weltwirtschaft" gefeiert haben, kritisierten sie am Mittwoch, dass die Bundesregierung vor den notwendigen Taten zu Hause zurückschreckt. Die Initiative Transform hat von Kanzlerin Merkel ein klares Bekenntnis zur Klimaabgabe für die schmutzigsten Kohlekraftwerke gefordert.

Bereits am Dienstag hat Anton Hofreiter, Fraktionsvorsitzender der Grünen darauf hingewiesen, dass in der deutschen Klimapolitik Worte und Taten bisher überhaupt nicht zueinander passten. Die Politik zu Autoindustrie, Kohle und Fracking stehe im deutlichen Widerspruch zu den Dekarbonisierungs-zielen.

"Wo Klimakanzlerin drauf steht, muss auch Klimakanzlerin drin sein. Vor den Kohleunternehmen jetzt einzuknicken beschädigt die Glaubwürdigkeit der Kanzlerin national wie international massiv. Das sogenannte Alternativmodell zur Klimaabgabe sind größtenteils teure Luftbuchungen, die darauf hinauslaufen, dass die Bundesregierung RWE & Co Geld schenkt und der Bürger zahlt. Die Klimaabgabe jetzt zu kippen verzögert den Umbau in den Revieren und ist damit auch eine sehr schlechte Nachricht für die Menschen vor Ort", so Eberhard Brandes, von der Umweltstiftung WWF.

Bernd Bornhorst von MISEREOR sagte: "Der Klimawandel erlaubt keine schmutzigen Deals. Die ärmsten und vom Klimawandel am stärksten betroffenen Menschen erwarten von Deutschland Taten statt Worte. Ein Einknicken vor den fossilen Interessen hätte fatale Folgen für die Klimaverhandlungen in Paris."

Hubert Weiger, Vorsitzender des BUND: "Der Versuch über Stückwerk in anderen Bereichen die riesige Klimaschutzlücke zu schließen, wird kaum gelingen. Maßnahmen müssten neu und zusätzlich sein, sonst kannibalisiert die Regierung ihr eigenes Klima-Aktionsprogramm und das Minderungsziel wird zur Makulatur. Die Regierung darf sich um den Kohle-Ausstieg nicht drücken, sonst riskiert sie ihre Klimaziele und den geordneten Übergang in den Kohlerevieren. Wird der Strukturwandel jetzt verschleppt, sind Brüche nach 2020 viel eher zu befürchten."

"Die Entscheidung über einen Klimabeitrag für die dreckigsten und ältesten Kraftwerke ist der Lackmustest für Deutschlands Glaubwürdigkeit im Klimaschutz", sagte Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch. "Der Gegenvorschlag von Kraftwerksbetreibern und Gewerkschaften reicht nicht aus, um das Klimaziel zu retten. Er ist teurer. Und die Bürger zahlen die Zeche. Jetzt kann sich die Bundeskanzlerin nicht mehr um eine Entscheidung drücken. Es geht um Klima oder Kohle."

Tobias Austrup, Klimaexperte von Greenpeace: "Merkel scheint sich in den Niederungen der deutschen Politik schnell von ihrem G7-Klimaversprechen zu verabschieden. Scheitert die Klimaabgabe, hat die Kanzlerin zwar vollmundig über Klimaschutz gesprochen, ihn aber nicht einmal im eigenen Land umgesetzt. Die Bundesregierung darf sich nicht von einer Splittergewerkschaft wie der IG BCE und kriselnden Energiekonzernen die Politik diktieren lassen. Merkels Schweigen in der Kohlefrage ist die Säge am Elmau-Versprechen."

Sabine Minninger, Klimaexpertin bei Brot für die Welt fügte hinzu: "Die wichtige G7-Initiative zu Klimarisikoversicherungen für die Ärmsten und verletzlichsten Menschen gegenüber dem Klimawandel wirkt fast zynisch, wenn man offenbar gewillt ist, die Folgen des Problems zu bekämpfen, nicht aber die Ursache."

"Frau Merkel braucht keine 48 Stunden, um sich selbst zu widerlegen" erklärte Anton Hofreiter. "Auf dem G7-Gipfel feiert sie sich als Klimaschützerin, wenige Tage später beerdigt die Bundesregierung die einzige substanzielle nationale Klimaschutzmaßnahme. Nach Elmau wäre es das Mindeste, die x-mal beschlossenen Klimaschutzziele der Bundesregierung endlich mit konkreten Maßnahmen umzusetzen. Mit Frau Merkel und Herrn Gabriel verkommt die Klimapolitik der Bundesregierung endgültig zur peinlichen Shownummer. Auf der Weltbühne von Dekarbonisierung und dem 2-Grad-Ziel schwadronieren und im eigenen Land die Braunkohle unter Denkmalschutz zu stellen, ist bigott."

Quelle: germanwatch.org | gruene.de


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