Freetown. - Mehr als 11.000 Todesopfer hat die verheerende Ebola-Epidemie in den letzten Monaten gefordert und noch immer kommt es in Sierra Leone zu Neuerkrankungen. Nun zeichnet sich eine weitere Herausforderung für das leidgeprüfte Land ab, wie Salesianerbruder Lothar Wagner vom Kinderschutzzentrum Don Bosco Fambul in Freetown berichtet: "Zahlreiche Ebola-Überlebende leiden an Folgekrankheiten bzw. dem so genannten "Post Ebola Syndrom".
Symptome sind angeschwollene Füße, Haarausfall, Schmerzen in der Brust oder extremer Müdigkeit. Am häufigsten treten Sehstörungen bis hin zur Erblindung auf. Immer wieder kommt es auch zu Todesfällen."
WHO-VERSAGEN
"Viele Menschen haben Ebola überlebt und sterben jetzt. Erst kürzlich ist der Vater eines von uns betreuten Kinder aus ungeklärten Gründen verstorben, auch er hatte wie viele Ebola-Überlebende angeschwollene Füße“, so Wagner. Die medizinische Hilfe sei völlig unzureichend, die Weltgesundheitsorganisation (WHO) würde wieder einmal komplett versagen. "Die WHO schafft es nicht, ein Behandlungszentrum aufzubauen, wo Menschen mit Ebola-Folgeerkrankungen Hilfe finden," kritisierte der Salesianerbruder. "Auf dem Papier passiert viel, aber in der Praxis viel zu wenig und auch die Verwendung von Hilfsgeldern erfolgt in vielen Fällen nicht transparent. Ich habe so viele Kinder und Jugendliche sterben sehen, mir fehlt jedes Verständnis dafür, dass diverse NGOs mit Hilfsgeldern teure Fuhrparks kaufen. Das ist einfach nur zum Kotzen!"
MEDIZINISCHE HILFE IN DEUTSCHLAND
Mit Unterstützung der österreichischen Hilfsorganisation Jugend Eine Welt haben Wagner und das Kinderschutzzentrum Don Bosco Fambul in den letzten Monaten Hunderten Ebola-Waisenkindern Unterkunft gegeben und sie psychologisch betreut. Einer der Schützlinge Wagners ist der vierjährige Ibrahim, der seine Eltern durch Ebola verloren hat. Ibrahim selbst überlebte die Epidemie und ist geheilt, doch vor einiger Zeit traten bei ihm unerklärliche Sehstörungen auf. Da in Sierra Leone keine medizinische Hilfe erreichbar war, brachte Wagner den Kleinen in eine deutsche Augenklinik, wo er derzeit untersucht wird. "Es handelt sich offenbar um eine Verätzung der Hornhaut, die durch die Desinfizierung mit chlorhältigem Spray hervorgerufen wurde. Wie viele kleine Kinder hat Ibrahim die Aufforderung des medizinischen Personals wohl nicht beachtet, bei der Ebola-Desinfektion die Augen zu schließen." In den nächsten Tagen wird Ibrahim in der Uniklinik Erlangen behandelt. Die Hoffnung ist groß, dass er sein Augenlicht behalten wird.
"Wir lassen diese Kinder nicht allein"
Für die meisten Ebola-Waisenkinder, die von Don Bosco Fambul betreut wurden, konnte mittlerweile ein guter Platz in einer Pflegefamilie oder bei Verwandten gefunden werden. 58 Kinder müssen weiterhin intensiv betreut werden – Wagner rechnet mit mindestens zwei weiteren Jahren. "Wir lassen diese Kinder nicht allein. Viele von ihnen haben Furchtbares erlebt, manche haben ihre Eltern und nahe Angehörige sterben sehen. Sie haben keinen Appetit, sind ohne Initiative und starren immer wieder lange verträumt in eine Ecke. Es braucht Zeit und liebevolle, professionelle Begleitung, bis ihre tiefen seelischen Wunden geheilt sind. Ich bin zuversichtlich, dass es uns mit Unterstützung von verlässlichen Projektpartnern wie Jugend Eine Welt möglich sein wird, ihnen solange wie nötig zur Seite zu stehen."
Quelle: jugendeinewelt.at