Berlin. - Ein Bündnis internationaler Nichtregierungsorganisationen, darunter Reporter ohne Grenzen (ROG), hat die Regierung in Burundi dazu aufgefordert, die für kommenden Dienstag (21. Juli) geplante Präsidentschaftswahl zu verschieben. Die insgesamt 17 Organisationen befürchten, dass der Urnengang die politischen Spannungen in dem Land anheizen und zu einer weiteren Destabilisierung der Lage führen könnte.
Zudem seien derzeit so gut wie alle unabhängigen Medien in dem Land geschlossen, so dass die Bürger keinerlei Möglichkeit hätten, sich umfassend über die Wahlen zu informieren, so die NGOs. Dutzende Journalisten seien während der vergangenen Monate bedroht worden. Mindestens 50 von ihnen seien aus Burundi geflüchtet.
"Angesichts der politischen Krise in Burundi und angesichts der von der Regierung erzwungenen Informationsblockade in dem Land muss die Regierung unter Präsident Nkurunziza die geplanten Wahlen auf einen späteren Zeitpunkt verschieben", sagte der Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen, Christian Mihr, in Berlin. Ohne unabhängige Berichterstattung werde jede Wahl zur Farce. Die Regierung müsse den Journalisten die Möglichkeit geben, über die politischen Kandidaten und über die Probleme und Herausforderungen in Burundi auch kritisch berichten zu können.
PRAKTISCH ALLE PRIVATRADIOS GESCHLOSSEN
Im Zuge der seit Monaten währenden politischen Auseinandersetzung wurden ROG zufolge Ende April fast alle Redaktionen unabhängiger Medien geschlossen, etwa Radio Publique Africaine (RPA), der beliebteste Radiosender im Land, Isanganiro und Bonesha FM. Einzig die regierungsnahen Medien wie Radio Rehma oder der Staatssender Radio Nationale Burundaise sind noch auf Sendung. Doch sie wurden unter noch striktere Kontrolle gebracht. Am 4. Juni wurde etwa Radio Nationale Burundaise-Intendant Freddy Nzeyimana entlassen und durch Jouma Leonard Dwayio ersetzt, einen regierungstreuen Grundschullehrer. Radio Nationale Burundaise hatte immer wieder auch Oppositionspolitiker interviewt und ein gewisses Maß an Unabhängigkeit besessen.
In der Hauptstadt Bujumbura hätten unabhängige Journalisten keinen Zugang mehr zum sogenannten Pressehaus, einem mit Radiostudios ausgestatteten Redaktionsgebäude, aus dem einige Sender ihr Programm ausstrahlten, berichtete ROG. Das Pressehaus sei am 27. April geschlossen worden. Seit seiner Wiederöffnung Anfang Juni hätten nur die Mitarbeiter von Radio Rema Zutritt zu den Räumen. Journalisten aller anderen Sender dürften das Gebäude nicht betreten. Auch das von ausländischen Regierungen finanzierte unabhängige Medienprojekt media synergie sei gezwungen worden, seine Arbeit einzustellen. Die in dem Projekt zusammengeschlossenen Radiosender berichteten über zahlreiche Themen, die in den staatlichen Medien weitgehend unbeachtet blieben.
EMPFANG AUSLÄNDISCHER MEDIEN ZWISCHENZEITLICH GESTÖRT
Unabhängige Informationen können die Bürger in Burundi laut ROG derzeit nur noch über ausländische Sender wie Radio France International (RFI) oder BBC World beziehen. Doch auch ihr Empfang sei in dem afrikanischen Land zwischendurch gestört. Die sozialen Netzwerke wie Faceobook, Whatsapp, Viber und Tango seien zwischenzeitlich blockiert worden, etwa Ende April, nachdem es zu den Protesten gegen die Regierung gekommen war.
SCHIKANEN UNABHÄNGIGER JOURNALISTEN
Dutzende unabhängige Journalisten wurden nach den während der vergangenen Wochen massiv bedroht und schikaniert, so ROG. Am 25. Juni sei die Voice of America-Korrespondentin Diane Nininahazwe Opfer eines Granatenschlags geworden, jedoch unverletzt geblieben. Nachdem sie in der Provinz Bubanza im Nordwesten des Landes über Entführungen und Diebstahl berichtet hatte, versuchten Unbekannte, sie einzuschüchtern. "Andere mögen dem Tod entronnen sein, dich werden wir kriegen", lautete eine Nachricht an sie.
Am 23. Juni wurden zwei für ausländische Medien arbeitende Reporter in der Provinz Bubanza von Polizisten bedrängt, nachdem sie versucht hatten, Angehörige von Entführungsopfern zu interviewen. In der Hauptstadt Bujumbura wurden zahlreiche andere Journalisten an Straßensperren davon abgehalten, ein Stadtviertel zu betreten, in dem es regelmäßig zu Unruhen kommt. Als sich einige Medienvertreter dennoch Zugang verschaffen wollten, schossen Polizisten in die Luft. Andere Journalisten bekamen von Polizisten zu hören, es seien noch nicht genügend Journalisten getötet worden.
AUSLÄNDISCHE KORRESPONDENTEN ABGEWIESEN
Die Behörden behinderten ROG zufolge auch internationale Medienvertreter bei ihrer Arbeit. Am 4. Juni entzog der nationale Medienkontrollrat (National Council for Communication CNC) einem France-24-Journalisten die Akkreditierung. Er musste noch am gleichen Tag das Land verlassen. Zehn Tage zuvor verweigerten die Behörden einem BBC-Journalisten mit gültiger Akkreditierung die Einreise.
In der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen belegt Burundi Platz 145 von 180 Ländern.
Liste der 17 Organisationen, die gemeinsam die Verschiebung der Wahlen fordern:
1. Africa Peace Forum (APF) 2. Africa Research and Resource Forum (ARRF) 3. Center for Conflict Resolution (CECORE) 4. Center for Democracy and Development (CDD) 5. Forum pour le Renforcement de la Société Civile au Burundi (FORSC) 6. Global Center for the Responsibility to Protect (GCR2P) 7. Global Partnership for the Prevention of Armed Conflict (GPPAC) 8. Héritiers de la Justice 9. Humanity United 10. International Center for Policy and Conflict (ICPC) 11. Journalistes en Danger (JED) 12. Mensen met een Missie 13. Nairobi Peace Initiative Africa (NPI Africa) 14. Pan African Lawyers Union (PALU) 15. Reporter ohne Grenzen (ROG) 16. Tearfund 17. Women in Alternative Action (WAA)
Quelle: www.reporter-ohne-grenzen.de